Was ist über die Lärmemission von Dieselbooten bekannt?

Begonnen von delcyros, 21 Dezember 2014, 22:52:32

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delcyros

Einige Daten dazu:

Zwei US Diesel Elektrische "Fleet boats" der GATO Klasse (SS-256 HAKE & SS-258 HOE) sind wie folgt akustisch vermessen worden (Vgl. Anhänge).
In der urpsrünglich als "restricted" klassifizierten Originalquelle (Carl, E., Principles of Underwater Sound, NDRC summery technical reports, Research Analysis Group, Committee of Undersea Warfare on behalf of the National research Council, 1948) wurden die Daten 200 yd entfernt aufgenommen und nicht normalisiert. erst Urick (R. Urick, Principles of Underwater Sound, 1983) hat sie erstmals normalisiert auf 1 yd Entfernung und 1Pa Empfindlichkeit (vgl. letzte zwei Anhänge, Urick 1983, 336 u. 337). Sein Buch hat denselben Titel (Vorsicht vor Mißverständnissen!) und basiert in wesentlichen Teilen auf den Daten der zuvorgenannten, und gleichnamigen Quelle von Carl. 

D.h. ausgehend von diesen Werten darf angenommen werden, dass die GATO-Klasse  bei 2kt Schleichfahrt in einer Lärmemissionsregion zwischen 145db (min) und 157db (max) im akustischen Breitband zwischen 100Hz und 10 Khz liegt.

Für die BALAO´s sind ähnliche Werte belegt (außer die letzten mit Direktgetrieben), die TENCH sind geringfügig leiser (145 - 140db).

 




Harry64

Interessant,

gibt es dazu auch Vergleichswerte ehemaliger deutscher U-Boote VIIC bzw. XXI und zu heutigen Dieselgetriebenen und Nukleargetriebenen?

Harry

Baunummer 509


Matrose71

Ich habe dafür keine genauen Werte, aber der Typ XXI war wesentlich leiser.

Laut Wiki war die Emission des TYP XXI bei 5,5kn Schleichfaht ungefähr im Bereich der oben angegebenen Fleet Boote bei 2kn Schleichfahrt.

http://de.wikipedia.org/wiki/U-Boot-Klasse_XXI#Schleich-E-Motoren

Der Typ VIIC war lauter als das XXI.
Viele Grüße

Carsten

delcyros

#4
Ja, vergleichbare Angaben sowohl zu Typ VII C als auch Typ XXI sind mir bekannt.
HMS GRAPH (U-570), USS Ex U3008 und USS Ex U2513 sind akustisch vermessen worden. Carl und Urick geben deren Ergebnisse an unterschiedlicher Stelle wieder.

U2513 war 1947 bei 6 kts so laut wie eine normale GATO/BALAO bei 2kt und entsprach in der Geräusemission bei 5,2kt der leisesten Fleet boats (145db) bei 2kt, das Boot war dabei nicht einwandfrei gegen die ambienten Hintergrundgeräusche ortbar. Die geringste noch messbare Geschwindigkeit (bei nachträglicher Analyse der Aufzeichnungen) war 4,5kt in Sehrohrtiefe und der gemessene Emissionswert betrug 9db weniger als bei 6,0kt (ergo um ~140db Breitband @ 1yd @ 1Pa @ 4,5kt).
Bei noch geringeren Geschwindigkeiten bis 2kt wären ~130db zu erwarten*, aber das wäre mit der damaligen HE Technik gegen die Hintergrundgeräusche nicht ortbar gewesen. 

Vielleicht komme ich zwischen den Feiertagen nochmal dazu, die Quellen reinzustellen.


*) Dies bestätigt sich auch darin, dass bei den GUPPY Modifikationen der Fleet boats im maximum 20db Emmissionsreduktion erzielt wurden (von 151db runter auf min. ~131db?), die XXI aber u.a. wegen des Grundes in Dienst behalten wurden, weil die GUPPY gegenüber dem XXI lautere Ziele seien, bzw. ein XXI-ASW-Ziel hinsichtlich der geringen Schallemmissionen nicht reproduzieren könne.

