Wie Europa in den Krieg wandelte

Begonnen von Matrose71, 27 Oktober 2013, 06:03:45

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mudfladdy

Zitat von: Jach am 18 Januar 2017, 19:39:55
Hallo mudfladdy,

was ich an Deinen Aussagen nicht mag ist der durchgängige Imperativ und die Vorgabe was ich zu beachten habe und was nicht.
Falls also in Deinen Texten irgendetwas an mich gerichtet sein sollte, so entschuldige bitte dass ich darauf nicht antworten werde, ich habe es einfach nicht gelesen.

Ich habe Dich nicht direkt angeschrieben, nur den von Dir geschriebenen Beitrag.

Bei einem Meinungsaustausch, in dem Dritte schreiben kann es immer vorkommen dass der eine den anderen falsch versteht. Entweder mit Vorsatz oder ausversehen.
Ein Imperativ habe ich nicht verwendet.
Deine Aussage ist in sich nicht schlüssig - Du kannst ja nicht wissen wie ich etwas schreibe wenn Du es nicht liest.
Es ist jedoch lustig dass Du Dich bemüßigt fühlst mir mitzuteilen dass Du meine Beiträge nicht liest :)

mudfladdy

Zitat von: Götz von Berlichingen am 18 Januar 2017, 14:03:09
Zitat von: Lutscha am 18 Januar 2017, 13:31:48Komisch das die eigentlichen Standardwerke nur eine handvoll Rezensionen hatben obwohl die Auflage(en) um ein Vielfaches höher sein sollten.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Komisch, daß die »eigentlichen Standardwerke« häufig nur mit meinungsstarker Gesinnungstüchtigkeit und immer öfter unter Verzicht auf historische Tatsachen auskommen. Aber das ist ja das Kennzeichen hiesiger Alt-68er neomarxistischer Indoktrinierung. Sinnigerweise war es der ehemalige KPD-Aktivist und konkret-Gründer und Herausgeber Klaus Rainer Röhl, der als typisches Kennzeichen solcher Meinungs- und Geschichtsbildkontrolle eine Anekdote um den Philosophen Ernst Haeckel zitiert hat, zu dem ein Student (oh, pardon ein »Studierender« oder sagt man jetzt gendergerecht »Studierend*Innende«?) in einer seiner Vorlesungen gesagt habe: »Aber Herr Professor, die Tatsachen stimmen nicht mit Ihren Theorien überein!«, worauf der meinungsstarke Professor geantwortet habe: »Schlimm für die Tatsachen!«.

Typisch auch, daß die beiden Forummitglieder, deren Pseudonym mit "L" beginnt und die das Buch von Generalmajor a.D. Schwipper, ganz offensichtlich mit kaum verhohlenem Mißvergnügen sehen, kein einziges Argument in der Sache dagegen anzuführen wissen, sondern in typischer Orwellmanier darauf abzielen, solche "Gedankenverbrecher" aus dem Kanon der "zugelassenen Meinungen" auszugrenzen. Was hätte denn sonst der geradezu armselige Verweis auf die Amazon-Rubrik "Leser interessierten sich häufig auch hierfür" mit der aktuellen Diskussion zu tun. Wenn man in der Sache die Argumentation von Schwipper nicht entkräften kann (und das dürfte jenen Schreiberlingen sehr schwerfallen, verweist Schwipper doch auf Hunderte sowjetische Dokumente, von denen diese selbsternannten Meinungs- und Geschichtsbildkontrolleure mit Sicherheit bislang noch nicht einmal wußten, daß sie existieren), versucht man halt entweder Autor (der Nazivorwurf für einen ehemaligen NVA-General verfängt leider nicht so recht), Verlag oder halt Leser als nicht diskutabel auszugrenzen und hofft, auf diese billige Weise den Deckel wieder auf die Debatte zu bekommen. Aber Gott sei Dank dürfte das ebenso schwierig sein, wie die Zahnpasta wieder in die Tube zu bekommen.

Hony soit, qui mal y pense.

Mit dem Thema hat Deine Aussage NICHTS zu tun.
Und nur weil einer General bei der NVA war sagt nichts über seine "Gesinnung" aus.
Ein Werk kann auch anhand einer "Kernaussage" bewertet werden.
Wer - wie der exGeneral schreibt dass Hitler einem Angriff Stalins zuvorgekommen sei entwertet sich damit, zumindest in den Augen vieler.

Mit "Gedankenverbrechen" hat das nichts zu tun - dass ist eher eine schwächliche Ausrede, um Kritik daran zu entwerten.

Nochmals, wenn der Herr General neue Belege, Fakten, Befehle der Stavka ausgegraben hat, kann man das diskutieren. Anderenfalls fällt es eben doch in die Kategorie "braun".
Weil eben (Neo)Nazis mit genau dieser Argumentation HItlers verbrecherischen Krieg (weil von Tag 1 der Komissar-Befehl galt) schönreden und die NS-Verbrechen in Russland klein- oder wegdiskutieren wollen.
Mir sind Fakten dazu durchaus bekannt - insbesondere russische Kriegsverbrechen. Die ändern aber nichts an den Fakten -diese Fakten sind:
22.06.41: Deutschland greift gemeinsam mit Verbündeten ohne Kriegserklärung den Verbündeten und Handelspartner UdSSR an.

Jetzt Du und der Herr General.

