Überlegungen zum COGAS-Antrieb im Modellboot

Begonnen von iron dog, 04 Dezember 2014, 09:38:59

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iron dog

Hallo zusammen

Im Thema "Überlegungen zu einer direkt beheizten Modell-Dampfturbine mit Stumpf-Schaufeln" hat Günther (Halina) eine interessante Fragestellung vorgebracht:

Zitat von: halina am 03 Dezember 2014, 19:42:06
....Als Laie möchte ich mal die Frage stellen , welche Vorteile die von Dir bevorzugte externe Speisewasserversorgung gegenüber eines geschlossenen Systems mit Kondensator bringt , dieser hätte doch den Vorteil das bereits warmes Wasser
wieder in den Kreislauf gepumpt werden könnte ,  der Nachteil wäre dann das von aussen kommende See-Kühlwasser .
Im kommerziellen Bereich eines GUD - Kraftwerkes , wo diese Technik auch auf grossen Schiffen Anwendung findet , werden die heissen Abgase der Gasturbine für die Dampferzeugung ausgenutzt und speist somit die nachgeschaltete Dampfturbine...

Günther, niemand will Dir auf den Schlips treten  :birthday:. Ich habe mir aus Gründen der Übersichtlichkeit des Ursprungsthemas erlaubt, Deine Frage als eigenes Thema zu starten. Die dazu notwendigen umfangreichen Überlegungen sind durchaus sehr interessant und verdienen eine Beachtung. Es könnten sich für Modellbauer neue Ansätze ergeben.
Also: Wie könnte eine Realisation eines COGAS-Antriebes in einem Modellboot aussehen und was wären die Fragen und Probleme, die sich aus diesem Unterfangen stellen würden?

Konzepteingrenzung:

Dieser Antrieb soll maximale Treibstoffeffizienz bringen. Problemfelder werden die Kosten, der Bauraum, das Gewicht, die Steuerung sowie die Reaktionszeit des Dampfkreislaufes im modellbautypischen Kurzzeitbetrieb sein. Als Trägerfahrzeug erscheint mir das Modell eines Kreuzfahrtschiffes oder eines Frachters geeignet. Ein Schlepper hatte wohl noch genug Platz, aber die Reaktionsgeschwindigkeit des Gesamtsystems ist zu träge für den typischen Einsatz eines Schleppers. Der Dampfkreislauf lässt sich wohl nicht schnell genug regeln und daher wäre meiner Meinung nach in einem Schlepper dieser Kreislauf leider nur Balast.

Die Domäne eines solchen COGAS-Systems wäre die gleichmässige Fahrt mit wenig Manövern.

Für die Einzelkomponenten für diesen Antrieb könnten wir auf eine Anzahl von Konzepten und Einrichtungen von Georg, anderen Modellbauern und kommerziellen Anbietern wie z.B. Robbe oder Graupner zurückgreifen.

Folgende Komponenten müssten Teil eines COGAS-Antriebes sein:
Ein Treibstofftank
Eine Gasturbine inklusive deren Steuerung (Weiter als GT bezeichnet)
Ein Wärmetauscher/Dampferzeuger hinter der GT
Eine Dampfturbine inklusiver Regeltechnik/Steuerung (Weiter als DT bezeichnet)
Ein Kondensator nach der DT
Ein Speisewassertank
Eine Speisewasserpumpe vom Speisewassertank zum Wärmetauscher hinter der GT
Ein oder zwei Generatoren (GT und DT in Linie oder Parallel)
Pufferakku inklusive Steuerung des Lade- und Energiemanagements
Antiebsmotor(en) inklusive Fahrtregler

Habe ich etwas vergessen :?

Gut, das ist nun schon eine recht umfangreiche Sammlung an Maschinerien. Ich werde versuchen, die obenstehende Liste Schritt für Schritt abzuarbeiten.

Gruss, Doggie
S.M.S. Derfflinger* : Das Schiff möchte ich am liebsten schon gebaut haben!

*genannt "Iron Dog" bei der Royal Navy, weils trotz vielen schweren Granatentreffern einfach nicht sinken wollte in der Skagerrak-Schlacht.

halina

Moin  Doggie  ,  freue mich dass Du so schnell dieses Konzept aufgegriffen hast , Du hast ja bereits einige Koponente
                        aufgezählt , wie sie mit Generatoren-Betrieb notwendig sind , aber es geht evtl.auch einfacher .

Den Kreis möglicher Schiffsmodelle hast Du ja schon eingegrenzt , ich möchte diesen noch beschränken auf grössere Fracht-
und Containerschiffe mit nur einer Antriebswelle wie etwa auf der "Emma MAERSK"  .

