Wie Europa in den Krieg wandelte

Begonnen von Matrose71, 27 Oktober 2013, 06:03:45

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delcyros

Es ist es wert, auch hier einmal hineinzulesen:

https://archive.org/stream/diedeutschendoku03germ#page/40/mode/1up

Es scheint, alle entscheidenden Parteien waren schlicht von der Geschwindigkeit der Entwicklung in einer bestenfalls als überspannt zu bezeichnenden Lage überfordert.

Wenn Wilhelm II und der Zar sich Telegramme austauschen, die sie mit "Nicki" und "Willi" signieren und in denen der ernsthafte Wille nach einer Lösung zu streben dokumentiert ist, und es dann doch nicht gegen ihre Kriegsparteien schaffen...

Matrose71

#76
Hallo Urs,

ZitatWir sind offensichtlich nicht weit auseinander  :O/Y

Sehe ich genauso! :MG:

ZitatIch kann mich einer so positiven Beurteilung Bethmanns nicht anschließen. Die Riezler-Tagebücher und -briefe scheinen, soweit ich Auszüge in der Sekundärliteratur lesen konnte, da zu viele Fragen offen zu lassen. Hatte er die Möglichkeit, Ö-U zur Annahme der serbischen "Antwort" zu drängen ? Er hat in den letzten Wochen offensichtlich dem Drängen der "Militärs" nachgegeben.

Das müssen wir nochmal näher beleuchten, als Stichpunkte nenne ich

1. Vertrauenverlust in London, durch das geplante russisch-englische Flottenabkommen und das Lügen darüber
2. Dem "letzten" Verbündeten einen eneuten Gesichtsverlust zu ersparen.
3. Angeschlagen durch den Tod seiner Frau.

ZitatDann gehört die österreichische (weniger: ungarische) Staatsführung mit in diese Reihe. Das Ultimatum war schon riskant, die Ablehung der serbischen Antwort nicht gerechtfertigt. Man wollte anscheinend zusätzlich eine (unnötige) "Demütigung" Serbiens, und das läßt sich ein nationalistisch geprägter noch neuer Staat eben nicht gefallen.

Teilweise Zustimmung, aber mit den klaren Abstrichen, dass Serbien das ganze vorsätzlich provoziert hat, dass Österreich Ungarn eben nicht Russland militärisch bedroht hat, es wurden nur Militärbezirke im Süden mobilisiert und nichts passierte an der russischen Grenze.
Von Österreich Ungarn ging eindeutig eine politische "Drohung" gegen den Panslawismus aus, durch die miltärische Bedrohung Serbiens, diese wurde aber von einer militärischen Drohung Russlands beantwortet.
Sasanows Theatralik, dass das russische Volk und das Leben des Zaren bedroht seien, durch die Mobilisierung der 8 Korps von Österreich Ungarn in den südlich Bezirken (Grenze zu Serbien), ist ein Treppenwitz der Geschichte schlechthin.

ZitatDem "Bizarr" kann ich nicht zustimmen.
De facto war das deutsche Vorgehen im Westen im August 1914 mit dem Marsch durch Belgien tatsächlich ein "Angriffskrieg"; der Schlieffenplan war der Plan eines Präventiv- und Angriffskriegs.
An das "darauf Hinarbeiten" (deutscherseits) kann ich allerdings auch nicht glauben.

Einen Angriffskrieg im Kontext,
ZitatDas erlaubte die subjektive (!) Betrachtung des Krieges als "Verteidigungskrieg" oder "Präventivkrieg" nach dem Vorbild Friedrichs II., der im Sommer 1756 einem gemeinsamen Angriff Frankreichs, Österreichs und Rußlands zuvorkam und damit offiziell als "Agressor" bezeichnet werden konnte und wurde.
und die reine Definition, ZUSTIMMUNG

Einen Angriffskrieg im Kontext,
ZitatDie deutsche Regierung wollte den Krieg und machte alles, um ihn auszulösen, weil sie meinten, dass sie von dem Krieg profitieren würde, z.B. durch die Eroberung der Industriegebiete in Frankreich, "Lebensraum im Osten", mehr Kolonien etc.
Ein ganz klares NEIN.