DST

Zitat von: delcyros am 22 Dezember 2014, 20:17:35
Bei noch geringeren Geschwindigkeiten bis 2kt wären ~130db zu erwarten*, aber das wäre mit der damaligen HE Technik gegen die Hintergrundgeräusche nicht ortbar gewesen. 


ich hätte eine ganz blöde frage.
diese zahlen ( 130db ) wie sind die zu bewerten ?
weil 130db liegt oberhalb eines startenden düsenflügzeugs.
und ich habe irgentwo mal gelesen das die atom u-boote( wegen dem gluckern ihrer reaktoren ) lauter sind als ein diesel auf batteriebetrieb.
und wenn ein atomreaktor lauter gluckert als ein formel1 auto dann läuft doch irgentwas schief.

mfg
ein sehr verwirrter dirk

U 48

#6
Moin,moin

also ich stand schon neben einen Original U-Boot Diesel im Betreib, das was schon sehr sehr Laut, und im Wasser übertragen sich die Schallwellen ja sehr gut weiter.

Aber das ein U-Boot bei Schleichfahrt 145 db hatte ist im Märchen/Hollywood zu finden, warum sollten sich die Leute dann nicht mehr Unterhalten dürfen, Puscher anziehen usw...wenn es lauter wie ein Düsenjäger ist im Boot.

Die Tabellen beziehen sich bestimmt auf andere Werte z.B. Hz  und es ist versehentlich db geschrieben worden.

Sie Tabelle aus dem Internet.


Oft ist es schwierig, Lautstärke zu beurteilen.
Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was wir meinen, wenn wir von "60 Dezibel" sprechen, haben wir einige typische Vergleichslautstärken in Dezibel (dB) für Sie zusammengestellt:

    30 dB: Flüstern, eigenes Atemgeräusch
    35 dB: Blätterrascheln
    40 dB: Im Wohnraum bei geschlossenem Fenster
    45 dB: Wohnviertel ohne Straßenverkehr
    60 dB: Unterhaltung (Einzelgespräch)
    70 dB: Großraumbüro
    85 dB: Mittlerer Straßenverkehr
    95 dB: Schwerlastverkehr
    100 dB: Presslufthammer
    110 dB: Rock-/Popkonzert (mit einigem Abstand zur Bühne)
    125 dB: startender Düsenjet in 100 m Entfernung
    130 dB: Schmerzgrenze
    140 dB: Düsentriebwerk in 25 Metern Entfernung


Also betrachtet die Tabelle mit HZ Werten nicht mit db dann wird da auch ein Schuh draus.

Da hätten die Tommy´s auch nur ein Rohr ins Wasser halten brauchen und wusten sofort wo das U-Boot ist.

Gruß
U 48

delcyros

#7
Vergleichswerte für ÜW (Schall in der luft) sind
nicht hilfreich. Sie beruhen auf einen anderen Schalldruck und
sind ohne Umrechnung (abhängig von  Dichte, Temperatur und salzgehalt- z.b. -62db für oberflächennahes Wasser 16 Grad) nicht mit den db Angaben für Schall im Wasser vergleichbar. Das Medium Wasser ist akustisch sensibler als Luft.

Der Fehler {basics} wird leider häufig begangen, insofern ist die Nachfrage danach durchaus sinnvoll.
Daher musste Urick die db Angaben normalisiert auf 1yd & 1 microPa beziehen.
Ansonsten reden wir über Äpfel & Radiesschen.


Vgl:
http://www.arc.id.au/SoundLevels.html

das erklärt es (engl).

edit:
Im Anhang die akustische Vermessung von USS Ex U2513 1946 in den USA. Die Vermessung fand in Periskoptiefe bis etwa 250ft Tiefe statt. Im ursprünglichen SubLant report sind nur relative Lärmwerte in dB angegeben, die aber über die von Urick auf 1 yd und 1 microPa normierten Werte für fleet boats mit diesen verglichen werden können.
Der Graph basiert auf diese Korrelation, kann aber nicht als absolut gesichert gelten.
Hinsichtlich der Ergebnisse wäre eine Einordnung Typ XXI -ausgehend von den mit U2513 erfassten Daten im Lärmbereich von um oder geringfügig unter 130dB at 1 yd at 1 microPa  bei 2kt Schleichfahrt hochwahrscheinlich (zwischen 125 und 130 dB).

http://www.armscontrol.ru/subs/snf/snf03221.htm

Damit liegt sie unterhalb einer GUPPY, Projekt 613 (WHISKEY-class) und Projekt 611 (ZULU-class) und ähnlich wie eine TANG-was realistisch erscheint. Die Soviets haben Projekt 614 aus verschiedenen Gründen nicht weiterverfolgt.

