240 to Schwimmkran des Marinearsenals Pola

Begonnen von NFK, 10 November 2013, 03:44:52

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

NFK

Guten Tag zusammen,

durch einen Hinweis einer rührigen Teilnehmerin bin ich auf dieses Forum gestoßen.

Da meine Interessen sowohl historischer als auch technischer Natur sind, hoffe ich, daß ich einerseits meinen Kenntnisstand über maritime Dinge hier erweitern und andrerseits selbst konstruktive Beiträge liefern kann. Wie meiner Schreibweise zu entnehmen ist, gehöre ich zu den älteren Semestern, um genauer zu sein: zum Jahrgang 1947.

Aber nun zum Thema:
ich bin dabei den o.a. Schwimmkran als Modell mit den Mitteln des Metallbaukastens zu realisieren. Dieser Kran wurde 1909 von der Prager Maschinenbau AG geliefert. Er war einerseits beschafft worden, um seinen Vorgänger, einen veralteten, landgestützten Scherenkran abzulösen und andrerseits, um als Bergekran für Unterseeboote zu dienen, deren Einführung damals im Gange war.

An technischen Unterlagen über diesen Kran habe ich einen ausführlichen Artikel mit Fotos und Zeichnungen in der 'Zeitschrift des VDI', 55. Jahrgang, 1911, ausfindig gemacht und auch besorgen können. Da die Veröffentlichung bereits mehr als 100 Jahre zurückliegt, gehe ich davon aus, daß Bilder und Zeichnungen des Berichts hier gezeigt werden dürfen.

Was mich an diesem Kran fasziniert ist zum einen die ungewöhnliche Konstruktion des filigranen Aufbaues und zum anderen die sehr spezielle und aufwendige Ausführung des Windwerks. Der Entschluß zum Bau des Modells erfolgte erst nach Voruntersuchungen ob diese beiden Aspekte mit den Mitteln des Metallbaukastens adäquat umgesetzt werden können.

Jetzt fehlen mir noch zwei Dinge:

1. Informationen, Bilder oder Zeichnungen über das Innere des Schwimmkörpers, sprich Aufteilung und technische Einrichtung. Ich gehe davon aus, daß dies nicht mehr verfügbar sein wird und gedenke daher das Modell nach plausiblen Kriterien zu gestalten

2. der historische Hintergrund zu diesem technischen Unikat, seine Einsätze/Verwendung im Verlauf des 1. Weltkrieges und insbesondere sein Verbleib nach Kriegsende 1918. Das interessiert mich, weil ich bei der Realisierung meiner Modelle grundsätzlich die Menschen dieser Zeit im Auge habe: sowohl den Erbauer/Konstrukteur, als auch die Besatzungsmitglieder, die auf und mit dieser Maschine leben mußten.

Daher meine Frage an die Leser dieses Forums: haben Sie Informationen oder Quellenangaben zu diesem Thema, die Sie mir nennen oder zur Verfügung stellen könnten?

Ich möchte noch betonen, daß ich keinerlei kommerzielle Absichten verfolge, sondern aus rein technischem und historischem Interesse recherchiere.

Mit freundlichen Grüßen

NFK

P.S.: Hier können Sie eine Auswahl meiner bisher realisierten Metallbaukasten-Modelle betrachten: http://metallbaukasten-nkl.magix.net/
Wissen ist das einzige Gut, was sich vermehrt, wenn man es teilt.

smutje505


bettika61

Hallo NFK,
herzlich willkommen beim FMA  :O/Y
die "Schwimmkranfreunde" freuen sich über  Verstärkung und Unterstützung ,

ZitatDas interessiert mich, weil ich bei der Realisierung meiner Modelle grundsätzlich die Menschen dieser Zeit im Auge habe: sowohl den Erbauer/Konstrukteur, als auch die Besatzungsmitglieder, die auf und mit dieser Maschine leben mußten
Deine Sichtweise, die den Mensch und nicht die Technik in den Vordergrund stellt, spricht mich besonders an  :MG:

Zur Beantwortung Deiner Fragen kann ich nicht viel beisteuern.
Der Beitrag  http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj326/ar326127
dürfte nicht weitergehender als der VDI Artikel 1911 sein.

