Besatzung & Tarnung von Seehund U 5329

Begonnen von Rheinmetall, 24 März 2014, 11:40:26

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Rheinmetall

Moin, moin in die Runde !

Vor einiger Zeit habe ich von einem Kollegen einen zusammen gesetzten und bemalten Seehund im Maßstab 1:72 bekommen.
Die Pünktchen-Tarnung auf dem Modell (welche sich in weißer Farbe vom Turm bis zur Wasserlinie hinunter zieht) fand ich recht eigenwillig.
Der Erbauer meinte zwar, dass es sich hierbei um den Originaltarnanstrich handelte, worauf ich es aber beruhen ließ, da ich so einen Tarnanstrich bei Kleinkampfmitteln noch nie zuvor gesehen habe.
Nun habe ich aber in Mike Whitley´s Buch "Deutsche Seestreitkräfte 1939-1945" auf Seite 128 ein identisches Foto des betroffenen Seehundes gefunden.
Er trägt ebenfalls die Pünktchen-Tarnung und wie auch das Modell die Kennung "329" an der Turmseite.
In dem Buch ist neben dem Foto folgender Text zu finden:
"U 5329 (Lt.z.S. Ulli Müller / Lt. Ing. Jürgen Niemann) vor dem Auslaufen zum fünften Seehund-Einsatz am Samstag, dem 3. Feburar 1945.
Beachte den Tarnanstrich. (Herr Schöne)"

Nun würde mich natürlich interessieren, was aus der Besatzung Müller / Niemann geworden ist.
Überlebten die beiden den Krieg, oder verschwanden sie wie die meisten ihrer Kameraden spurlos auf See ?
In der Datenbank des Historisches Marine Archives fand ich lediglich eine Information über den LI Niemann.
Bei diesem ist dort vermerkt:
Lt. Ing. / Kleinkampfverbände / U 5329. (Seehund) / U 5334 (Seehund).
Demnach hatte dieser zumindest die zweifelshafte Ehre, auf zwei Seehunden gefahren zu sein.
Aber vielleicht hat ja jemand von Euch nähere Informationen über die beiden Seeleute ?

Desweiteren würde mich interessieren, weshalb nicht die volle U-Boot Nummer, nämlich 5329 auf dem Turm angebracht wurde.
Aus Tarnungsgründen wurden die Bootsnummern nach Kriegsbeginn bei den großen Booten ja entfernt, aber wieso wurde diese dann in den letzten Kriegsmonaten bei den Kleinkampfmitteln wieder angebracht und dann auch noch "kleiner" als die tatsächlich Kennung ?

Und weiß jemand von Euch vielleicht noch, was man sich mit der Pünktchen-Tarnung an dem Seehund erhoffte ?
Es war zwar zu jener Zeit Winter, aber wäre hierbei ein größeres Zackenmuster wie bei den Front-U-Booten im Eismeer nicht angebrachter gewesen ?

Würde mich wie immer freuen, wenn mir hierauf jemand eine Antwort hätte.
Mit den besten Grüßen,

Rheinmetall  :MG:
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861


M-54842

Zitat von: Rheinmetall am 24 März 2014, 11:40:26
Nun würde mich natürlich interessieren, was aus der Besatzung Müller / Niemann geworden ist.
Überlebten die beiden den Krieg, oder verschwanden sie wie die meisten ihrer Kameraden spurlos auf See ?
Rheinmetall  :MG:

Nach meinen Erkenntnissen haben beide den Krieg überlebt.
Ulrich Müller war vor der Zeit beim K-Verband WO auf einem U-Boot in Lorient. Er war ausgezeichnet mit dem EK I und II sowie dem U-Bootkriegsabzeichen und dem Kleinkampf-Abzeichen.
Er hat nach dem Krieg Erinnerungen (unveröffentlicht) zu Papier gebracht. Davon habe ich Auszüge.

Rheinmetall

Hallo Ihr beiden !

Vielen herzlichen Dank für Euren beiden (schnellen) Beiträge.
Schon bin ich etwas schlauer.  :-D

Schön auch, dass die beiden Seehund-Fahrer den Krieg überlebt haben.

@ M-54842: Wäre es vielleicht möglich, dass Du mir die Erinnerungen von Ulrich Müller evtl. per Scan oder Kopie zukommen lassen könntest ?
Näheres dann auch gerne über PN.

