Wie Europa in den Krieg wandelte

Begonnen von Matrose71, 27 Oktober 2013, 06:03:45

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Urs Heßling

moin, Carsten,

Ich glaube, da überspannst Du den Bogen ein wenig.

Zitat von: Matrose71 am 22 Januar 2017, 18:15:26
Hindenburg und Ludendorff tragen ein Höchstmaß an Verantwortung ... für die Niederlage des WWI im militärischen Sinne.
Einverstanden, allerdings eher noch : für die Verlängerung des Krieges ab 1916/17 und damit ..


Zitat von: Matrose71 am 22 Januar 2017, 18:15:26
Hindenburg und Ludendorff tragen ein Höchstmaß an Verantwortung für die Machtergreifung der Nazis
Gut, Hindenburg unterschrieb H.'s Ernennung zum Reichskanzler, aber Höchstmaß ?
Da fielen mir eher Hugenberg, von Papen und andere Gestalten ein .. die später "ungeschoren" davonkamen ..
.. und Ludendorff war in der Spätzeit der Weimarer Republik sicher kein Förderer der NSDAP mehr.


Zitat von: Matrose71 am 22 Januar 2017, 18:15:26
Hindenburg und Ludendorff tragen ein Höchstmaß an Verantwortung ... inklusive WWII und Holocaust ..
Da kann ich Dir nun gar nicht mehr zustimmen; da waren Andere am Werk ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

Hallo Urs,

für mich sind beide ein absolut rotes Tuch und ich bin der Meinung, dass die Dochstoßlegende eine der politisch schwersten innerdeutschen Hypotheken der Weimarer Republik war, die letztlich ein großer Mitauslöser für ihr Scheitern war, da auch an der Dolchstoßlegende Teile des Versailler Vertrages (Verständnis) hängen, die die Republik gezwungen war zu unterschreiben und sie maßgeblich zur Spaltung und Radikalisierung in der Bevölkerung beigetragen hat.

Ludendorff und Hindenburg haben nicht nur nicht, ihre Verantwortung für die militärische Niederlage und somit auch teilweise Versaille wahrgenommen (sie wollten den Waffenstillstand), sondern haben auch noch eiskalt eine politische Lüge gegen die Republik in die Welt gesetzt und bis zu ihrem Tode aufrechterhalten und aktiv in der Öffentlichkeit verbreitet.

Vielleicht bin ich zu hart, aber ich sehe es so in meinen Augen, auch wenn sie keine Täter waren, haben sie alles dafür getan, dass die Republik scheiterte und die Täter an die Macht kamen.
Viele Grüße

Carsten

Sven L.

Gerade zum Thema Weimarer-Republik als literarischer Hinweis zum Thema:

Die Weimarer Republik - Deutschlands erste Demokratie, ISBN 978-3-421-04696-3
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


_________________________________
Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Urs Heßling

moin, Carsten,

da sind wir schon wesentlich eher beieinander :wink:

Ich habe nur damit ein Problem damit, den beiden neben der unbestreitbaren Verantwortung als III. OHL und Verbreiter der Dolchstoßlegende .. auch noch das Scheitern der Weimarer Republik und das Aufkommen der NSDAP als Hauptverantwortlichen zur Last zu legen.

Die ersten beiden Vorwürfe sind schon "dicke" genug.

Aber bei den folgenden Vorgängen waren u.a. kalte Berechnungstäter (siehe meinen Beitrag zuvor) am Werk, die sich nach 1945 "davonstehlen" konnten  :x :-(

Exkurs : Abgesehen davon lebe ich in Hannover ..
- die Schule, in der ich ehernamtlich die Bibliothek verwalte, liegt in der Hindenburgstraße,
- die Schule, in der ich am Montagabend am Französischkurs teilnehme, liegt im Hindenburgviertel,
- und zu meiner Fachärztin fahre ich (per Straße) über die Hindenburgschleuse
:-D

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

mudfladdy

#199
ZitatDeutschland musste gar nicht so handeln - höchstens DACHTE die Regierung, dass sie nur so handeln konnte. Militärisch gesehen gab es auch nur einen Plan und politisch hatte man auch keinen anderen Plan als auf Eskalation zu setzen. Und in diese "Zwangslage" hat man sich durch die blödsinnige Blockbildung in den Jahrzehnten davor auch selbst manövriert.

Nein, man musste so handeln.
In dem Moment wo in einer Zwei-Fronten-Situation einer, der (vermeintlich) laaaaaaaaaaaaaange braucht um seine "überlegene" Masse an Kräften mobilisieren kann mobil macht GEGEN einen Staat der per se keinen Konflikt mit Russland hatte, MUSS dieser (D) reagieren.
Möglichkeiten:
a.) nix machen und überfallen werden (im Sinne von "nicht bereit sein")
b.) voll mobilisieren und überfallen werden (von beiden Seiten attackieren überlegene Kräfte, man kann diesen Doppelangriff nicht abhalten, wird besiegt und zerschlagen (russisch-französische Pläne)
c.) man schlägt mit aller Macht auf einen der beiden ein, hofft diesen zu besiegen um dann mit freiwerdenden Kräften den anderen Gegner (Russland) zu stoppen/zurückzudrängen.