Gerne in einem anderen Thread dazu.


maxim

Noch mal zurück zum Ersten Weltkrieg:

wenn man damals die Lage vernünftig analysiert hätte, wäre es klar gewesen, dass man den Krieg nicht hätte gewinnen können. Eigentlich wusste man dies auch, da man auf eine Taktik setzte, die man nur als Glücksspiel bezeichnen kann, da sie auf so viele Annahmen beruhte, dass ihr Scheitern wahrscheinlich war. Z.B. die Annahme der britischen und belgischen Passivität oder die Annahme, dass man Frankreich 1914 mit einem Blitzkrieg besiegen könnte (ohne motorisierte Einheiten).

Entsprechend ist die Diskussion nicht, ob man erst Russland oder erst Frankreich hätte angreifen sollen - das Ergebnis wäre wohl ähnlich gewesen.

Das Problem ist die Blockbildung, die schon sehr viel früher einsetzte. Und zu dieser Blockbildung trug die deutsche Politik durch vollkommen unnötige Aggressivität und Erpressungen stark bei. Man nehme nur Großbritannien, was sich eigentlich gar nicht in Bündnisse einbinden lassen wollte - und dann mit seinen "Erzfeinden" sich gegen Deutschland verbündete. Natürlich kann man jetzt heulen, dass sich "alle" gegen "die armen Deutschen" verbündet hätten. Aber überraschend war das angesichts der deutschen Politik nicht. Und das gilt schon für den späten Bismarck (1880er), der durch seine dauernden Epressungen viel Porzellan insbesondere in Bezug auf die deutsch-britischen Beziehungen zerschlug.

Wenn man dann die Blöcke hat und in dieser Situation dann Deutschland wirtschaftlich und geographisch in einer äußert ungünstigen Lage war - also eine militärische Niederlage wahrscheinlicher als ein Sieg war - hätte man alles machen müssen, um einen Krieg zu verhindern. Ob das gelungen wäre, ist natürlich schwer zu beurteilen, da es eine rein hypothetische Diskussion wäre. Die deutsche Regierung hatte damals aber alles gemacht, um den Krieg auszulösen. Damit war sie nicht alleine, aber eben massiv mitverantwortlich. Und das Ergebnis sollte ja bekannt sein: eine massive Niederlage mit Millionen von Toten.

Wie man diese Politik mit dem heutigen Wissen verteidigt, ist mir schleierhaft. Und ich denke nicht, dass man heute nur klüger ist - das sind alles Sachen, die man damals schon wusste oder zumindest wissen konnte.

Jach

Ich finde die Analyse verblüffend und habe dazu folgende Fragen:


  • Wie werden die Vertragsbedingungen zum Brexit lauten?
  • Wer wird nächster Bundeskanzler?
  • Wie entwickelt sich die Europäische Union bis zum 11.11.2021?
  • Wird der Krieg in Syrien bis zum 11.11.2021 beendet sein und wie steht es dann um den IS?
  • Wann wird der Berliner Flughafen in Betrieb gehen?

Das Zeitfenster entspricht dem des ersten Weltkrieges. Die nötigen Informationen, um die Entwicklungen präzise vorauszusagen sollten zugänglich und bekannt sein.

Wichtig ist allerdings bei der Analyse den Wissensstand von 2125 zu nutzen und insbesondere auch die schrecklichen Ereignisse der Jahre 2042 bis 2049 (insbesondere bezüglich der Entwicklung der Antriebstechnik) zu beachten.
Mit freundlichem Gruß

K. Jach

maxim

Niemand spricht von einer präzisen Vorhersage ;) Es geht um damals bekannte Fakten. Die wirtschaftliche Stärke war bekannt, die geographische Lage war bekannt, die Blöcke und Bündnisse waren bekannt. Aus diesen ergab sich, dass Deutschland und seine Verbündeten unterlegen waren und deshalb einen Krieg wahrscheinlich verlieren würden.

Es gab Unsicherheiten, z.B. über die britische Rolle, aber wenn man sich deren Rolle in den Marokkokrisen anschaut, war zu erwarten, dass sich Großbritannien auf die Seite seiner Verbündeten stellen wird - insbesondere, wenn es Deutschland a) den Krieg offiziell anfängt und dann b) durch den Einmarsch in das neutrale Belgien es der britischen Regierung noch leichter macht, sich auf die Seite Frankreichs und Russlands zu stellen.

Man sollte hier wissen, dass ein Teil der damaligen liberalen britischen Regierung sich gegen den Krieg stellte und die Kriegsbefürworter dort nur eine Mehrheit gewannen, weil sie auf die deutschen Angriffe verweisen konnten. Aus britischer Sicht haben natürlich diese Leute in der britischen Regierung ebenfalls den Tod von Millionen zu verantworten (und übrigens auch eine Schwächung des Empires). D.h. wenn jemand nur deshalb die damalige britische Regierung verteidigt, weil er/sie zufällig in Großbritannien geboren wurde, wäre das genauso unverständlich und in Bezug auf heutige Politik gefährlich, wie die Argumentation derer, die zufällig in Deutschland geboren sind und das Handeln der damaligen deutschen Regierung verteidigen.

Jach

Es wurden aber nicht alle Historiker die nicht die Meinung teilen, dass der Kriegsausgang absolut vorhersehbar war "zufällig in Deutschland geboren".