Vielen Dank nochmal,

Rheinmetall
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Violoncello

Hallo zusammen,

die Frage

"...oder verschwanden sie wie die meisten ihrer Kameraden spurllos auf See?"

wirft meines Erachtens ein falsches Schlaglicht auf die "Seehund"-Fahrer insgesamt: Im Gegensatz zu den Einmann-Kleinst-U-Boot-Fahrern ("Biber", "Molch") oder den Einmann -Torpedofahrern ("Neger", "Marder") hatten sie bei jeder Feindfahrt eine realistische Überlebenschance. Es gibt zahlreiche Besatzungen, die drei Ausfahrten überstanden haben. Mindestens eine Besatzung hat es sogar auf fünf Fahrten gebracht.

Zur Nummerierung gibt es nach meiner Kenntnis keine amtlichen Überlieferungen. Da aber allen gebauten "Seehunden" eine 5000er Nummer zugewiesen war, konnte auf die "5" in der Kennung verzichtet werden. Sofern auch 6000er "Seehunde" gebaut worden wären, hätte sich die Lage zur Vermeidung von Verwechselungen natürlich anders dargestellt. Aber dies ist eine Hypothese.

Viele Grüße

Violoncello



s142

Ahoi

Lese gerade den Bericht.....gestern hat ein guter Bekannter ( 88 Jahre) ... meines verstorbenen Vaters ( vor 3 Jahren)  meine Mutter angerufen. Er war nicht bei den " Seehunden" sondern hat ein "Einmann" U-Boot gefahren ;-)

MfG
Chris

TD

Hallo Chris,

dann sei doch so nett und nutze die Gelegenheit etwas von einen Bieber - Zeitzeugen zu erfahren.
Mit etwas Glück ist ja vieles möglich wie unsere Zeitzeugenbericht im HMA


http://historisches-marinearchiv.de/sonstiges/sonstiges.php#Erlebnisberichte

Mich würde ja besonders interessieren ob die Bieber überhaupt Nummern oder Kennungen erhalten haben.

Dank für die Info

Theo
...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

109

Zur Tarnung: sehr kleinteilge Tarnungen vermischen sich bei größerem Betrachtungsabstand zu einem Gesamtfarbton bzw. Helligkeit. Durch das Weiß wird das Objekt also etwas heller erscheinen.

Kenne mich bei den Ubooten und deren Taktiken nicht en detail aus, aber wahrscheinlich bevorzugten diese Boote den Nachtangriff in küstennahen Flachgewässern, und unter skotopischen Sichtbedingungen werden hellere Grauwerte benötigt um das Objekt mit dem Objekthintergrund zu verschmelzen. Für eine effektive Tarnung des Bootes im Tiefwasser gegen Luftbeobachter müsste die Oberseite deutlich dunkler sein.

Mein erstes Fazit wäre demnach, dass die Tarnung geeignet ist für den Nachtangriff und für Flachwassergebiete.
http://artisanmodeler.blogspot.de/

»Als ik kan«
Robertson-Schrauben-Zähler

Schorsch

Hallo zusammen,

mich erinnert diese Art der farblichen Gestaltung an die --/>/> Zeichnung, die Walhaie (Rhincodon typus) auf ihrer Oberseite haben und ich würde auch von einer Tarnung ausgehen. Allerdings kommen Walhaie nicht nur in Küstengewässern und nicht nur des nachts vor.

Zur Wirkung der Flecken könnte dieser Textausschnitt etwas aussagen:
ZitatZwar sind wir soweit das Auge reicht, von genüsslich fressenden Walhaien umgeben, aber ihre Tarnung ist nahezu perfekt. Zwischen den Wellen und den reflektierenden Sonnenstrahlen ist es schon kaum möglich die Haie zu sichten, geschweige denn zu zählen. Deshalb war auch der Einsatz des kleinen Suchflugzeugs der Walhaiforscher am Vortrag ergebnislos geblieben.
(Stammt von --/>/> hier.)

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

109

Hallo,

Walhaie und Uboote lassen sich nur eingeschränkt vergleichen.

Walhaie sind Filtrierer, d.h. sie müssen in oberflächennahen und phototrophen Bereichen der Wassersäule große Mengen an Nahrung aufnehmen, da dort ausreichend Licht für die Photosynthese von pflanzlichem Plankton und im Anschluß daran tierische Kleinstlebewesen gehäuft vorkommen. Potentielle Gefahren für Walhaie sind in diesem phototrophen Umfeld in erster Linie Raubfische, andere große Haiarten und Zahnwale. Entsprechend zeigen diese Tiere das häufig zu beobachtende Counter Shading, das erstmalig von A.Thayer beschrieben wurde. Ventrale Körperseite hell (fast weiß), dorsale Körperseite dunkel, die Körperseiten graduell von hell nach dunkel gefärbt. Damit ist der Walhai von unten gegen den hellen Himmel, von oben gegen das dunkle Tiefwasser und seitlich gegen die Wassersäule getarnt. Kontrastreiche Muster dienen zur Konturauflösung (s.a. Gestalttheorie).