Da nun beim COGAS-Konzept die Gasturbine die leistungsstärkste ist mit 2/3 der Gesamtleistung und die Dampfturbine nur
mit 1/3  daran beteiligt ist , lässt man nun einfachhalber beide Turbinen auf eine Welle arbeiten , wenn man sich den Umweg
über die Generatoren mit dem dann nachgeschalteten Elektroantrieb ersparen will  , hierbei ist die Voraussetzung , dass
beide Turbinen mit gleicher Umdrehungszahl laufen , sollte dies zu realisieren sein , könnte man auf die Generatoren
verzichten was zu einer grösseren Gewichts-und Raumreduzierung führen wird .
                                                                                                                                                      Grüsse  Günter
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

iron dog

Hallo Günther

Natürlich könnte man die GT und die DT auf eine Welle bauen und den elektrischen Weg kappen. Dann sind wir aber in etwa beim COSAG-Antrieb angelangt :roll: Dort müssten die Drehzahlbänder von GT und DT über mindestens ein genau abgestimmtes Reduktionsgetriebe synchronisiert werden werden. Besser wäre ein variables Getriebe (CVT). Hinter der DT käme dann eine Kupplung mit Wendegetriebe oder ein Verstellpropeller zum Einsatz. Das Hauptproblem hier wäre, dass wir z.B. rund 6kW (!) einer durchschnittlichen Wellenleistungsturbine aus dem Modellbau mit den wenigen Watt einer Modell-DT kombinieren müssten. Die Verteilung 2/3 GT zu 1/3 DT schaffen wir im kleinen Massstab leider kaum. Die Schaufeln der DT dürfen nicht zu schnell laufen, aber auch nicht zu langsam, um aerodynamisch richtig angeströmt zu werden. Es gibt dazu schlicht keine Regelungseinrichtung in Modellbaumassstab, die ein so ungleiches Paar sinnvoll auf eine Welle bringt. Das müsste zuerst erdacht werden. Die DT wird hier wahrscheinlich im Hintergrundrauschen der Getriebeverluste und der Wellentorsion untergehen. Wir haben in diesem Thema generell das Problem, dass sich die Wirkungsgrade von Grossanlagen niemals mit vertretbarem Aufwand auf unseren kleinen Masstab übertragen lassen. Für sehr kleine Anwendungen sind Wärmekraftmaschinen mit externer Heizung generell nicht wahnsinnig geeignet, da der Technologieaufwand zum Halten des Wirkungsgrades irgendwann immens wird.

Aber zurück zum COGAS... :angel:
Eine zentrale Frage an erster Stelle ist doch: Wer kann und will das bauen?

Wie im ersten Beitrag ersichtlich ist, gäbe es eine ganze Menge von verschiedenen Gerätschaften auf dem Modell unterzubringen. Das gibt alles, aber kein kleines Modell! Je nach Blockfaktor CB des Rumpfes ist schon ab 1.5m Länge fertig mit lustig in Bezug auf das einfache Hantieren mit dem Modell.

Mein grösstes Modell ist 1.75m bei 12kg und das ist für meine Bandscheiben schon recht übel beim Einwassern, wenn ich alleine bin.

Ferner würde das Ding Unsummen an Geld verschlingen. Preise für Wellenleistungsturbinen finde ich im bei den verschiedenen Herstellern keine. Warum wohl? Das kostet richtig Geld! Eine solche Turbine kann geschätzt schnell mal bis zu 5000 Euronen zu Buche schlagen. Dafür bekäme man dann ein Modell, dass für den für mich interessanten Operationsbereich eines grossen Frachters oder ein Kreuzfahrtschiffes (Mavövrieren) nicht sehr geeignet wäre. Die Pufferakkus müssten dazu zu gross sein, da kann man auch gleich rein elektrisch fahren. Über den Preis von DT, Durchlaufkessel und Kondensator, den Getrieben und dem "Kleinkram" haben wir dann aber noch nicht gesprochen. Die Marke von 10kEuro wird leider schnell fallen für das ganze Modell. :BangHead:

Dieses Thema ist daher, wie von Georg meiner Meinung nach absolut richtig eingeschätzt, ausserordentlich abstrakt.

Ich hoffe, dass ich Dir die grossen Vorteile von Georgs "einfacherem" Konzept im Vergleich zu diesem Ansatz in der Anwendung im Modell etwas erläutern konnte. Wir können natürlich trotzdem gerne weitere Fragen Diskutieren, wenn es Dich juckt  :-D

Gruss, Doggie


S.M.S. Derfflinger* : Das Schiff möchte ich am liebsten schon gebaut haben!