Allen eine frohe Weihnacht!
delc



delcyros

Die Unterschiede in der Lärmemission von Fleet boat einerseits und XXI andererseits sind erheblich und haben enorme Auswirkungen auf die gegenseitige Möglichkeit der Ortung durch HE-Effekt.

Wenn wir annehmen, ein sehr leises US Fleet boat mit JP-1 würde versuchen bei Seegang 0 unter Wasser bei 2kt eine ebenfalls unter Wasser aber mit 15 kt anlaufendes XXI oberhalb der Sprungschicht orten, dann ergebe sich (Daten auf Basis bekannter und rekonstruierter Angaben geschätzt):

Source level XXI at screw: 175dB (rekonstruiert)
ambient noise level: 60dB at seastate 0 (Wnetz u.a. 1967)
Source level Fleet Boat at screw: 145dB (Urick 1983)
self noise level Fleet Boat at JP-1 (rigged for silent running): 105dB (Urick 1983 -für "average submarine")
Directivity Index JP-1: 20db (Urick 1983)

Das XXI würde vom Fleet Boat nichts hören, das Fleet Boat würde vom XXI zwar ein positives SNR (signal-to-noise ratio) bis 30 dB erzielen, aber dieses würde ohne digitale Prozessierung nur einer Ortungsweite von bis 1000m gegen die ambienten Hintergrundgeräusche bei zylindrischem TL* entsprichen (1000= 10log(1000)).

Das Gegenbeispiel

Wenn wir annehmen, U2513 mit GHG würde versuchen bei Seegang 0 unter Wasser bei 2kt eine ebenfalls unter Wasser aber mit 9 kt anlaufendes Fleet submarine zu orten, dann ergebe sich (Daten auf Basis bekannter und rekonstruierter Angaben geschätzt):

Source level XXI at screw: 128dB (rekonstruiert)
Self noise level XXI at GHG: 90db (geschätzt unter zugrundenahme der Distanz zum Propeller, entspricht Urick´s Angabe für "Self noise quiet submarine")
ambient noise level: 60dB at seastate 0 (Wentz u.a. 1967)
Source level Fleet Boat at screw: 175dB (Urick 1983)
Directivity Index 2x48 GHG: 20db (Keine Angaben, nutze die Werte für den DI des JP-1, GHG wird eher besser sein)

das Fleet boat würde das XXI nicht gegen das Hintergrundgeräusch orten können, Dem XXI ergebe sich aber ein positives SNR von 45dB, was einer Ortungsweite ohne digitale Prozessierung von über 30000m im "surface duct" entspricht.

*TL = transmission loss. Eigentlich sphärisch (20log(n)) aber in diesem Fall ist zylindrisch (10log(n)) gestattet weil angenommen wird, das Boot wird über der Sprungschicht im sog. "surface duct" geortet. Die Werte sind vereinfacht, da die Absorbtion im Wasser nicht berücksichtigt wurde.

delcyros

#9
Und anschließend die akustische Vermessung von HMS GRAPH (Ex U570, VIIc) auf Periskoptiefe und an der Oberfläche.

Die Daten wurden ursprünglich für 200yd angegeben und von Urick auf 1yd und 1microPa normiert.

Die hohe UW Geschwindigkeit von 11 kt in Periskoptiefe (410 U/min) ist bemerkenswert (Batterie in Reihe geschalten?).

Das Boot ist vergleichsweise leise bei 4,7kt (140dB) und auch bei hoher UW Fahrt etwa 10dB leiser als ein US Fleet Boat.

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