Es war keine Wünsch-Dir-Was-Situation.
Die Blockbildung konnte man nicht verhindern. Es fehlt von Dir IRGENDEIN Beleg, wie das Kaiserreich, mit maxim an der Regierung (und unter Weglassen der innenpolitischen Lage) diese Blockbildung hätte vermeiden können.
GB wollte sich nicht binden - man wollte D gegen Ru nutzen OHNE verbindliches Bündnis. Perfidious Albion ist Dir ein Begriff. Gerade in Preussen wusste man sehr genau WIE die Briten handeln würden. Genau so wie im 7jährigen Krieg. Man finanziert den Partner, bis die eigenen Ziele durch sind und lässt den Partner dann "verrecken". GB hatte ausschliesslich britische Interessen im Sinn und zum wiederholten Mal, man fürchtete NICHT Deutschlands Dominanz - dass ist eine Lüge - sondern dass man keinen Einfluss auf das siegreiche F-RU-Bündnis hätte. Darum verbündete man sich auch mit Russland. Eben weil Ru Indien bedrohte.
Was Russland betrifft - man hätte ÖU als Partner aufgeben müssen ohne Sicherheit zu haben. Auch das hätte damals wie heute keiner gemacht.
Ergo, spuck doch mal die "Block-Optionen" fürs Kaiserreich aus. Von "wir sind wirtschaftlich weniger erfolgreich, geben Frankreich die Rheingrenze und schaffen die Armee ab"-Aussagen bitte ich Abstand zu halten. Danke.

ZitatNein. Eine Mobilmachung ist eine Mobilmachung, aber noch kein Krieg. Natürlich ist es ein harter Schritt, aber diese Mobilmachung war eine Reaktion auf die österreichisch-ungarische Mobilmachung gegen Serbien. Nach Deinen eigenen Maßstäben (und deshalb kannst Du dies auch nicht kritisieren!) musste sie auch so erfolgen, da Österreich-Ungarn mit Deutschland verbündet war. Eine entsprechende Drohkulisse musste sich also gegen beide Länder richten.
Noch mal, Du verstehst das Problem nicht:
Russlands Mobilmachung (GEGEN Deutschland) war die Kriegserklärung. Du hängst Dich an der formalen Kriegserklärung auf, die ist aber irrelevant. In der Sekunde wo Russland mobil macht muss Deutschland handeln. Punkt. Das wusste der russ. Aussenminister, Kriegsminister und der Zar. Rat mal warum der gezögert hatte.
Und nein - wenn ÖU gegen Russland mobilisiert ist Russland nicht bedroht (hatte man aber nicht getan). Nur weil die Russen zu blöd waren eine partielle Mobilisierung durchzuführen soll Deutschland sich der Kriegstreiber Gnade ausliefern? Warum? Weil Du das so willst? Unfug.
ÖU wollte mit Serbien abrechnen - wie man das nannte - und das wäre auch richtig gewesen. Denn Serbien zündelte seit geraumer Zeit, schlachtete Minderheiten ab aus Gebieten die man erobert hatte. Frieden in Europa gab es nur, wenn Serbien militärisch reduziert und politisch kastriert war. Es war Russland, welches kein bindendes Bündnis mit Serbien hatte, welches von sich aus los legte.
Dieser Punkt wird von Dir ignoriert. Was schert sich Russland um Serbien? Ganz einfach, da man serbische Verbrecher unterstützt, ausgebildet und finanziert hatte um ÖU in einen Krieg zu bringen. Um den Balkan zu "übernehmen" und durch die Dardanellen zu kommen. Reinster Imperialismus und Kriegshetze. (moderne Sichtweise). Wo hetzte ÖU? Nirgends. Wo der Kaiser? Null. Lies Dir einfach die Schlafwandler durch, steht da drinnen. Frankreich erklärte ÖU, dass man - gleich was das Ergebnis sei - IMMER Serbien unterstützen würde. Zu einem Zeitpunkt wo man die Fakten (also serbische Regierung und russische Regierung involviert in der Ermordung des öu-Thronfolgers) noch nicht kannte machte man deutlich dass sie egal waren. Denk mal drüber nach.

ZitatNatürlich ist die russische Regierung deshalb für den Krieg politisch mitverantwortlich, aber angefangen hat sie ihn nicht. Aber nach Deinen eigenen moralischen Maßstäben kannst Du Russland NULL kritisieren. Entweder bleibst Du bei einer krassen Doppelmoral ("wir dürfen uns alles erlauben, die anderen überhaupt nichts" - wobei Du ironischerweise gar nicht Teil des "wir" bist, sondern Dich nur dafür hältst, obwohl Du offensichtlich in der Zeit nicht gelebt hast) oder Du nimmst Deinen eigenen Satz, dass die deutsche Regierung (und nicht alle Deutschen!) Mittäter waren mal ernst. Und mit ernstnehmen meine ich nicht, dass Du dann behauptest, dass die eigentlich schlimmen dann doch die anderen waren. Es waren nicht die anderen, die die deutsche Regierung gezwungen haben, den Kurs der Österreichischen-Ungarischen Regierung zu unterstützen, es waren nicht die anderen, die die deutsche Regierung gezwungen haben, den Krieg zu erklären, es waren nicht die anderen, die die deutsche Regierung gezwungen haben, neutrale Staaten zu überfallen waren etc. etc. Das waren alles eigene Entscheidungen. Die deutsche Regierung wäre unschuldig, wenn sie Österreich-Ungarn von einem Angriff auf Serbien abgehalten hätte und etwas ernsthaftes gemacht hätte, ob den Krieg zu verhindern; sich nur verteidigt hätte, wenn sie tatsächlich angegriffen worden wäre etc. Etwas schlimmeres als die Millionen von Toten und die Niederlage von 1918 wäre sicher auch nicht die Folge gewesen, wenn sie wenigstens versucht hätten, den Frieden zu erhalten...

Natürlich war es ALLEINE die russische Agression, der russisch-serbische Imperialismus, der die Krise herbeigeführt und die Eskalation zum Krieg verursacht hat.
Aus dieser Motivlage heraus habe ich von "am Krieg unschuldig" geschrieben. Das ist für mich 1:1 identisch mit dem 82er Libanon-Krieg. Israel musste handeln, da aus dem Libanon kriegerische Handlungen gegen Israel durchgeführt wurden. Auf dem Papier hat der böse Jude den friedlichen Nachbarn angegriffen. Oder ´67. Krieg war vereinbart und Israel hat präemptiv zugeschlagen (gut so!). Und die deutsche Kriegserklärung und der Angriff gegen Frankreich (nicht Belgien!) war daher richtig. Die Teilschuld des deutschen Reichs bezieht sich darauf dass man
a.) ÖU nicht auf schnellste Taten gezwungen hat
b.) Belgien attackierte
Besonders der zweite Punkt wiegt für mich schwer.
Dein moralischer Kommentar ist überflüssig. Hier ging es um frühes 20ten Jahrhunder Imperialismus.