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Peter K.

#3
Die offizielle Bezeichnung dieses außergewöhnlichen Schwimmkranes lautete "P 240" (Pontonkran mit 240 t Hebekraft). Er wurde 1907 beauftragt und 1910 als künftiger Stolz des Seearsenals Pola abgenommen, später aber auch öfters an STT in Triest ausgeliehen. Der Einsatz des Kranes erfolgte vorwiegend beim Einbau von Turbinen und schweren Geschützen, aber auch beim Hafenbau und beim Bergen gesunkener Uboote.

Der Kran selbst wurde von der Prager Maschinenbau AG, vormals Ruston & Co, sowie von Bromovsky, Schulz & Sohr in Prag bzw. Königgrätz von 1907 bis 1909 gebaut, der Ponton entstand bei Danubius in Porte Ré von 1907 bis 1908.

Wasserverdrängung 2.503 t
Länge 35,5 m, Breite 23,5 m, Höhe 4,5 m, Freibord 1,8 m
2 Maschinen mit 2 Kesseln und 2 Schrauben, 510 PS bei 165 U/min. , 3,4 kn

2 Laufkatzen von je 120 t Tragkraft
Hubwerk für Lasten aus 50 m Tiefe
maximale Hubhöhe über Wasser 24 m
4 Dampfgangspille von 5.000 kg Zugkraft
Arbeitsgeschwindigkeit für das Heben von 30 t 4,5 m / min, bei 120 t 1,5 m / min., bei 240 t 0,75 m / min.

Quelle: Wladimir Aichelburg, Register der k.(u.)k. Kriegsschiffe, ISBN 3-7083-0052-1

Einen bebilderten Artikel findet man in
Friedrich von Arvay, Handbuch des Seemannswesens, Wien, 1918, Seite 521-527
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Urs Heßling

Zitat von: NFK am 10 November 2013, 03:44:52
.. Das interessiert mich, weil ich bei der Realisierung meiner Modelle grundsätzlich die Menschen dieser Zeit im Auge habe: sowohl den Erbauer/Konstrukteur, als auch die Besatzungsmitglieder, die auf und mit dieser Maschine leben mußten.
Da sagt der Marine-Ergonom  top :TU:) :=D>

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

NFK

Hallo zusammen,

vielen Dank für die freundliche Aufnahme und vor allem für die Hinweise.

Es sind die ersten, die ich nach Beschaffung des genannten VDI-Artikels erhalten habe, was mich hoffen läßt, daß in diesem Forum noch weitere diesbezügliche Schätze schlummern.

Anbei ein Bild vom Stand meines Modellbauprojekts.

Gruß

NFK

Wissen ist das einzige Gut, was sich vermehrt, wenn man es teilt.

halina

Moin NFK , als Schwimmkran -Fan zunächst vielen Dank für die Einstellung Deines Beitrages zum 240 t- Kran von Pola , zu dieser
Zeit sicherlich eine hervorragende Ingenieurleistung , auch was die Tragkraft anbetrifft . Der Kran wurde so konstruiert , dass er
vorwiegend zum Heben von U-Booten eingesetzt werden konnte . Wenn hier nun ergonomische Aspekte angesprochen werden ,
die den hier tätigen Menschen zugute kommen sollten , so möchte ich annehmen dass hier auf diesem Kran die Knochenarbeit noch
härter war als auf den vergleichbaren Hub-Drehkränen wie etwa dem "Langen Heinrich" aus WHV mit 250 t Tragkraft .
Beim Pola-Kran musste bei der U-Boothebung das gehobene Boot wieder abgesetzt werden und nach Drehung des Pontons neu
aufgenommen werden , auch beim Absetzen von Ausrüstungsteilen auf Kriegsschiffen mit der Laufkatze musste die genaue
Position durch Verschiebung des Pontons zeitraubend erfolgen , auch bei ausgefahrener Laufkatze je nach Stellung war die max.
Tragkraft des Hubwerkes auf ca. 90 t beschränkt , für das Einbringen von schweren Geschützen nicht unbedingt geeignet .
Über das Ende des Kranes ist mir leider nichts bekannt , evtl. kann Peter K. noch was dazu sagen .
                                                                                                                                                                        :MG:     Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Peter K.