Mein Bizarr bezog sich auf den letzten Kontext.

@ Delc.

ZitatEs ist es wert, auch hier einmal hineinzulesen:

https://archive.org/stream/diedeutschendoku03germ#page/40/mode/1up

Es scheint, alle entscheidenden Parteien waren schlicht von der Geschwindigkeit der Entwicklung in einer bestenfalls als überspannt zu bezeichnenden Lage überfordert.

Wenn Wilhelm II und der Zar sich Telegramme austauschen, die sie mit "Nicki" und "Willi" signieren und in denen der ernsthafte Wille nach einer Lösung zu streben dokumentiert ist, und es dann doch nicht gegen ihre Kriegsparteien schaffen...

Absolut richtig, aber die Beschleunigung ging absolut von Russlands Mobilisierung (militärische Drohung gegen Österreich Ungarn und des Kaiserreichs, ohne selber auch nur im geringsten militärisch bedroht zu sein) aus, deshalb sind dort für mich auch die Hauptverantwortlichen zu suchen.
Viele Grüße

Carsten

maxim

#77
Nur ein paar Punkte (die zahlreichen Maßnahmen, mit denen sich die deutsche Regierung in den Jahrzehnten davor selbst isoliert und zur Blockbildung beigetragen hat, sollten ja bekannt sein):

1.) deutsche Diplomaten vor Ort wollten Österreich erst Zurückhaltung drängen, was der einzige logische Schritt war, um einen Eskalation zu vermeiden, sie wurden aber von Regierung und Kaiser gestoppt, die Österreich a) einen Blankoscheck gaben und b) zumindest teilweise zu einer härteren Reaktion rieten. Willi II änderte erst seine Meinung, als ihm klar wurde, dass dies auf einen Krieg hinauslief - aber seine entsprechenden Bemühungen (von Willi II halte ich trotzdem überhaupt nichts) wurden von Bethmann Hollweg ignoriert bzw. torpediert (und kamen sowieso sehr, sehr spät)

2.) die russische Mobilmachung war gegen Österreich gerichtet und erfolgte erst nach der Kriegserklärung Österreichs an Serbien. Es war bei dem damaligen Bündnissystem sehr klar, dass diese Kriegserklärung die Gefahr eines europäischen Kriegs barg, da Russland entsprechende Garantieren für Serbien wiederholt abgegeben hatte - womit wir wieder bei Punkt 1.) und dem Blankoscheck wären. Die russische Mobilmachung war eigentlich als Teilmobilmachung geplant, was aber aus organisatorischen Gründen in eine Generalmobilmachung geändert wurde. Natürlich waren den Russen klar, dass es im Falle eines Kriegs gegen Österreich auch einen Krieg gegen Deutschland geben würde. Die entsprechenden Bündnisse waren ja bekannt.

3.) statt darauf deeskalierend zu reagieren (wie in der letzten Balkankrise) hat die deutsche Regierung beschlossen als Reaktion auf die Mobilmachung einen Angriffskrieg gemäß dem Schlieffenplan zu starten - gegen Frankreich und die neutralen Staaten Belgien und Luxemburg (und nicht gegen Russland, auch wenn Russland erst der Krieg erklärt wurde!).

4.) wenn man darauf hinweist, dass Deutschland eingekreist war und andere Staaten einen höheren Militärhaushalt hatten, müsste man diese Reaktionen der deutschen Regierung eigentlich als komplett verrückt und realitätsfern kennzeichnen. Das Ergebnis des Kriegs bestätigt auf jeden Fall nicht die, die diese Politik verteidigen, da neben Millionen von Toten das Ergebnis bekanntlich war, dass Deutschland den Krieg militärisch verloren hat - auch wenn es den dafür Verantwortlichen leider gelang, die Niederlage den Demokraten in die Schuhe zu schieben - und für die Waffenstillstandsbedingungen (den Hindenburg und Ludendorff gefordert hatten!) wurden auch gleich noch die Demokraten verantwortlich gemacht, von denen darauf viele von Leuten aus dem Umfeld Ludendorffs ermordet wurden.