Und die "Aussage" über "keine Milionen Toten"... also bitte. Warum sollen souveräne Länder akzeptieren von agressiven Gegnern aufgeteilt und zerschlagen zu werden?

Zitatnd warum war sie besser? Deine Argumente sind sehr allgemein und enthalten keinerlei konkrete Zahlen. Auch in Deutschland war die Motivation gering und wurde 1917 noch geringer, die finanziellen Schwierigkeiten waren enorm etc. Die Annahme, dass Großbritannien 1917 zahlungsunfähig werden würde, ist eine reine Spekulation, die von Annahmen ausgeht, die bekanntlich nicht eingetreten sind und nicht zwangsläufig hätten eintreten müssen, auch wenn die USA nicht in den Krieg eingetreten wären. Großbritannien konnte - im Gegensatz zu Deutschland - seine Handelsbeziehungen den ganzen Krieg über erhalten und wirtschaftlich wachsen.

Meine Aussage war, dass Deutschland gegenüber seinen Gegnern im Vorteil war obwohl die Versorgungslage (dank L & H) zuhause schlecht wurde.
Der Gegner war erschöpfter (Frankreich) und die Mittel gingen aus.
Die Mär vom finanzstarken GB ist ein Fake. Fakt ist - die Zahlen sagen dass aus dass Wilson ungedeckte Kredite UNTERSAGT hatte. Und die britischen Valuta, Goldreserven und US$ waren alle.
Ohne diese hätte GB zwar in Timbuktistan Waffen kaufen oder relevante Rohstoffe bestellen können aber
a.) die Transportstrecken (bspw. Nahrung aus Südamerika) sind 4x so lang (2x hin, 2x zurück)
b.) hatte halt nicht jeder dass was die Entente brauchte
c.) ohne die USA wäre die Moral in F, I und R früher zusammengebrochen.

Das ist bekannt. Keine Spekulation. Da Du gerne das "spätere Wissen" verwendest solltest Du auch zugeben dass
1.) ohne die notwendigen Bestellungen von Lebensmittel die Briten und Franzosen im 1917/18 gehungert hätten (Die 17er Ernte war mies, nur weil vorher in den USA auf Kriegsproduktion hochgefahren worden war konnte man die vergrößerten Anbauflächen nutzen - mit Ausbleiben der Bestellungen (kein Geld) wäre dies nicht passiert.
2.) ohne das Öl der USA die großen Pötte, wichtiger aber die Zerstörer der Briten im Hafen liegen.
3.) die britische und französische Armee halt 1/3 weniger Waffen und 1/4-1/3 weniger Munition hat.
Da 80% der Verluste durch Artillerie eintritt haben die Deutschen in 1917 im Westen etwa 1/3 weniger Verluste.

ZitatWo lüge ich? Die deutsche Politik ist in Marokko bekanntlich gescheitert, wie sollen sie also auch eine Kolonie bekommen haben?
Das ist postfaktisch
Erst lügst Du, als Du behauptest das Kaiserreich wollte Marokko zur Kolonie machen (Das war DEINE Aussage)
Dann lügst Du, dass Deutschland einen Standort zur Kolonie machen wollte (Belege? Fehlanzeige)
Und dann argumentierst Du die nicht vorhandenen Belege damit zu erklären dass die deutsche Politik "gescheitert" sei.
Es bleibt Fakt  dass Deutschland mit dem SOUVERÄNEN Marokko natürlich über einen Bekohlungsstützpunkt (und Marinestützpunkt) verhandeln konnte. Anders als Spanien und Frankreich, die das Land dann in Krieg gestützt, 10000de ermordet und aufgeteilt hatten.  Was natürlich viel besser ist, weil es ja "Die Guten" waren, richtig?

ZitatDie Behauptung, dass das Osmanische Reich damals nicht im Niedergang war, ist nun wirklich dumm und entspricht keinerlei historischen Fakten ;) Du schreibst ja wieder selbst, dass es wegen fehlenden starken Partnern Teile immer mehr Teile ihres Reichs verloren haben - und zwar in den Jahren unmittelbar vor 1914 und nicht 125 Jahre früher. Das Britische Empire hat sich nach 1789 in anderen Regionen weiter ausgedehnt und wurde noch größer und mächtiger, während das Osmanische Reich in den Jahren vor dem Krieg immer mehr geschrumpft ist. Wahrlich kein Zeichen für Stärke und die Möglichkeit, das Reich noch weiter zusammenzuhalten - sondern sehr viel mehr deutlich Hinweise, dass sie wohl in Zukunft noch weitere Teile an Großmächte verloren hätten, u.a. wegen des Öls. Das Öl hat die Großmächte motiviert, das Osmanische Reich weiter zu zerlegen - und natürlich hätte es sie auch motiviert, wenn das Osmanische Reich die zwei Schlachtschiffe und die Bagdadbahn bekommen hätte. Großbritannien hätte z.B. wohl kaum Ägypten wegen zwei Schlachtschiffe zurück gegeben, sondern natürlich versucht, Kuwait, Irak etc. unter Kontrolle zu bekommen...