Mit freundlichem Gruß

K. Jach

Urs Heßling

moin,

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 18:48:23
.. zu dieser Blockbildung trug die deutsche Politik durch vollkommen unnötige Aggressivität und Erpressungen stark bei. Man nehme nur Großbritannien, was sich eigentlich gar nicht in Bündnisse einbinden lassen wollte - und dann mit seinen "Erzfeinden" sich gegen Deutschland verbündete.
"vollkommen unnötige Aggressivität und Erpressungen" vermag ich in der deutschen Außenpolitik nicht zu erkennen, eher Unbeholfenheit und Unberechenbarkeit (was fast noch schlimmer ist).
Welche Fälle der "Erpressung" meinst Du ?

Das Bündnis GB's mit Rußlands sehe ich nicht als Folge deutscher "Agressivität". Es war in erster Linie, wie bereits an anderer Stelle gesagt, ein strategisches Kalkül, um Rußland von Indien und dem Öl des Mittleren Ostens fernzuhalten.
Die außenpolitische Tapsigkeit Willys (Krüger-Depesche, Daily-Telegraph-Interview) und der Flottenbau machten es den britischen Politikern dann leicht, der Öffentlichkeit das Deutsche Reich als Feind zu "verkaufen".


Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 19:38:27
Die wirtschaftliche Stärke war bekannt, die geographische Lage war bekannt, die Blöcke und Bündnisse waren bekannt. Aus diesen ergab sich, dass Deutschland und seine Verbündeten unterlegen waren und deshalb einen Krieg wahrscheinlich verlieren würden.
Aus damaliger Sicht und vielleicht sogar korrekt : ".. und deshalb einen langandauernden Krieg wahrscheinlich verlieren würden." Dieser (deutsche) Gedankengang war mE einer der "Treiber" der Entscheidungen.

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 19:38:27
Man sollte hier wissen, dass ein Teil der damaligen liberalen britischen Regierung sich gegen den Krieg stellte und die Kriegsbefürworter dort nur eine Mehrheit gewannen, weil sie auf die deutschen Angriffe verweisen konnten.
Also das "nur" hätte ich gerne belegt.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

#172
Mit welchen Argument will man begründen, dass der Kriegsausgang überraschend war?

In Bezug auf Beispiele für die Erpressungen und Aggressivität empfehle ich Reichsgewalt bedeutet Seegewalt von Heiko Herold. Z.B. versuchte Bismarck Großbritannien regelmäßig damit zu erpressen, dass deren Ägypten-Politik nicht weiter unterstützt würde, wenn Großbritannien nicht da oder dort Zugeständnisse machen würde. Die Kriegsdrohungen in den Marokkokrisen wären gute Beispiele für die Aggressivität - die ganzen Reden von Wilhelm II (der damalige Trump) sind ja sowieso bekannt.

Großbritannien unterstützte Russland und Frankreich nur, weil es der Meinung war, dass es sich nicht gegen Russland, Frankreich UND Deutschland durchsetzen könnte. Warum wurde ein Bündnisse GEGEN Deutschland gewählt, obwohl Frankreich und Großbritannien alte Erzfeinde waren? Warum nicht MIT Deutschland, um Russland einzudämmen? Das wäre genauso ein strategisches Kalkül gewesen.

Wegen der britischen Entscheidung: siehe z.B. Die Schlafwandler oder Der falsche Krieg von Niall Ferguson.

Jach

#173
Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
Großbritannien unterstützte Russland und Frankreich nur, weil es der Meinung war, dass es sich nicht gegen Russland, Frankreich UND Deutschland durchsetzen könnte.
Ich frage hier einfach mal nach der Quelle für diese Aussage. Unter anderem stellt Stephen Schröder es nach meinen Erinnerungen nicht so dar.

Ergänzung:
Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56Warum wurde ein Bündnisse GEGEN Deutschland gewählt, obwohl Frankreich und Großbritannien alte Erzfeinde waren?
Vielleicht weil Großbritannien der koloniale Ausgleich wichtiger war als ein gutes Verhältnis zu Deutschland. Vielleicht hatte auch Frankreich weniger Interesse an einem Bündnis mit Deutschland, als an einem mit Russland.
Mit freundlichem Gruß

K. Jach

mudfladdy

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 18:48:23
Noch mal zurück zum Ersten Weltkrieg:

wenn man damals die Lage vernünftig analysiert hätte, wäre es klar gewesen, dass man den Krieg nicht hätte gewinnen können. Eigentlich wusste man dies auch, da man auf eine Taktik setzte, die man nur als Glücksspiel bezeichnen kann, da sie auf so viele Annahmen beruhte, dass ihr Scheitern wahrscheinlich war. Z.B. die Annahme der britischen und belgischen Passivität oder die Annahme, dass man Frankreich 1914 mit einem Blitzkrieg besiegen könnte (ohne motorisierte Einheiten).

Entsprechend ist die Diskussion nicht, ob man erst Russland oder erst Frankreich hätte angreifen sollen - das Ergebnis wäre wohl ähnlich gewesen.