P 240 war meiner Ansicht nach keineswegs
Zitatvorwiegend zum Heben von U-Booten
vorgesehen! Mir ist auch nur ein einziger Fall bekannt, wo der Kran zu diesem Zweck mit großer Wahrscheinlichkeit eingesetzt worden ist, nämlich von 21. bis 24.06.1917 bei der Bergung von U 5 aus 36 m Tiefe im Kanal von Fasana.
Ansonsten kenne ich eigentlich nur Aufnahmen des Krans, wie er beim Einbau von SA-Rohren verwendet wird, z.B. bei ZRINYI und RADETZKY, aber auch bei PRINZ EUGEN.
Der Liegeplatz des Schwimmkranes scheint ganz in der Nähe der beiden großen Schwimmdocks (SD15 und SD22) gelegen zu haben.

Über den Verbleib von P 240 ist mir leider nichts bekannt, aber zumindest in den ersten "italienischen" Jahren des ehemaligen k.u.k. Seearsenals verfügte die Werft über
Zitateinige Schwimmkräne, der größte mit 250 t Tragkraft, was für das Ausladen und die Einschiffung auch der größten Kessel- und Maschinenteile ausreichte
wie Zvonimir FREIVOGEL in einem Artikel namens "Cantiere Navale Scoglio Olivi und die Arsenal-Zone im allgemeinem während der italienischen Epoche" von Raul MARSETIC übersetzt (veröffentlicht in "150 Jahre Schiffbau in Pula/Pola", ISBN 978-953-56221-0-9)
Möglicherweise hat man den Kran in den 1930er-Jahren an einen anderen Werftstandort verbracht, ähnlich wie man das große 22.500 t - Schwimmdock zu diesem Zeitpunkt nach Tarent abschleppte. Jedenfalls konnte ich den Kran auf den alliierten Luftaufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erkennen!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

NFK

#8
Halina & Peter,

vielen Dank für Eure Ausführungen.

Mir ist, wie bereits gesagt, außer dem VDI-Bericht nichts weiteres über diesen Schwimmkran bekannt.

In diesem Aufsatz von 1913 steht allerdings in der Einleitung, daß im Lastenheft des Krans die Bergung havarierter U-Boote eine bedeutende Rolle spielte. Darauf weist auch die im Ponton befindliche Öffnung hin, durch die der hintere Haken abgesenkt werden konnte. Damit Ihr Euch ein Bild von einem solchen Einsatz machen könnt, habe ich die ersten Absätze und Skizzen angefügt.

Diese Art der Nutzung scheint mir in gewisser Weise eine Kopfgeburt zu sein, denn ich kenne keinen anderen Schwimmkran mit einer solchen Öffnung. Das kann natürlich auch daran liegen, weil sich die Krantechnik seiner Zeit rapide weiter entwickelt hat und diese Form mit festetehendem Ausleger schon bald nicht mehr Stand der Technik war.

Interessenten können gerne einen Scan des gesamten Artikels mit einer Bildtafel von Aufbau des Krans und den Zeichnungen haben. Bitte sendet mir dazu per PN Eure E-Mail Adresse, denn ich möchte das Papier nicht als Postwurfsendung verteilen.

Gruß

Norbert (NFK)

P.S.: Das Arvay Buch habe ich wegen des fehlenden Rückens für einen akzeptablen Preis erstehen können.
Wissen ist das einzige Gut, was sich vermehrt, wenn man es teilt.