*genannt "Iron Dog" bei der Royal Navy, weils trotz vielen schweren Granatentreffern einfach nicht sinken wollte in der Skagerrak-Schlacht.

halina

Hallo  Doggie  ,

Danke für die Erläuterungen bezüglich einer Machbarkeitsstudie ,  nun der Thread wurde von Dir eröffnet und daraus
erwachsen eben die Diskussionsbeiträge ,  ich war aber nicht davon ausgegangen dass nun diese Technik unbedingt für
den Modellbau geignet ist .  Da unsere Modellbauer sicher keinen Goldesel haben , werden wohl auch weiterhin RC-Modelle
mit dem preiswerten E-Antrieb ausgerüstet werden .
Noch eine Frage an Dich  ,  für welches Schiff war denn Dein 4 - Schraubenantrieb vorgesehen ?
                                                                                                                                                                   Gruss  Günter
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

FAUN

Weil hier die "EMMA MAERSK" angesprochen wurde, ein Hinweis auf ihren Antrieb. Die Hauptmaschine ist ein 2-Takt-Dieselmotor von Wärtsilä/Sulzer "RT-flex96C" mit 14 Zylinder. Da wir schon einmal an anderer Stelle über Baugrößen diskutierten, hier wird eine freie Höhe über der Kurbelwellenmitte von 12,95 m zum Ziehen der Kolben benötigt. Der Motor ist mit Auslaßventilen in den Zylinderdeckeln ausgestattet. Jetzt zu dem Thema, der Abgasstrom wird geteilt, ein Teil geht erst durch die Turbolader, ein anderer in einem Bypass direkt zu einer Abgasturbine. Diese treibt über ein Getriebe einen Generator an. Die Abgase gehen anschließend durch einen Abgaskessel, der hier erzeugte Dampf wird in einer Turbine mit Getriebe in Arbeit umgesetzt. Das Getriebe arbeitet ebenfalls auf diesen Generator. Der erzeugte Strom treibt einen Wellengenerator, der hier im motorischen Zustand läuft. Zusätzlich kann die Leistung der Hilfsdiesel zugeschaltet werden. 
Antriebstechnisch finde ich die Lösung imponierend, für den Modellbau allerdings nicht gerade geeignet. Für eine Modell-EMMA müßte wohl auf andere Lösungen ausgewichen werden.

iron dog

Zitat von: halina am 04 Dezember 2014, 16:29:01
... nun der Thread wurde von Dir eröffnet und daraus erwachsen eben die Diskussionsbeiträge...
Diesen Thread gibt es nur, um eben diese Diskussionsbeiträge zu beantworten. Ich habe mich nicht beschwert  :-)

Da wir in der Rubrik "Von Modellbauer zu Modellbauer" unterwegs sind, habe ich Deine Fragen natürlich auf den Modellbau bezogen. Die allermeisten Modellbauer werden verständlicherweise sicher beim E-Antrieb bleiben. Einige aber nehmen z.B. die Arbeit an einer Bismark mit DT und mehrzügigem Kessel oder den vollständig vorbildgetreuen Nachbau einer Dampflokomotive in Angriff. Ein Teil, mich eingeschlossen, ist irgendwo dazwischen angesiedelt. Viel zu wenig Zeit, um in der richtigen Topliga mitzumischen, aber doch Lust etwas anderes als ein Modell mit normalem Antrieb zu bauen.

Der Vierschrauber ist im Moment nur Spinnerei meinerseits, erst muss ein DT-Prototyp laufen. Dann sehe ich weiter. Vom Aussehen her gefällt mir persönlich die "SMS Derfflinger" am Besten.

Frachter sind nicht so mein Gebiet. Das war so gewählt für das Beispiel hier, damit all die nötigen Komponenten für einen COGAS-Antrieb Platz finden an Bord. Aber für einen Frachterfan wäre dann wiederum vielleicht der Dieselmotor Pflicht, eine Turbine will der dann nicht sehen in seinem Modell :-D

Die Antriebskonzepte aus richtigen Frachtern nachzubilden ist auch nicht einfacher, wie FAUN geschrieben hat. Dort würde man sich als Modellbauer vielleicht auf einen Diesel ohne alles beschränken müssen. Und auch den Diesel müsste man erst selber erfinden und bauen. Gibt meines Wissens nichts mehr zu kaufen. Will man einen Modelldiesel bauen, stellt man schnell fest, dass eine Einspritzung im Grossbetrieb selbstverständlich, im Modellbereich aber soweit ich weiss inexistent ist. Dort muss man deshalb die Kompression mühsam mit Stellschrauben immer wieder neu anpassen. Viel Spass damit bei mehr als einem Zylinder :roll:

Bei allen den Überlegungen hier wird mir immer wieder richtig bewusst, wie weit Georg und seine Feinmechaniker die Grenzen der DT im Modellbaubereich bereits erweitert haben.
S.M.S. Derfflinger* : Das Schiff möchte ich am liebsten schon gebaut haben!

*genannt "Iron Dog" bei der Royal Navy, weils trotz vielen schweren Granatentreffern einfach nicht sinken wollte in der Skagerrak-Schlacht.

iron dog

Zitat von: FAUN am 04 Dezember 2014, 17:33:26
...Antriebstechnisch finde ich die Lösung imponierend...

Damit bin ich zu 100% einverstanden. Die Möglichkeiten bei Grossanlagen sind wirklich faszinierend.
S.M.S. Derfflinger* : Das Schiff möchte ich am liebsten schon gebaut haben!

*genannt "Iron Dog" bei der Royal Navy, weils trotz vielen schweren Granatentreffern einfach nicht sinken wollte in der Skagerrak-Schlacht.

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