Das Problem ist die Blockbildung, die schon sehr viel früher einsetzte. Und zu dieser Blockbildung trug die deutsche Politik durch vollkommen unnötige Aggressivität und Erpressungen stark bei. Man nehme nur Großbritannien, was sich eigentlich gar nicht in Bündnisse einbinden lassen wollte - und dann mit seinen "Erzfeinden" sich gegen Deutschland verbündete. Natürlich kann man jetzt heulen, dass sich "alle" gegen "die armen Deutschen" verbündet hätten. Aber überraschend war das angesichts der deutschen Politik nicht. Und das gilt schon für den späten Bismarck (1880er), der durch seine dauernden Epressungen viel Porzellan insbesondere in Bezug auf die deutsch-britischen Beziehungen zerschlug.

Wenn man dann die Blöcke hat und in dieser Situation dann Deutschland wirtschaftlich und geographisch in einer äußert ungünstigen Lage war - also eine militärische Niederlage wahrscheinlicher als ein Sieg war - hätte man alles machen müssen, um einen Krieg zu verhindern. Ob das gelungen wäre, ist natürlich schwer zu beurteilen, da es eine rein hypothetische Diskussion wäre. Die deutsche Regierung hatte damals aber alles gemacht, um den Krieg auszulösen. Damit war sie nicht alleine, aber eben massiv mitverantwortlich. Und das Ergebnis sollte ja bekannt sein: eine massive Niederlage mit Millionen von Toten.

Wie man diese Politik mit dem heutigen Wissen verteidigt, ist mir schleierhaft. Und ich denke nicht, dass man heute nur klüger ist - das sind alles Sachen, die man damals schon wusste oder zumindest wissen konnte.

Faszinierende Aussage:
Leider nicht nur mit viel "nachträglicher Analyse" sondern auch - basierend auf Fakten - falsch
1.) Das Deutsche Reich hatte den 1.Weltkrieg im Herbst 1916 gegen die Gegner Russland, Italien, Frankreich und Großbritannien gewonnen. Warum? Weil die massiven Ausgaben der Briten im April/Mail 1917 ihr Ende finden mussten (keine Valuta mehr in den USA, welche die lebensnotwendigen Treibstoffe (Öl für die Marine, Rohstoffe für die Waffenproduktion, am wichtigsten Nahrung für die Entente-Staaten (welche dafür die eigenen Männer in die Armee stecken konnten) ) finanzierten.
Kurz gesagt, Hindenburg und Ludendorf, welche auf den uneingeschränkten Uboot-Krieg drängten und bekamen sorgten mit dem Kriegseintritt der USA (welchen man bewusst Inkauf nahm wegen der Erwartung Großbritannien wäre bis zum Wirksamwerden "erledigt") die notwendige Geldspritze.
Wilson, anglophil und germanophob hatte trotzdem bereits klar gemacht dass Finanzierungen OHNE USDollar/GOld oder in Valuta in den USA abgesichtert nicht würden.

2.) Die Erkenntnis dass Frankreich nicht in einem schnellen Krieg besiegt werden konnte war unbekannt, konnte aus deutscher Sicht auch NUR erkannt werden, wenn man per se einen blutigen Krieg wie es dann wurde erahnt hätte. Dann aber wären die deutsche Regierung und die Militärs auch vorher schon anders aufgestellt gewesen (Armee-Vergrößerung bereits 1902, d.h. in 1914 hat man 3-4 Armeen mehr zur Verfügung, Bevorratung von Geschützen, Waffen und Munition aller Art in einer geeigneten Form (vereinfacht: Das deutsche Reich hätte bereits 10-12 Jahre früher seine Militärausgaben verdoppeln müssen)

3.) Blockbildung: Ah ja, das Kaiserreich hätte also gegenüber Großbritannien eine andere (Welche?) Politik betreiben müssen.
Nur mal ein paar Punkte, welche den Konflikt auslösten/verschärften
Deutschland war wirtschaftlich erfolgreicher und stärker als die Briten (ganz übel)
Deutschland war in den zukunftsorientierten Industrien (Maschinenbau, Waffen, Chemie, Elektrotechnik) meilenweit voraus
Deutschland baute mehr und bessere Frachtschiffe (Handelsmarine wuchs, um gegen die Dominanz der britischen Reeder bessere Voraussetzungen zu schaffen)
Deutschland investierte in andere Länder, was den Briten ökonomisch nicht gefiel (Osman. Reich mit der Bagdad-Bahn, Burenstaat - hier hatten deutsche Firmen viele Beteiligungen (die dann mit der "Befreiung  (ich hoffe dass ist der richtige Begriff)" durch die Briten mit der Sonderbehandlung der Familien in angenehmen Lagern kassiert wurden)
Deutschland war ein relevanter Spieler im Machtgefüge - durch seine Existenz.
In Großbritannien waren maßgebliche Germanophobe an der Macht, Grey, der König, Fischer (und auch Churchill), die gerne für ihre Klientel (vor allem die Flotte) den Aufbau einer Kriegsflotte als "Flottenpanik" nutzten - so wie davor der jeweilige Aufbau der franz. und russischen Flotte genutzt worden war

Vereinfacht ausgedrückt, Deutschland war ein ökonomisch überlegener Nachbar, der wirtschaftlich stark und militärisch herausragend war.

ABER - viel wichtiger war die Erkenntnis aus britischer Sicht dass dem Bündnis Frankreich-Russland niemand widerstehen konnte. In GB glaubte man ebenfalls an einen "schnellen" Sieg, der aus britischer Sicht mit einem totalen Sieg Frankreichs und Russlands (dem alten Erzfeind und der neuen Gefahr für die Kolonien) enden würde. Deshalb gab man Balance-of-power auf, man wollte mitbestimmen. Sieht man schön in Versailles. Die Briten haben den franz. und russischen Vorkriegs-Plänen (der amtierenden Politiker) nicht nachgegeben, einerseits weil Russland nicht mehr existierte, andererseits weil Frankreich geschwächt war.