Der "Niedergang" des osman. Reiches war eng verbunden mit der agressiven imperialistischen Politik Russlands (Krimkrieg) und Großbritanniens. Also zwei brutale Imperialisten haben - immer wieder - über 100 Jahre einen Nachbarn angegriffen, der selbst NICHT feindselig war. Klassische Kriegshetze.
Natürlich hatte das osman. Reich einige Gebiete "verloren", wobei offiziell Ägypten und Zypern und Kuwait noch Teil des osman. Reiches waren.
Solange die Imperialisten der Entente weiter Macht gehabt hätten wäre das weitergegangen (übrigens auch OHNE Beteiligung am 1.Weltkrieg!) Ich sprach aber davon dass im Fall eines SIeges der richtigen Seite (Mittelmächte) dieser Schrumpfungsprozess umgekehrt worden wäre.
Italien hätte mit Sicherheit bei einem Siegfrieden 1918 (Kein Kriegseintritt der USA; Abzug franz. und britischer Kräfte aus der Levante - damit Entlastung der Osmanen, die Bagdad und Palestina behalten) seine kurz vor dem Krieg "eroberten" Gebiete verloren. Gegenüber den Briten wäre das Mindeste ein Status Quo Ante und gegenüber Russland einige Gebietsgewinne das Ergebnis gewesen.Ergo - Niedergang "gestoppt".
Und ja, die Bagdad-Bahn war so relevant, da damit Wirtschaftsgüter und Truppen aus dem europäischen Teil bis in die abgelegenen Gebiete gebracht werden konnten.
Zudem, mit einem SIeg der Mittelmächte ist Serbien und Griechenland keine Option mehr, Bulgarien und Rumänien werden sicherlich nicht gegen die Interessen des Kaiserreichs agieren.
Ergo Friede und Wachstum fürs Osman. Reich. Öl in Kirkut war bekannt... mag sein dass die Briten mal wieder was stehlen wöllten, blöd nur dass da die Deutschen drauf sitzen.

ZitatNein, meine Quellen zeigen, dass die russische Marine nicht die Verluste aus dem Russisch-Japanischen Krieg kompensieren konnte, in Teilen überaltert war und ihre Neubauprogramme sich stark verzögerten - und keinerlei Hinweise auf Bauprogramme in der von Dir behaupteten Größe. Meine Quellen für Frankreich zeigen eine deutlich geringere Anzahl an Neubauten als die von dir behaupteten - und eine Großteils veraltete Flotte.

Und noch einmal: ich habe nie geschrieben, dass nur Deutschland schuld war. Es ist für mich aber offensichtlich, dass die damalige deutsche Regierung für den Krieg mitverantwortlich ist - und damit auch für dessen Opfer. Und natürlich ist sie damit auch für die Niederlage, die man sich dadurch eingehandelt hat, wesentlich verantwortlich. Die Behauptung, dass ich Lüge, eindimensional denke, Fakten ignorieren würde etc. sind alles Beleidigungen und Unterstellungen. Ich habe wenigstens Quellen gebracht - und nicht nur Behauptungen ohne jede Belege wie Du.
Nein, Du schreibst vorsätzlich die Unwahrheit. Ich sprach von 1914 und wer ab da wieviele NEUE Schiffe bauen würde (bis 1920)
Wo habe ich geschrieben dass die russische Marine NICHT ihre Neubauten verzögerten (vor 1914?) Ich schrieb dass Russland ein Bauprogramm bis 1920 hatte, welches seine Flotte (nicht nur im Baltikum) auf die gleiche Grösse wie die des Kaiserreichs gebracht hätte. Die massiven Baupläne Frankreichs habe ich ebenfalls erwähnt.
Also noch einmal zum Mitmeißeln:
auf der einen Seite das Kaiserreich, welches bis 1920 noch 3 + 4 Schiffe baut, (3x Mack und 4x Bayern), auf der anderen Seite F und R, welche in der gleichen Zeit ca. 25 Großkampfschiffe bauen wollten. Auf die technologische Entwicklung, welche DNs der 1.Generation schnell veraltern lies habe ich hingewiesen. 
Im übrigen plant ein Staat nicht mit "der Russe ist inkompetent, wird es schon vermasseln" wie Du das unterstellst. Und Frankreich war eine starke Wirtschaftsnation, durchaus in der Lage gute Kriegsschiffe zu bauen (Richelieu-Klasse, Straßbourgs, beides hervorragende Schiffsklassen).


Von Italien, welches man korrekterweise bereits im gegnerischen Lager vermutete haben wir noch nicht gesprochen.

Dein Problem ist, Du siehst das alles aus der SIcht eines 2017er Duckmäusers, der glaubt Frankreich wäre mehr wert als Deutschland und weil ja später die Nazis so schlimme Verbrechen gemacht haben müssen die anderen davor ebenfalls so gewesen sein. Das war aber die Hochzeit des Imperialismus, man war klare Nr2 in der Welt und hatte keinen Grund sich auf den Rücken zu legen und zu ergeben.

EDIT: Danke für den Hinweis - ich habe in der Tat diverse "härtere" Formulierungen verwendet. Das habe ich im neuesten Beitrag abgeändert....

mudfladdy

Zitat von: Kaspar am 21 Januar 2017, 18:35:54
Hallo,
die Zahlen über die Militärausgaben in den Jahren vor dem Krieg sind ja überall nachzulesen. Hat auch jemand die Zahlen gemessen am BIP?
Grüße
Kaspar

Extrem unsicher - Fakt ist wohl, dass Frankreich pro Kopf deutlich mehr rüstete als das Kaiserreich, Russland weniger (mehr Personen)
Vom BIP war R das agressivste Land, gefolgt von Frankreich, GB und dann D und mit weitem Abstand ÖU. (Das sind aber Annahmen aufgrund der bekannten Wirtschaftskraft... Russland war schwächer, ergo bei höheren Ausgaben ein größerer Batzen des gesamten Kuchens für die Armee... usw.)

mudfladdy

Zitata) Bestärkung Österreichs-Ungarns Serbien anzugreifen statt es davon abzuhalten.
b) Reaktion auf die russische Mobilmachung mit einem Angriff auf Frankreich über einen Einmarsch in das neutrale Luxemburg und Belgien.
Das Kaiserreich gab ÖU den GLEICHEN Blanko-Scheck wie Frankreich Russland.
Richtig ist, dass D ÖU freie Hand gab um mit dem "Verbrecherstaat" Serbien abzurechnen, man hatte richtigerweise erkannt dass dies nun eine "Gelegenheit" sei um diesen Krisenherd abzuschalten.
Krieg war nicht unbedingt gemeint, wurde aber voll akzeptiert. ÖU sollte mit Rückendeckung handeln können - um Russland von einer Einmischung abzuhalten.