Klein-Uboote wie der Seehund operierten soweit ich das einsehen kann in küstennahen Gewässern gegen einen technisch hochgerüsteten Feind der zudem noch in großer Zahl auftrat.

Bei Tageslicht konnten diese Boote wohl nur tief getaucht operieren, gegenerische Kampfflugzeuge mit Radarausrüstung und Wasserbomben stellten eine große Bedrohung dar. In klarem Flachwasser konnte eventuell selbst ein auf grundliegendes Boot optisch erfasst werden. Bei Nacht entfiel sicherlich die optische Bedrohung durch Flugzeuge, die Bedrohung durch die Radarortung jedoch nicht. Auch Begleitschiffe verfügten über Radar, sodass auch Nachts wohl möglichst getaucht operiert werden musste. Ich kenne den SEEHUND nicht en detail, gehe aber davon aus, dass das gefechtsmäßige operieren des Bootes zumindest einen Seerohreinsatz voraussetzte und nicht nur auf akustische Ortungsmittel für den Torpedoeinsatz zurückgegriffen werden konnte; eventuell fuhren die Boote auch nachts Überwasserangriffe.

Es ergeben sich 2 taktische Situationen, in denen eine Sichttarnung wünschenswert ist:

1. getauchtes Boot in klarem Flachwasser am Tag und
2. aufgetauchtes Boot in der Nacht.

Zu 1.: ein zu dunkler Tarnanstrich ist ungeeignet, da sich dadurch die Kontur des Bootes im klaren Flachwasser abzeichnen könnte; eine Aufhellung und Konturauflösung ist nützlich für die Sichttarnung.
Zu 2.: für die Nacht ist eine Aufhellung ebenfalls hilfreich um das Boot der Hintergrundhelligkeit anzupassen.

Wirklich sorgfältig bis ins Detail ist der Tarnanstrich des Bootes jedoch nicht ausgeführt, z.B. fehlt das sorgfältige counter shading wie es die US Navy vorbildlich angewendet hat.
http://artisanmodeler.blogspot.de/

»Als ik kan«
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wirbelwind

Hallo 109,
danke für Deine Ausführungen. Kann ich gut nachvollziehen, was Du meinst. wieder etwas dazu gelernt.
MfG Rüdiger

s142

#11
Ahoi Theo

Ich habe die Adresse  :sonstige_154: Er fuhr auf einem Molch ! Ist bereit auch zu Berichten. Bekomme auch Zeichnungen, Unterlagen.... Wenn ihr Fragen habt her damit  :MLL:
Werde ihn nächste Woche anrufen. ( Er hat leider kein Internet)

MfG
Chris

TD

Hallo Chris,

vielen, vielen Dank.

So was hatte ich mich gewünscht als ich vor einigen Jahren hier Mitglied wurde.

Wäre ja bei Zeitzeugen vor 30 Jahren besser gewesen, aber da fehlte eben das breite Internet !

Aber man sieht es immer wieder, auch heute ist es möglich noch Kontakte zu bekommen,
oft durch die gute Darstellung einzelner Schiffe im HMA begründet.



Violoncello ist für Frage sicher der beste Mann unter uns.

Nochmals Dank

Theo
...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

s142

Ahoi

Gebe mein Bestes ... also her mit den Fragen... bin genau so gespannt wie ihr  top

MfG
Chris

s142

#14
Hallo

Nun mal zu den Molchen: Die Molche hatten keine Kennungen. Auch kein Tarnschema. Es gab 5 Flottillen.K.P. (89)fuhr in der Flotille 415. Die Molche sind auf dem Wege zur Atlantiküste durch Fliegerangriffe zerstört worden. Danach fuhren Sie nach Dänemark um Erzdampfer zu bekämpfen.
Kamen nicht zum Einsatz.Seine Ausbildung dauerte gerade mal ein Jahr(Surendorf).Erzählte auch von Übungen der Sprengboote  ..in Waren Müritz.Er war dann auch noch in Gotenhafen auf der Gneisenau.
( Die Batterien hielten 50Std, Tauchtiefe bis 60 Meter)

MfG
Chris

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