Zum Rest, die deutsche Regierung war kein monolithischer Block. Fatalisten und Aktivisten agierten unabhängig von einander.
Während mancher an die Abrechnung mit Serbien (als gerechte Bestraftung für das "bombenlegende Anarchistenpack" gesehen) glaubte - analog zu 1908, 1911 und 1912 auf dem Balkan als jeweils ähnliche Krisen beigelegt werden konnten - hatten andere die Einstellung " wir bekommen Krieg, haben keine Chance - nutzen wir sie". Dazu die Militärs, die "richtig" aus ihrer Zeit erkannten dass mit jedem Jahr die Russen deutlich schneller mobilisieren können und deren "Dampfwalze" zudem immer grösser wird. (Nebenbei - interessant an der deutschkonzentrierten Kriegsschuldfrage ist, dass niemand die Frage stellt wozu Russland seine Armee so ins gigantische vergrößern musste. Russland hatte keine Gegner, niemand wollte Russland angreifen. Auch die - mit franz. Geld gebauten Eisenbahnen, die statt wichtige Nord-Süd-Verbindungen herzustellen im russisch-polischen Nirgendsland endeten, mit auffällig langen Verladestationen (die man brauchte um Regimenter ausladen zu können) werden nie erwähnt? Ganz einfach, weil die Mär vom bösen Hunnen, der als Vorspiel zum noch böseren Nazi (der war dann wirklich richtig übel) gilt dann nicht tragbar ist.

Russland und Frankreich gaben zusammen deutlich mehr Geld aus als Deutschland und Österreich-Ungarn. Pro Kopf (Einwohner) ebenfalls Frankreich.
Das deutsche Reich hatte - bei 50% grösserer Bevölkerung- eine um 1/3 kleinere Armee als Frankreich. Russland und Frankreich bauten beide sehr große Flotten - welche bereits 1920 (in 6 Jahren) der deutschen weit überlegen gewesen wären.
1912 wurde der russisch-französische Beistandspakt geändert, in der Form dass nun der jeweils andere IMMER, auch bei Angriffskriegen, den anderen unterstützt. Ich frage mich, wieso Frankreich in Deutschland - vertraglich verpflichtet - einfällt, wenn Russland mit Österreich Krieg führen würde (Das waren die Pläne)

Die "Einkreisung" war sicher zum Teil auch der schlechten deutschen Politik zu verdanken, vor allem Kaiser Wilhelm, aber Frankreich und Russland taten - ab 1907 mit Großbritannien - alles um dies auch zu tun.

Die Marokko-Krise - ja, da hatte ein Land (Deutschland) berechtigen Anlass etwas zu fordern, was von der "Gegenseite" mit Krieg bedroht wird. Es ist richtig dass in Deutschland BEKANNT war - spätestens dadurch - dass man einen Krieg mit Großbritannien, Frankreich und Russland führen müsste.

Die (falsche) Annahme war, dass das kleinere Frankreich schnell besiegt sei (analog zu 1870), die Briten mit ihrer "nicht vorhandenen Armee" (BEF) keinen Einfluss hätten, Nahrung und Güter über Holland und andere Neutrale erworben werden könne (was auch möglich war bzw. gewesen wäre, wenn die Briten die Regeln nicht gebrochen hätten), Russlands Weite hingegen fürchtete man (zu Unrecht, anders als 27 Jahre später), zudem wurde die Kampfkraft der russischen Armee weit überschätzt.

Wie man das erkennen soll - ohne Satelittenüberwachung, Einbruch in alle diplomatische Kanäle von hunderten Diplomaten ist mir jedenfalls nicht erklärbar gemacht worden.

Ein deutscher Diplomat brachte es treffend auf den Punkt: Eine Zusammenarbeit mit Großbritannien ist möglich, wenn wir unseren Handel beenden, unsere Maschinen schlechter bauen und ansonsten genau dann genau das tun was die Briten von uns wollen.

Nein - der Fehler war, man hatte vorher nicht "Besser" geplant, die Armee nicht vergrössert (so wie es Schlieffen mit seiner Denkschrift gewollt hatte (da er mit 3 Armeen mehr (nur im Westen) operierte als das deutsche Reich hatte! - das war ebenfalls nichts anderes als ein "wir brauchen mehr Geld und Personal für die Armee-Propaganda-Geschreibsel". Zwar im Nachgang wahr, zu seiner Zeit jedoch nicht vorhersehbar.

Leider haben die falschen den Krieg gewonnen, was uns Hitler, den Holocaust und - nicht zu vergessen - im nahen Osten das Pulverfass Islamismus gebracht hat. Von Japans Verbrechen in China ganz zu schweigen

mudfladdy

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
Mit welchen Argument will man begründen, dass der Kriegsausgang überraschend war?

In Bezug auf Beispiele für die Erpressungen und Aggressivität empfehle ich Reichsgewalt bedeutet Seegewalt von Heiko Herold. Z.B. versuchte Bismarck Großbritannien regelmäßig damit zu erpressen, dass deren Ägypten-Politik nicht weiter unterstützt würde, wenn Großbritannien nicht da oder dort Zugeständnisse machen würde. Die Kriegsdrohungen in den Marokkokrisen wären gute Beispiele für die Aggressivität - die ganzen Reden von Wilhelm II (der damalige Trump) sind ja sowieso bekannt.