Einmarsch in Luxemburg: Richtig - Lux wird oft übersehen. Es war für beide Seiten aber wichtig, jeder hatte dafür "Optionen". Trotzdem, neben Belgien wird Luxemburg, welches aber keine Verluste zu beklagen hatte, wurde auch die Neutralität Luxemburgs verletzt. (So wie später die von Griechenland)
ZitatEin Terroranschlag ist nun mal "nur" ein Verbrechen, was man keineswegs mit einem Krieg beantworten muss - insbesondere, da es allen Beteiligten klar war, dass dieser Krieg angesichts der Bündnissysteme nicht auf Österreich-Ungarn und Serbien isoliert werden konnte. Wegen des Tods von zwei Menschen das Leben von Millionen aufs Spiel zu setzen, ist nun mal unverantwortlich.
Das ist postfaktisches 2017-Gerede.
Es war der Thronfolger des Kaiserreichs, des engsten Verbündeten Deutschlands.
Und den Krieg haben die Russen (mit franz. Hilfe) verursacht. Früher wurden Krisen beigelegt, der "Verbrecher" entsprechend abgestraft. Der Blankocheck Russlands an Serbien (um alles abzulehnen und die Krise zu verschärfen) wird ebenfalls "gerne" überlesen.
ZitatAber auf eine Mobilmachung hätte man aber noch politisch reagieren können, auf einen Angriff kann man dies nur noch schwer.
Das ist falsch. Die vollständige Mobilmachung Russlands WAR die Kriegserklärung. Es gab nur noch den Versuch, den Zaren davon abzuhalten.
Er wusste, als er die Mobilmachung unterschrieb, dass dies Krieg mit Deutschland bedeutete. Du hast Doch angeblich die Schlafwandler gelesen?
ZitatIch sehe die Zahlen (Gesamtausgabe für die Marine, nicht die Ausgaben für Neubauten), aber sowohl bei den Neubauten als auch den vorhandenen Schiffen waren beide Marine keineswegs bemerkenswert. Der Umfang an Neubauten war gering, die Bauprogramme verzögerten sich stark, während die vor 1914 vorhandenen Schiffe überwiegend veraltet waren.
Das ist postfaktisch!
ICh schrieb von den - für den Zeitraum bis 1920 - vorgesehenen Neubauten, welche für das Kaiserreich, aber auch für Großbritannien - eine große Gefahr darstellten.
Und Kriegsschiffe aus der "Pre-DN" Zeit waren wertlos.
Ebenso rasch veralterte die 1. Generation der Schlachtschiffe - ohne Turbinenantrieb, nicht ausreichendem Schutz und mangelnder Geschwindigkeit.
Sowohl Deutschland aber auch Großbritannien waren hier besonders betroffen.
Schön dass Du feststellst dass F und R gemeinsam doppelt so hohe Ausgaben für die Marine hatten (bevor die Flottenrüstung kostentechnisch bemerkbar wurde) wie das deutsche Reich.
Es gab also - nach Deinen Worten - keine "deutsche Aufrüstung in der Marine", lediglich den Fakt dass alle Nationen veraltete Kriegsschiffe ersetzen mussten.

Benjamin

@mudfladdy.

Das ist hier ein Diskussionsforum, wir pflegen hier eine positive Diskussionskultur. Dem Gegenüber ein "Du Lügst" oder "Das ist postfaktisch", "man musste", "das ist falsch" usw usf virtuell an den Kopf zu werfen, fördert in keinster Weise eine angenehme Atmosphäre. Denn auch Diskussionen mit unterschiedlichen Charakteren und gegensätzlichen Aussagen und Meinungen sollten idR Spaß machen. Ich weiß, es ist immer einfacher, seine eigene Meinung vermischt mit potenziellen Fakten runterzuschreiben um "zu gewinnen", konkrete Belege inkl. Textaussagen in neutralen (!) Tonfall sind in einer Diskussion jedoch deutlich hilfreicher (wenn auch umständlicher bzw. zeitaufwendiger zu verfassen).

Daher zitiere ich nun noch einmal die Nachricht von Urs:
Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 15:53:10
moin,
@mudfladdy
Ich bitte nachdrücklich darum. sich Anwürfe wie Betonkopf, Dummes Zeug, Blödsinn und Unfähigkeit zu ersparen  !! 
Hier wird sachlich diskutiert oder gar nicht (d.h. (zeitweises) Schließen des Treads)

In diesem Sinne,

back to topic und daran denken, das am anderen Ende der Leitung ein Mensch sitzt, der das liest. :MG:
If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.

mudfladdy

Da hier ja aufkam, dass Russlands Flotte unbedeutend und klein war (was für die Zeit vor dem 1.Weltkrieg stimmt, aber nie Thema war), hier mal ein Vollzitat aus Wikipedia (ja - die Quelle ist immer problematisch - hier aber nicht, da bekannter Fakt)
ZitatAuch verschoben sich seit 1912 tendenziell die Prioritäten, da das Russische Reich seit diesem Zeitpunkt ein ambitioniertes maritimes Rüstungsprogramm verfolgte, das bis 1920 den Einsatz von 16 modernen Großkampfschiffen in der Ostsee vorsah. Dieses richtete sich – auch weil andere große maritime Mächte in diesem Raum fehlten und Russland zudem innerhalb der Entente cordiale gebunden war – allein gegen das Deutsche Reich.