Wie erklärt man also die deutsche Politik, die alles machte, um die Krise zu eskalieren und die den europäischen Krieg mit ihren Angriffen gemeinsam mit dem Angriff Österreichs auf Serbien begann? Mit Überförderung?! Unterschätzung der Lage?! Wie kann man davon ausgehen, dass die Lage falsch eingeschätzt haben, wenn sie bewusst sich dazu entschieden haben, gegen Frankreich und Russland einen Krieg zu beginnen? Weil sie meinten, dass Großbritannien neutral bleiben würde? Wohl kaum. Die deutschen Generäle hielten Großbritannien für irrelevant und dachten, dass sie den Krieg gewinnen würden, bevor Großbritannien eingreifen könnte.

Selbst wenn man mit Recht darauf hinweist, dass es in anderen Staaten auch Kriegsparteien gab, sieht man doch keinerlei Bemühungen der damaligen deutschen Regierung einen Krieg zu verhindern. Stattdessen wurde auf die russische Mobilisierung mit einem Angriffskrieg reagiert. Wieso? Weil das alles friedliebende Leute waren? Oder weil dies Leute waren, die der Meinung waren, dass man die Machtverhältnisse in Europa militärisch regeln sollte - und natürlich dies machten, weil sie der Meinung waren, dass sie davon profitieren würden? Und schon lange eben nicht mehr gesättigt waren, sondern weiter expandieren wollten?

Matrose71

#78
Salve,

Zitat1.) deutsche Diplomaten vor Ort wollten Österreich erst Zurückhaltung drängen, was der einzige logische Schritt war, um einen Eskalation zu vermeiden, sie wurden aber von Regierung und Kaiser gestoppt, die Österreich a) einen Blankoscheck gaben und b) zumindest teilweise zu einer härteren Reaktion rieten. Willi II änderte erst seine Meinung, als ihm klar wurde, dass dies auf einen Krieg hinauslief - aber seine entsprechenden Bemühungen (von Willi II halte ich trotzdem überhaupt nichts) wurden von Bethmann Hollweg ignoriert bzw. torpediert (und kamen sowieso sehr, sehr spät)

1. Der Blankocheck bezog sich auf einen lokalen Krieg.
2. War das nach der erneuten serbischen Provakotion (Mordanschlag auf den Thronfolger) und dem teilweisen Gesichtsverlust den Österreich Ungarn in den Balkankriegen hinnehmen musste, mehr als verständlich.

Zitat2.) die russische Mobilmachung war gegen Österreich gerichtet und erfolgte erst nach der Kriegserklärung Österreichs an Serbien. Es war bei dem damaligen Bündnissystem sehr klar, dass diese Kriegserklärung die Gefahr eines europäischen Kriegs barg, da Russland entsprechende Garantieren für Serbien wiederholt abgegeben hatte - womit wir wieder bei Punkt 1.) und dem Blankoscheck wären. Die russische Mobilmachung war eigentlich als Teilmobilmachung geplant, was aber aus organisatorischen Gründen in eine Generalmobilmachung geändert wurde. Natürlich waren den Russen klar, dass es im Falle eines Kriegs gegen Österreich auch einen Krieg gegen Deutschland geben würde. Die entsprechenden Bündnisse waren ja bekannt.

Das ist schon wieder falsch! Die russische Mobilmachung erfolgte am 25.07.1914, eigenhändig geschrieben vom Zar in einem Telegramm an Wilhelm II, die Kriegserklärung Österreichs an Serbien erfolgte am 28.07.2014. Man sollte bei der Wahrheit bleiben.

Darüber hinaus erschließt sich mir nicht, welches Recht Russland hatte, sich in eine Angelegenheit zwischen Serbien und KuK einzumischen, die die Serben völlig alleine provoziert und zu verantworten hatten. Russland wurde in keinem Moment militärisch bedroht von den Mittelmächten, bedrohte aber weit vor einer Kriegserklärung (KuK an Serbien) sowohl Österreich Ungarn als auch das Kaiserreich militärisch. Dabei ist es ziemlich egal, in der damals angespannten Lage und den Bündnissystemen, ob die militärische Bedrohung des Kaiserreichs organisatorisch gewollt war oder nicht, sie fand mit der Mobilisierung der Grenzbezirke statt.
Desweiteren kann ich nicht nachvollziehen, dass dem politischen Panslawismus Russlands hier völlig das Wort geredet wird, aber Österreich Ungarn abgesprochen wird, auf einen Mordanschlag seines Thronfolgers entsprechend zu reagieren.