Großbritannien unterstützte Russland und Frankreich nur, weil es der Meinung war, dass es sich nicht gegen Russland, Frankreich UND Deutschland durchsetzen könnte. Warum wurde ein Bündnisse GEGEN Deutschland gewählt, obwohl Frankreich und Großbritannien alte Erzfeinde waren? Warum nicht MIT Deutschland, um Russland einzudämmen? Das wäre genauso ein strategisches Kalkül gewesen.

Wegen der britischen Entscheidung: siehe z.B. Schlafwandler.

Ähm, also Bismarck - der sicherlich ein gewiefter Politiker war - hatte natürlich zum Vorteil Deutschlands die fehlerhafte britische Politik ausgenützt. Es gibt unzählige Beispiele, wo Staaten dies getan haben. Warum auch nicht?

Der Begriff Reichsgewalt bedeutet Seegewalt, tsja nun, es waren die Briten die den Deutschen im Burenkrieg damit drohten die deutsche Flotte im Hafen zu versenken, welche deutsche Schiffe illegalerweise anhielten und durchsuchten und es waren die Briten die die Buren (Jamison-Raid) letztendlich überfielen. Ja, Ohm Krüger erklärte selbst den Krieg (der alte Narr), aber keiner - nicht mal die Briten selbst - glaubten an ein "oh wir armen werden angegriffen". Nein, man wollte die Burenrepublik erobern, die Gebiete einkassieren und gleichzeitig unliebsame deutsche Konkurrenz beseitigen. Weil die bösen Nazis, ähm , Hunnen es gewagt hatten mit den Buren zu handeln.

Ansonsten finde ich die Depesche absolut in Ordnung. Da kommen Kriminelle (Briten) und fallen mit knapp 1000 Mann in ein souveränes Land ein. (Analog zur Schweinebucht), werden glücklicherweise schnell besiegt und der Agressor wird vor der Welt lächerlich gemacht. (Gut so!).
Und der Kaiser gratuliert, dass man die Agression zurückweisen konnte.
Ist alles in ORdnung.
Richtig ist, die Briten schäumten, weil JEDER wusste dass sie da etwas abziehen wollten. Aber das geht in Richtung 1870, als die Franzosen (als Volk und vorallem ihr Kaiser) "beleidigt" waren wegen Sadowa (Königgrätz), weil man selbst 1859 nur mühsam gegen die Österreicher gewonnen habe. Oder kurz - es ist schwach derartig sinnfreie Reaktionen als "berechtigt" zu bewerten. Ja, die gab es. So wie den Plan die deutsche Flotte auszulöschen (im Frieden), a la Kopenhagen. Tolle Demokraten diese Briten.

Der letzte Abschnitt ist leider komplett falsch - hier wäre ein wenig Lektüre und Verständnis der Zusammenhänge (idealerweise aus britischen Quellen) hilfreich.

Großbritannien wählte Frankreich, später auch Russland, eben WEIL man "wusste" dass F und R viel stärker seien als D und ÖU.  Trotzdem - Politik ist dynamisch - waren die Absetzbewegungen in GB vorhanden und wurden stärker. Viele vermuten, dass 1915 GB - unabhängig von Home-Rule und dem damit entstehenden Bürgerkrieg in Irland - Russland nicht länger unterstützt hätte. Das ist aber Spekulation. Der Kern der Botschaft: GB wollte bei den Siegern sein. Denn Frankreich, nach Sieg über Deutschland - war frei um in Afrika Probleme zu bereiten - die durch die Navy auch nicht gestoppt werden könnte - und Russland war frei um Indien und Persien "einzusacken", der Alptraum des Empires seit 100 Jahren.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
Wegen der britischen Entscheidung: siehe z.B. Die Schlafwandler oder Der falsche Krieg von Niall Ferguson.
Ich habe es gerade noch einmal nachgelesen; es tut mir leid, weder aus "The Sleepwalkers" noch aus "The Pity of War" (engl. orig.) kann ich ein "nur" erlesen oder erschließen.

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
.. Z.B. versuchte Bismarck Großbritannien regelmäßig damit zu erpressen, dass deren Ägypten-Politik nicht weiter unterstützt würde, wenn Großbritannien nicht da oder dort Zugeständnisse machen würde.
Das lag - wenn es denn als "Erpressung" definiert wird - doch wohl deutlich vor Beginn der ersten Formierung der Entente.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

mudfladdy

Zitat von: Urs Heßling am 19 Januar 2017, 20:35:47
moin,

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
Wegen der britischen Entscheidung: siehe z.B. Die Schlafwandler oder Der falsche Krieg von Niall Ferguson.
Ich habe es gerade noch einmal nachgelesen; es tut mir leid, weder aus "The Sleepwalkers" noch aus "The Pity of War" (engl. orig.) kann ich ein "nur" erlesen oder erschließen.

Zitat von: maxim am 19 Januar 2017, 20:00:56
.. Z.B. versuchte Bismarck Großbritannien regelmäßig damit zu erpressen, dass deren Ägypten-Politik nicht weiter unterstützt würde, wenn Großbritannien nicht da oder dort Zugeständnisse machen würde.
Das lag - wenn es denn als "Erpressung" definiert wird - doch wohl deutlich vor Beginn der ersten Formierung der Entente.