NFK

Hallo zusammen,

seit dem 3. Juni gibt es im Technischen Nationalmuseum Prag eine bis Ende November gezeigte Ausstellung

'Unser Meer - Kriegsmarine Österreich-Ungarn',

die sich im Rahmen von Gedenkveranstaltungen für 1914 mit der Rolle Tschechiens in der k.u.k. Kriegsmarine befaßt.

Von einem Besucher der Ausstellung habe ich erfahren, daß dort ein Modell des Pola-Schwimmkranes gezeigt wird. Möglicherweise ist es ein Modell der Herstellerfirma, die ja in Prag beheimatet war.

Leider gibt der Internet-Auftritt des Museums nur wenig über die Exponate preis:
http://www.ntm.cz/aktualita/pripravujeme-4-6-30-11-2014-nase-more-rakousko-uherske-valecne-namornictvo

Falls jemand aus diesem Kreis die Ausstellung besucht, wäre ich für einige Fotos dieses Krans und weitere Informationen zum Modell dankbar.

Gruß

Norbert
Wissen ist das einzige Gut, was sich vermehrt, wenn man es teilt.

Asahi.3

Lieber Norbert!

Keine substantielle Ergänzung zu den bisherigen Beiträgen, aber ich habe mir kürzlich diese kolorierte Postkarte des Schwimmkrans gekauft, vielleicht interessiert sie dich.

MlG, Asahi.3

NFK

Hallo Asahi.3,

vielen Dank, daß Du an mich gedacht hast.

Die Karte gibt zwar keine Details preis, aber sie ist ein Zeitdokument.
Interessant ist auch die mal eben erhöhte Nutzlast; 300.000 kg klingt doch viel 'gewichtiger' als 240 t.

Gruß

Norbert
Wissen ist das einzige Gut, was sich vermehrt, wenn man es teilt.

Peter K.

ZitatFalls jemand aus diesem Kreis die Ausstellung besucht, wäre ich für einige Fotos dieses Krans und weitere Informationen zum Modell dankbar.

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Österreich Maritim" (Heft 56, Sept. 2014) ist ein kleines Bild, aufgenommen von Roswitha Schaller, dieses Modells im Rahmen eines kurzen Artikels über den Besuch der erwähnten Ausstellung in Prag enthalten. Die Ausstellung ist demnach noch bis 30.11.2014 zu sehen.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Asahi.3

Zitat von: Peter K. am 11 November 2013, 20:30:28
Über den Verbleib von P 240 ist mir leider nichts bekannt  ... Möglicherweise hat man den Kran in den 1930er-Jahren an einen anderen Werftstandort verbracht, ähnlich wie man das große 22.500 t - Schwimmdock zu diesem Zeitpunkt nach Tarent abschleppte. Jedenfalls konnte ich den Kran auf den alliierten Luftaufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erkennen!

Ich habe den Schwimmkran P 240 kürzlich in einem mit September 1943 datierten Foto aus dem Nachlass eines Offiziers der Kriegsmarine, der in Pola stationiert war, im Hintergrund im Ausrüstungsarsenal von Pola ganz eindeutig erkennen können (habe leider kein Copyright auf das Bild, weshalb ich es hier nicht einstellen kann). Der P 240 dürfte also erst im Zuge der schweren Luftangriffe auf das Arsenal zwischen Jänner 1944 und Februar 1945 in Pola zerstört worden sein.

Daraus ergibt sich u.a., dass das Ungetüm auch von der Kriegsmarine genutzt wurde. Ist vielleicht auch im Hinblick auf die laufende Diskussion um "Schwimmkrane in der Kriegsmarine besetzten Gebieten" nicht uninteressant.

MbG, Asahi.3

MarkusL

Hallo,
hier noch ein Link zum Einsatz des Kranes 1928 bei der italienischen Marine.
http://www.trentoincina.it/mostrapost.php?id=226
Gruß
Markus

Impressum & Datenschutzerklärung