Zitat3.) statt darauf deeskalierend zu reagieren (wie in der letzten Balkankrise) hat die deutsche Regierung beschlossen als Reaktion auf die Mobilmachung einen Angriffskrieg gemäß dem Schlieffenplan zu starten - gegen Frankreich und die neutralen Staaten Belgien und Luxemburg (und nicht gegen Russland, auch wenn Russland erst der Krieg erklärt wurde!).

Für mich ist dieser Absatz eine glatte Lüge, da man mehrfach vor allen dingen Russland und auch später Frankreich gebeten hat mit der Mobilisierung aufzuhören!

Zitat4.) wenn man darauf hinweist, dass Deutschland eingekreist war und andere Staaten einen höheren Militärhaushalt hatten, müsste man diese Reaktionen der deutschen Regierung eigentlich als komplett verrückt und realitätsfern kennzeichnen. Das Ergebnis des Kriegs bestätigt auf jeden Fall nicht die, die diese Politik verteidigen, da neben Millionen von Toten das Ergebnis bekanntlich war, dass Deutschland den Krieg militärisch verloren hat - auch wenn es den dafür Verantwortlichen leider gelang, die Niederlage den Demokraten in die Schuhe zu schieben - und für die Waffenstillstandsbedingungen (den Hindenburg und Ludendorff gefordert hatten!) wurden auch gleich noch die Demokraten verantwortlich gemacht, viele wurden von Leuten aus dem Umfeld Ludendorffs ermordet.

Der Absatz stimmt soweit, allerdings verteidige ich nicht die deutsche Politik, sondern trete den Behauptungen entgegen, dass die Politiker oder die Politik des Kaiserreichs einen Angriffskrieg in Europa geplant hat, um sich dadurch expansiv Vorteile in Europa zu Verschaffen. Das ist für mich Geschichtsfälschung!

ZitatWie erklärt man also die deutsche Politik, die alles machte, um die Krise zu eskalieren und die den europäischen Krieg mit ihren Angriffen gemeinsam mit dem Angriff Österreichs auf Serbien begann?

Dieser Satz ist für mich echter Schwachsinn! Das Kaiserreich und Österreich Ungarn wurden von Russland mit der Unterstützung von Frankreich militärisch bedroht (Volle Mobilmachung), ohne diese jemals militärisch bedroht zu haben. Es wurde mehrmals gebeten diese Mobilmachung zu stoppen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Sasanows Aussage dazu war, Russland könnte die Mobilmachung nicht stoppen, da das Leben des Zaren in Gefahr ist, was für ein Witz.
Und du stellst so einen Absatz in den Raum.....

ZitatSelbst wenn man mit Recht darauf hinweist, dass es in anderen Staaten auch Kriegsparteien gab, sieht man doch keinerlei Bemühungen der damaligen deutschen Regierung einen Krieg zu verhindern. Stattdessen wurde auf die russische Mobilisierung mit einem Angriffskrieg reagiert. Wieso? Weil das alles friedliebende Leute waren? Oder weil dies Leute waren, die der Meinung waren, dass man die Machtverhältnisse in Europa militärisch regeln sollte - und natürlich dies machten, weil sie der Meinung waren, dass sie davon profitieren würden? Und schon lange eben nicht mehr gesättigt waren, sondern weiter expandieren wollten?