Gruß, Urs

Zudem ist es die Art "selektives" Geschichtsverständnis was bei NS-Glorifizierung berechtigt als Revanchismus bezeichnet wird.

Bismarck hat Großbritannien nicht "erpresst", er hat einen Deal für das Reich ausgehandelt.
Wenn GB sich an internationales Recht hält gäbe es keine Angriffsflächen.

In der Marokko-Krise hat Frankreich gemeinsam mit GB einwandfreie international legale Verträge platzen lassen. Warum nur liest man vom Foristen dazu nicht (in 40er Schrift) "Frankreich hetzt zum Krieg, verhindert Entwicklungshilfe für Marokko"?

Ganz einfach, solche Leute haben eine Agenda, bei der Fakten stören.

Das Muster "gute Briten von bösen Hunnen in Krieg gedrückt" muss halt passen.

100 Jahre nach Kriegsbeginn werden Lügen wiederholt, Meldungen verfälscht.
Nur weil man auf der Insel das Trauma des 1.Weltkrieges in etwas "Gutes" ummünzen will.

Großbritannien war in den Jahren vor dem Entente-Deal der Meinung man könne die europäischen Staaten gegeneinander ausspielen OHNE selbst Leistungen zu erbringen (die deutsch-britischen Verhandlungen scheiterten ja, weil Deutschland für ein Bündnis ebenfalls eine Leistung von GB haben wollte - was man dort aber nicht bereit war zu liefern.

bodrog

ZitatLeider haben die falschen den Krieg gewonnen, was uns Hitler, den Holocaust und - nicht zu vergessen - im nahen Osten das Pulverfass Islamismus gebracht hat. Von Japans Verbrechen in China ganz zu schweigen

- also das der Islamismus eine Folge des WK I ist bezweifle ich. Es gab vorher schon islamistische Bewegungen: als Stichwort sei auf den Mahdi verwiesen. Die Mahdi-Bewegung wie die Urabi-Bewegung sind eine Entgegnung auf Kolonisationsbestrebungen

maxim

#179
Das Muster Gut gegen Böse ("gute Briten von bösen Hunnen in Krieg gedrückt") verwende ich nicht - im Gegensatz zu einigen, die Deutschland immer nur als Opfer sehen. Ich bin der Meinung, man muss erst mal vor der eigenen Türe kehren, bevor man auf andere losgeht. Das sehen einige hier offensichtlich umgedreht. Natürlich haben auch andere haufenweise Dreck vor der Tür - aber das rechtfertigt nicht die Politik der deutschen Regierungen zwischen den 1880ern und 1918. Das besagt lediglich, dass damals die Arschlochpolitik leider weit verbreitet war - mit Millionen von Toten als Folge.

Zu einigen der Punkten:

1). War die Niederlage vorhersehbar? Ich würde sagen, dass in diesem Punkt mir sogar die meisten hier recht gegeben haben und auch die damalige deutsche Führung (militärisch, zivil) der gleichen Meinung war. Deshalb wurde ja die Glückspielstrategie gewählt: erst versucht Frankreich möglichst schnell zu besiegen und dann hoffen, dass man dann irgendwie auch mit dem Rest fertig wird. Ein langen Krieg dachte man nicht gewinnen zu können. NUR: Frankreich war nicht alleine, sondern in einem Bündnis mit zwei anderen Großmächten. Dieses Bündnis war bekannt. Man brauchte dafür keine Satellitenaufklärung oder bessere Spionage, man brauchte nur schauen, was während der Marokkokrisen passiert war.  Das Problem war, dass die deutsche Regierung trotzdem der Meinung war, dass Großbritannien sich aus dem Krieg heraushalten würde oder irgendwie irrelevant wäre - was ein krasse und leicht vermeidbare Fehleinschätzung war.  Eine ähnliche Glückspielstrategie hatte später dann auch Hitler - der allerdings anfangs mehr Glück hatte.

Wegen der wirtschaftlichen Fähigkeiten: Deutschland und Österreich-Ungarn hatten kombiniert ein etwa 15% höheres BSP als Frankreich und Russland zusammen. Allerdings hatte die Entente inklusive Großbritannien ein um 60% höheres BSP als die Mittelmächte. Die Mittelmächte kamen 1913 auf 19% der globalen Produktion, die Entente auf 28%.  Die Bevölkerungszahl der Mittelmächte war 144 Millionen (inklusive Bulgarien und Türkei), die der Entente 656 Millionen. Die Militärbudgets der Entente waren 1913 100 Millionen Pfund höher als die der Mittelmächte. Diese Unterschiede wurden noch dadurch verstärkt, dass die Mittelmächte geografisch leicht vom Welthandel isolierbar waren. Im Krieg verschärften sich die Unterschiede, da das BSP in Deutschland und Österreich-Ungarn fiel, während es zumindest in Großbritannien, Italien und und Russland stieg (Russland nur bis 1916). Quelle: Der falsche Krieg von Niall Ferguson (der die britische Politik der Epoche massiv kritisiert).