Russland beabsichtigte ab 1912 bis 1920 16 MODERNE (von mir hervorgehoben) Großkampfschiffe zu bauen. NUR für die Ostsee.

Es ist also gut ersichtlich dass die Flottenrüstung - neben Großbritannien und dem Kaiserreich - auch in Russland Anhänger hatte.

Für die Betrachtung der Ist-Situation am 28.06.1914 ist irrelevant dass 2017 bekannt ist dass Russland diese Schiffe nicht bis 1920 hätte fertig bauen können.

Nimmt man nur die Schiffe ab König (im Kaliber und Geschwindigkeit den russischen Neubauten ab 12 unterlegen) reduziert sich die vermeintliche Überlegenheit der deutschen Flotte auf 5x Koenig, 4x Bayern, 3x Derfflinger, 3x Mackensen. Also 15 Schiffe, von denen 8 mit 30,5cm Geschützen, 3 mit 35cm Geschützen und 4 mit 38cm Geschützen ausgestattet gewesen wären.

Es zeigt sich daher, dass Russlands Flottenrüstung in der Ostsee für das Kaiserreich ein ernstzunehmendes Problem darstellte.

maxim

Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Zitat von: maxim am 22 Januar 2017, 16:31:25
Das mag sein - aber es hätte noch politische Mittel gegeben, die aber niemand angewendet hat und deren Anwendung die deutsche Kriegserklärung auch unmöglich machte.
Welche im zeitlichen Kontext gesehen realistischen ?
a) Österreich zwingen den Krieg gegen Serbien einzustellen
b) Verhandlungen mit den anderen Staaten aufzunehmen

Natürlich hätte das den Krieg nicht sicher verhindert, aber es wäre ein Versuch gewesen.

Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Aber ich hatte - nur - Deiner Meinung "Der Umfang an Neubauten war gering, .. " widersprochen.
Der Umfang der Neubauprogramme war im Vergleich zu Deutschland oder Großbritannien gering und hätte nicht verhindert, dass die französische und russische Marine relativ gesehen noch schwächer werden.

maxim

#205
@ mudfladdy:

ich sehe keinerlei Argumente, Belege oder Beweise für folgende Behauptungen:

a) das Russland 16 Großkampfschiffe nur für die Ostsee bauen wollte. Welche? Bei den bekannten zwölf Schiffen, die ich aufgezählt habe, sind alleine schon vier fürs Schwarze Meer dabei (auch nur Dreadnought).
b) das es französische Programme in der von dir genannten Größe gab. Welche Schiffe?
c) irgendwelche Belege, dass Deutschland 1916 irgendwie besser als die Entente dastand

Dein Aussagen, dass nur die anderen Schuld waren, kennen wir schon. Mit einer derartigen Argumentation wird man immer nur Desaster verursachen. Man kann ja selbst nichts falsch machen. Es sind ja immer die anderen. Wenn die andere Seite, wie 1914, genauso denkt, hat man eine gewaltige Katastrophe.

Man verhindert keine Blockbildung, in dem man Bündnisse bildet - das ist genau der Prozess der Blockbildung. Also ist es vollkommen irrelevant, wie die Chancen eines britisch-deutschen Bündnisses waren, da es nur ein weiterer Beitrag zur Blockbildung gewesen wäre.

Genauso ist die Darstellung Deutschlands als Land, was keinerlei Expansionsbestrebungen hatte und alles hatte, was es wollte, wirklich ziemlich seltsam - immerhin eines der Ländern, das am aggressivsten und lautesten versuchte zu expandieren - allerdings wenn der zunehmenden politischen Isolierung auch eines der Länder, die dabei am erfolglosten war.

/edit:
es ist schwer vorstellbar, dass der Ausgang schlimmer gewesen wäre, wenn die deutsche Regierung massiv versuchte hätte den Krieg zu verhindern statt als erstes anzugreifen.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: maxim am 23 Januar 2017, 21:09:30
Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Zitat von: maxim am 22 Januar 2017, 16:31:25
Das mag sein - aber es hätte noch politische Mittel gegeben, die aber niemand angewendet hat und deren Anwendung die deutsche Kriegserklärung auch unmöglich machte.
Welche im zeitlichen Kontext gesehen realistischen ?
a) Österreich zwingen den Krieg gegen Serbien einzustellen
b) Verhandlungen mit den anderen Staaten aufzunehmen
Ich bedaure, aber beide Möglichkeiten sehe ich nicht als "im zeitlichen Kontext realistisch" an.

Als einzige - sehr geringe - deutsche Möglichkeit, den Kriegsausbruch - nach gegebenem "Blankoscheck" ! - noch zu verhindern, sähe ich eine Forderung seitens des Reichskanzlers an Ö-U, das weitgehende serbische Eingehen auf die österreichischen Forderungen zu akzeptieren. Die nicht beantwortbare Frage wäre, ob der Kaiser das mitgetragen hätte.


Zitat von: maxim am 23 Januar 2017, 21:09:30
Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Aber ich hatte - nur - Deiner Meinung "Der Umfang an Neubauten war gering, .. " widersprochen.
Der Umfang der Neubauprogramme war im Vergleich zu Deutschland oder Großbritannien gering und hätte nicht verhindert, dass die französische und russische Marine relativ gesehen noch schwächer werden.
Noch einmal :
- Du hattest geschrieben nur "Der Umfang an Neubauten war gering, .. "
- Dem habe ich widersprochen
- Wenn Du das jetzt nachträglich (!) in Relation zu anderen Nationen setzt und damit Deine Behauptung änderst, sehe ich keine weitere sinnvolle Diskussion.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

Zitat von: Urs Heßling am 23 Januar 2017, 23:47:17
Als einzige - sehr geringe - deutsche Möglichkeit, den Kriegsausbruch - nach gegebenem "Blankoscheck" ! - noch zu verhindern, sähe ich eine Forderung seitens des Reichskanzlers an Ö-U, das weitgehende serbische Eingehen auf die österreichischen Forderungen zu akzeptieren. Die nicht beantwortbare Frage wäre, ob der Kaiser das mitgetragen hätte.
Österreich-Ungarn war stark auf Verbündete angewiesen - wäre also auf Druck schon empfänglich gewesen.