Es gab von keinem  Staat aus wirkliche Bemühungen (unter Inkaufnahme eines Gesichtsverlusts)den Krieg zu stoppen! Damit befand sich das Kaiserreich in bester Gesellschaft mit Russland, Frankreich, GB und Österreich Ungarn. Allerdings ging die eindeutige und fortlaufende militärische Provokation von der russischen Mobilmachung gegenüber dem Kaissereich und Österreich Ungarn aus, ohne jemals militärisch bedroht worden zu sein!
Viele Grüße

Carsten

maxim

#79
Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
1. Der Blankocheck bezog sich auf einen lokalen Krieg.
Die Annahme, dass dies ein lokaler Krieg angesichts der bekannten Bündnisse bleiben könne, kann nun wirklich niemand gehabt haben. Wenn sie jemand hatte, dann kann man nur sagen, dass diese Person peinlich war.

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Das ist schon wieder falsch! Die russische Mobilmachung erfolgte am 25.07.1914
?? Überall, wo ich nachschaue, finde ich 28.-31. Juli.

Z.B.
ZitatOn July 28, 1914, Tsar Nicholas II of Russia (William's cousin) ordered partial mobilization against Austria-Hungary only. While war with Austria-Hungary seemed inevitable, Nicholas engaged in a personal dialogue with the German Emperor in an attempt to avoid war with Germany. However, Nicholas was advised that attempts to improvise a partial mobilization would lead to chaos and probable defeat if, as pessimists on the Russian side expected, no amount of diplomacy could convince the Germans to refrain from attacking Russia whilst she was engaged with Germany's ally. On July 29, 1914, the Tsar ordered full mobilization, then changed his mind after receiving a telegram from Kaiser Wilhelm. Partial mobilization was ordered instead.

The next day, the Tsar's foreign minister, Sergey Sazonov once more persuaded Nicholas of the need for general mobilization, and the order was issued that day, July 30. In response, Germany declared war on Russia.
https://en.wikipedia.org/wiki/Mobilization#Mobilization_in_World_War_I

Zitat29. Juli: Russische Teilmobilmachung
31. Juli: Russische Generalmobilmachung
https://de.wikipedia.org/wiki/Julikrise

ZitatAls Russland am 30. Juli mobil machte, reagierte das Deutsche Reich mit scharf formulierten Ultimaten zur Einstellung dieser Maßnahmen an Russland sowie zur Erklärung der Neutralität in einem deutsch-russischen Krieg an Frankreich, auf deren Nichtbeantwortung am 1. bzw. am 3. August Kriegserklärungen an die Entente-Mächte folgten.
http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/ersterweltkrieg/155302/ausloesung-und-beginn-des-krieges

Ultimamaten sind nun wirklich keine Bitte...

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Darüber hinaus erschließt sich mir nicht, welches Recht Russland hatte, sich in eine Angelegenheit zwischen Serbien und KuK einzumischen
Das damalige Bündnissystem war klar. Wer meinte, dass das eine Angelegenheit zwischen diesen beiden Staaten bleiben würde, hatte die Jahrzehnte davor nicht mitbekommen. Es ist vollkommen unwahrscheinlich, dass eine nennenswerte Zahl von Spitzenpolitikern in den beteiligten Staaten diese Annahme hatte.

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Desweiteren kann ich nicht nachvollziehen, dass dem politischen Panslawismus Russlands hier völlig das Wort geredet wird, aber Österreich Ungarn abgesprochen wird, auf einen Mordanschlag seines Thronfolgers entsprechend zu reagieren.
Wenn man meint, dass man auf einen Mord nur mit dem Auslösen eines europäischen Kriegs reagieren kann, dann finde ich das ehrlich gesagt eine sehr gefährliche Einstellung! Das Ergebnis waren fast 10 Millionen Tote!

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Für mich ist dieser Absatz eine glatte Lüge, da man mehrfach vor allen dingen Russland und auch später Frankreich gebeten hat mit der Mobilisierung aufzuhören!
Wer hat dies wann gemacht?

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Das Kaiserreich und Österreich Ungarn wurden von Russland mit der Unterstützung von Frankreich militärisch bedroht (Volle Mobilmachung), ohne diese jemals militärisch bedroht zu haben.
Österreich-Ungarn hatte Serbien den Krieg erklärt - wobei vollkommen klar war, dass Russland Serbien Garantien gegeben hatte. Man kann die russische Reaktion mit Recht kritisieren - aber überraschend hätte sie niemanden sollen.