2.) "Der Begriff Reichsgewalt bedeutet Seegewalt..." Das war eine Quellenangabe und kein Begriff ;) Natürlich kann man die deutsche Politik gegenüber Großbritannien so sehen, dass nur Vorteile herausgehandelt werden wollten. Aber das Ergebnis war nur mal eine zunehmende Verschlechterung der Beziehung, die darin endete, dass Großbritannien sich einem Bündnis gegen Deutschland anschloss. Wer das als "alternativlos" oder "unausweichlich" wegen der deutschen wirtschaftlichen Stärke und dem Handel ansieht, sollte sich mal die letzten 70 Jahre anschauen: da war Deutschland wirklich wirtschaftlich im zunehmenden Umfang deutlich überlegen, hat aber auf Zusammenarbeit gesetzt. Das Ergebnis ist die bisher längste Friedensepoche zwischen den großen europäischen Mächten, die es bisher je gab (aktuell nimmt leider die Arschlochpolitik in der EU zu, was dieser Epoche ein Ende bereiten könnte).

3.) "Das Deutsche Reich hatte den 1.Weltkrieg im Herbst 1916 gegen die Gegner Russland, Italien, Frankreich und Großbritannien gewonnen" Eine bizarre Aussage von jemanden, der anderen vorwirft Lügen zu verbreiten. Offensichtlich hatte Deutschland den Krieg 1916 nicht gewonnen, sondern mudfladdy spekulierte nur, dass Deutschland ihn hätte gewinnen können, wenn es nicht auf den U-Bootkrieg gesetzt hätte. Nur dummerweise wurde damals auf den unbeschränkten U-Bootkrieg gesetzt, weil man ihn als die einzige Möglichkeit sah, den Krieg noch zu gewinnen - und dachte, dass man schneller Großbritannien dadurch besiegt hätte als dass die USA in den Krieg eingreifen hätten können. Das mit dem "schneller" kennen wir schon vom Kriegsbeginn: es ist schon wieder eine sehr riskante Spielertaktik gewesen, die vollkommen scheiterte.

4.) "Russland und Frankreich bauten beide sehr große Flotten - welche bereits 1920 (in 6 Jahren) der deutschen weit überlegen gewesen wären." Eine nicht nachvollziehbare Aussage. Die französische Flotte war 1914 weitgehend veraltet, die Neubauprogramme hinkten den deutschen deutlich hinterher und es fehlten Programme, um auch die notwendigen modernen Kreuzer und Zerstörer zu bauen. Die russische Flotte war seit dem Russisch-Japanischen Krieg nur noch ein Schatten der einstigen Größe. Natürlich wurde versucht die Verluste zu kompensieren und die Flotte zu modernisieren (u.a. mit Hilfe deutscher Werften), aber auch da hinkte man den deutschen Programmen weit hinterher. Selbst wenn die Vorhersage zu zur zukünftigen Flottenentwicklung war geworden wäre - die Rolle der Marinen wäre in einem kontinentalen Krieg sowieso weitgehend irrelevant gewesen. Die meisten Kriege in den Jahrzehnten vor 1914 hatte in Europa die stärkere Seemacht verloren (z.B. Österreich-Ungarn 1866, Frankreich 1870/71). Mit Großbritannien sah die Sache sowieso anders aus, da 1914 Deutschland das Flottenwettrüsten mit Großbritannien bereits verloren hatte und während des Kriegs nahm die quantitative Überlegenheit der Royal Navy noch stark zu.

5.) Die britische Regierung von 1914 war in der Frage in Bezug auf Krieg gespalten. U.a. Asquith, Churchill und Grey waren für den Krieg ("liberale Imperialisten"), die Mehrheit der Liberalen, auch in der Regierung, war gegen eine Beteiligung an einem europäischen Krieg und gegen entsprechende Bündnisse (siehe Die Schlafwandler von Clark, S. 269, 631, Der falsche Krieg von Niall Ferguson). Burns und Morley traten wegen der Kriegsentscheidung sogar zurück (siehe z.B. auch hier). Grey hatte Deutschland hat auch vor eine Verletzung der Neutralität Belgiens gewarnt und konnte diese dann nutzen, um das Kabinett auf seine Seite zu ziehen (übrigens wegen der Wahrnehmung, dass Großbritannien und britische Interessen durch die Eroberung der Kanalküste bedroht waren; die belgische Neutralität war relativ egal, siehe Der falsche Krieg von Niall Ferguson).

Im übrigen bestand auch die französische Regierung nicht homogen aus Kriegstreibern wie Poincaré. Der Premier René Viviani war eher Pazifist - konnte sich aber gegen Poincaré nie durchsetzen.

6.) Der Islamismus ist sicher keine Folge des Ersten Weltkriegs. Natürlich hat er begünstigt, dass er sich in Saudi-Arabien durchsetzen konnte, aber er spielte danach viele Jahrzehnte nur dort eine Rolle. In den meisten Staaten im Nahen Osten dagegen waren islamistische Kräfte bis in die 1970er, vielfach noch deutlich länger, komplett unbedeutend. Säkulare Nationalisten, die vielfach mit stalinistischen Wirtschaftsstrategien anwendeten, dominierten die Politik vieler der Staaten im Nahen Osten in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (d.h. nach dem diese Staaten sich aus Kolonialherrschaft befreit hatten). Dazu sollte man daran erinnern, dass es das Deutsche Reich war, das im Ersten Weltkrieg versuchte, den Islam als Waffe für sich zu nutzen, also direkt Islamisten unterstützte, um Aufstände in den Kolonien anzuzetteln...

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