Schön, dass Du auf den "Blankoscheck" hinweist, eines der Elemente der Eskalationspolitik der deutschen Regierung zuvor.

Zitat von: Urs Heßling am 23 Januar 2017, 23:47:17
- Du hattest geschrieben nur "Der Umfang an Neubauten war gering, .. "
- Dem habe ich widersprochen
- Wenn Du das jetzt nachträglich (!) in Relation zu anderen Nationen setzt und damit Deine Behauptung änderst, sehe ich keine weitere sinnvolle Diskussion.
Du solltest noch mal nachlesen, auf was für Behauptungen von mudfladdy ich geantwortet hatte: auf Behauptungen, dass es Bauprogramme der französischen und russischen Marine gab, die wesentlich größer als die deutschen waren. Die Relation zu anderen Marinen lag also schon in den Aussagen, auf die ich geantwortet hatte ;)

Ich zitiere sie für dich noch mal:
Zitat von: mudfladdy am 20 Januar 2017, 16:00:51
Bis 1920 hatte Deutschland noch 3 Mackensen und die 4 Bayern geplant, dazu die Fertigstellung der Koenigs und Derfflingers.
IN der Zeit wäre Frankreich um 12-16 Super-DN gewachsen, Russland um 14-20 Super-DN.
Bisher habe ich nichts gefunden, was diese Zahlen bestätigen würde - und auch nichts von anderen gesehen, die diese Zahlen bestätigen würden. mudfladdy behauptet auch woanders, dass Russland alleine 24 Schlachtschiffe für die Ostsee geplant hätte:
Zitat von: mudfladdy am 20 Januar 2017, 18:29:30
Wenn Russland 24 Schlachtschiffe in der Ostsee haben will
Später nur noch 16:
Zitat von: mudfladdy am 23 Januar 2017, 18:54:57
Russland beabsichtigte ab 1912 bis 1920 16 MODERNE (von mir hervorgehoben) Großkampfschiffe zu bauen. NUR für die Ostsee.
Hinweise habe ich für vier Schlachtschiffe des Dreadnought-Typs (Gangut-Klasse) und vier Schlachtkreuzer der Borodino-Klasse für die Ostflotte gefunden sowie vier weitere des Dreadnought-Typs für die Schwarzmeerflotte (Imperatriza-Marija-Klasse). Und vor diesen Schiffe hatte Russland kein einziges modernes (aus der Sicht von 1914) Großkampfschiff gebaut.

mudfladdy

Zitat von: maxim am 23 Januar 2017, 21:09:30
Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Zitat von: maxim am 22 Januar 2017, 16:31:25
Das mag sein - aber es hätte noch politische Mittel gegeben, die aber niemand angewendet hat und deren Anwendung die deutsche Kriegserklärung auch unmöglich machte.
Welche im zeitlichen Kontext gesehen realistischen ?
a) Österreich zwingen den Krieg gegen Serbien einzustellen
b) Verhandlungen mit den anderen Staaten aufzunehmen

Natürlich hätte das den Krieg nicht sicher verhindert, aber es wäre ein Versuch gewesen.

Zitat von: Urs Heßling am 22 Januar 2017, 17:52:50
Aber ich hatte - nur - Deiner Meinung "Der Umfang an Neubauten war gering, .. " widersprochen.
Der Umfang der Neubauprogramme war im Vergleich zu Deutschland oder Großbritannien gering und hätte nicht verhindert, dass die französische und russische Marine relativ gesehen noch schwächer werden.

Nein - insbesondere wenn man heutiges Wissen dazu nimmt.
Wir wissen heute dass weder Serbien vorhatte die Forderungen Österreich-Ungarns anzunehmen (erneut der Hinweis auf Die Schlafwandler und dortige Primärlilteratur) sondern im Gegenteil von Russland angewiesen wurde so zu antworten dass es danach "aussähe" dass man es ernst nimmt (Nur Propaganda) noch dass Russland oder Frankreich etwas anderes wollte als den Krieg.
Der Zug war abgefahren in dem Moment, als Russland und Serbien die Ermordung des Thronfolgers maßgeblich unterstützte.
Nach damaliger Sicht konnte man das erst recht nicht annehmen.
In Deutschland wollte der Kaiser keinen Krieg mit Russland, in letzter Sekunde glaubte er auch das Ruder "gegen Belgien und Frankreich" herumwerfen zu können.

Eine Verhandlungslösung setzt voraus dass beide Seiten ein Interesse an einer Verhandlung haben.
Das war in Österreich nur bedingt vorhanden (wegen der richtigen Erkenntnis dass Serbien keine Ruhe geben würde) und auf der Gegenseite überhaupt nicht.

Richtig bleibt, ohne die volle Mobilmachung Russlands wäre mehr Zeit geblieben, um die letzte gestartete Aktion Deutschlands - mit Großbritannien auszutesten. Die serbische Antwort - auf den ersten Blick vielversprechend - sorgte dafür. Ob man in Österreich intelligenter war (und es durchschaute) oder einfach nur noch mit Serbien abrechnen wollte kann ich nicht beurteilen. Wir wissen heute aber aus den vorlliegenden Infos, dass Serbien überhaupt nicht daran dachte die Forderungen zu erfüllen.

Und nein, der Umfang der russischen Schiffsneubauten für die Ostsee sah 16 moderne Schlachtschiffe vor. Soweit der Plan. Mit diesem fing man an, das Ziel (bis 1920) war unrealistisch (heutige Erkenntnis), so war es aber kommuniziert.

Zitat von: Urs Heßling am 23 Januar 2017, 23:47:17Als einzige - sehr geringe - deutsche Möglichkeit, den Kriegsausbruch - nach gegebenem "Blankoscheck" ! - noch zu verhindern, sähe ich eine Forderung seitens des Reichskanzlers an Ö-U, das weitgehende serbische Eingehen auf die österreichischen Forderungen zu akzeptieren. Die nicht beantwortbare Frage wäre, ob der Kaiser das mitgetragen hätte.

Was spricht dagegen? Die Marginalien des Kaisers auf der ihm am Morgen des 28.07.1914 vorgelegten Antwortnote der serbischen Regierung vom 27. Juli sprechen eine deutliche Sprache:

»Eine brillante Leistung [der serbischen Regierung] für eine Frist von bloß 48 Stunden! Das ist mehr als man erwarten konnte! Ein großer moralischer Erfolg für Wien; aber damit fällt jeder Kriegsgrund fort, und Giesl [österr. Botschafter] hätte ruhig in Belgrad bleiben können! Daraufhin hätte ich niemals Mobilmachung befohlen!«

Zitat von: maxim am 24 Januar 2017, 06:47:22Schön, dass Du auf den "Blankoscheck" hinweist, eines der Elemente der Eskalationspolitik der deutschen Regierung zuvor.

Ist damit diese "Eskalationspolitik" gemeint?

Telegramm des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg an den dt. Botschafter in Wien vom 30.07.1914:

»Wir können Österreich-Ungarn nicht zumuten, mit Serbien zu verhandeln, mit dem es im Kriegszustand begriffen ist. Die Verweigerung jeden Meinungsaustausches mit Petersburg aber würde schwerer Fehler sein, da er kriegerisches Eingreifen Rußlands geradezu provoziert, das zu vermeiden Österreich-Ungarn in erster Linie interessiert ist.
Wir sind zwar bereit, unsere Bündnispflicht zu erfüllen, müssen es aber ablehnen, uns von Wien leichtfertig und ohne Beobachtung unserer Ratschläge in einen Weltbrand hineinziehen zu lassen. Auch in italienischer Frage scheint Wien unsere Ratschläge zu mißachten. Bitte sich gegen Graf Berchtold [österr. Außenminister] sofort und mit allem Nachdruck und großem Ernst aussprechen.«


Und genau in diese Situation fiel die russische Generalmobilmachung, bzw. die Weigerung (im Telegrammaustausch zwischen dem Kaiser und dem Zaren), sie wieder zurückzunehmen, was jede Verständigung durch dt, Druck auf Wien zunichte machte, da Deutschland durch die russische Generalmobilmachung unter extremen militärischen Handlungsdruck und Zeitdruck gesetzt wurde, was der Entente bekannt war (siehe u.a. die neuen Erkenntnisse von Prof. Rainer F. Schmidt, Würzburg). Wer hat also hier "eskaliert"?

Und zum sog. "Blankoscheck", den alle Nationalmasochisten so gerne zitieren und verurteilen:

Bekannt darf man wohl das Bündnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn voraussetzen, das schon seit Jahrzehnten vor dem Doppelmord von Sarajewo und der Julikrise 1914 existierte und jedermann in Europa bekannt war. Das ist ein wichtiger Unterschied zur Beurteilung anderer Blankoschecks (es waren zwei!) 25 Jahre später, gegen die ich noch niemals ein Wort der Verurteilung aus dem Munde jener gehört habe, die "Blankoschecks" (zumindest wenn es ein angeblicher von deutscher Seite im Jahre 1914 an den langjährigen Verbündeten in Wien sein soll) ansonsten als so "verurteilenswert" und direkte Verantwortung für die "Entfesselung" eines Weltkrieges aufbürdend beurteilen.

Den Wortlaut des sog. "verbrecherischen Blankoschecks", der ein so typisches Beispiel für die nicht näher definierte "Eskalationspolitik"  des Deutschen Reiches sein soll, hört und liest man selten von jenen Schuldkultfetischisten, deshalb sei er hier einmal zitiert:

»Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien
Telegramm vom 6. VII. 1914

[...] was endlich Serbien anbelange, so könne Seine Majestät zu den zwischen Österreich-Ungarn und diesem Lande schwebenden Fragen naturgemäß keine Stellung nehmen, da sie sich seiner Kompetenz entzögen. Kaiser Franz Joseph könne sich aber darauf verlassen, daß Seine Majestät im Einklang mit seinen Bündnispflichten und seiner alten Freundschaft treu an der Seite Österreich-Ungarns stehen werde.«


Im Falle Englands gegenüber Frankreichs im August 1914 pflegen dieselben Kreise solche Treue als "Ehrenpflicht" zu bezeichnen, obwohl überhaupt kein offizielles (Militär-)Bündnis zwischen London und Paris bestand und Asquith und Grey ihre Absprachen (und jene des britischen mit dem französischen Generalstab) unter Umgehung und Belügung des Parlamentes und des Kabinetts durch klassische Geheimdiplomatie eingefädelt hatten.

Und schließlich habe ich, wie oben angedeutet, noch niemals ein Wort der Kritik an den beiden Blankoschecks der britischen Regierung vom 31.03.1939 und vom 25.08.1939 an Warschau gehört, die eine bedingungslose Beistandspflicht, nachdem die Krise ausgebrochen war, begründeten.
1914 bestand ein jahrzehntealtes Bündnis und dann kam die Krise, die einen der Bündnispartner unmittelbar (durch Mord an seinem Thronfolgerpaar) betraf, 1939 war die Krise da und dann kam ein Blankoscheck aus London an eine Krisenpartei, mit der man vorher überhaupt nicht verbündet gewesen war.

Keine "Eskalationspolitik"??

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