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Es gab von keinem  Staat aus wirkliche Bemühungen (unter Inkaufnahme eines Gesichtsverlusts)den Krieg zu stoppen! Damit befand sich das Kaiserreich in bester Gesellschaft mit Russland, Frankreich, GB und Österreich Ungarn.
Mit einem entscheidenden Unterschied: es war Deutschland, dass den Krieg mit dem Angriff auf Frankreich begonnen hatte (nachdem es schon Russland zuvor den Krieg erklärt hatte).

Zitat von: Matrose71 am 05 Januar 2016, 21:56:21
Allerdings ging die eindeutige und fortlaufende militärische Provokation von der russischen Mobilmachung gegenüber dem Kaissereich und Österreich Ungarn aus, ohne jemals militärisch bedroht worden zu sein!
Eine Mobilmachung ist nun mal kein Kriegsbeginn und es gab - wie Du ja schon selbst geschrieben hattest!!!! - auch in früheren Krisen russische Mobilmachungen. Und auf diese wurde nicht mit einem Angriffskrieg reagiert, sondern mit diplomatischen Bemühungen die Krise zu entschärfen. Im Falle des Ersten Weltkriegs war die direkte Reaktion der deutschen Regierung das Auslösen des Schlieffen-Plans - und das bewusste Ignorieren und Torpedieren von Versuchen wie denen von Willi II noch irgendetwas zu retten.

Krinor62

Bei der ganzen Diskussion um die Verantwortung für den Ausbruch des 1ten Weltkrieges, der von Deutschland begonnen wurde, geht es letztendlich doch immer um die Kriegsschuld. Dazu ist es interessant festzustellen, dass:

Zitat aus Wikipedia "Kriegsschuld wurde bis 1914 kaum öffentlich diskutiert und nicht in Friedensverträgen festgeschrieben. Das seit dem Westfälischen Frieden übliche Tabula-rasa-Prinzip schloss die Prüfung der Kriegsgründe und Strafverfolgung der Besiegten aus (Oblivionsklausel). Erst seit dem Ersten Weltkrieg wurde eine Kriegsschuldfrage politisch akut. Seine Opfer und die durch ihn verursachten Schäden übertrafen diejenigen früherer europäischer Nationalkriege bei weitem. Zuvor kodifiziertes Kriegsvölkerrecht wie die Haager Landkriegsordnung, das primär die Kriegführung normierte, blieb weitgehend unwirksam".

Die Kriegsschuldfrage war für die Alliierten nach dem Krieg sehr wichtig. Durch die Festschreibung der alleinigen Kriegsschuld von Deutschland wurde der Weg für die Reparationszahlungen geebnet, wobei die Siegermächte unterschiedliche Ziele verfolgten:

Zitat aus Wikipedia

"Die USA unter Präsident Thomas Woodrow Wilson wollten Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus, und eine stabile Situation in Europa (siehe: 14-Punkte-Programm). Sie waren aber auch an einer Rückzahlung der Kriegskredite, die sie den Europäern (England, Frankreich, Italien) gewährt hatten, interessiert. In den USA wurde der Vertrag von Versailles kritisiert. Da der Großteil der Reparationen als Rückzahlung von Kriegskrediten letztendlich in die USA floss, hatten sie den größten Einfluss auf die Entwicklung der Zahlungen" "Die Position der USA und der Versailler Vertrag wurden (zum Beispiel von John Maynard Keynes) kritisiert, da es keine Regelungen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas gab. Großbritannien unter Premierminister David Lloyd George hatte eine ähnliche Position. Es wollte Deutschland als Schutz gegen den Kommunismus, ein europäisches Mächtegleichgewicht und brauchte die Reparationen, um die Kredite an die USA zurückzahlen zu können. Der Versailler Vertrag wurde in Großbritannien abgelehnt. Es beteiligte sich nicht an der Ruhrbesetzung, sondern verurteilte sie als Vertragsbruch"

"Frankreich unter Ministerpräsident Raymond Poincaré war primär an einer Schwächung Deutschlands und einer Stärkung der eigenen Position in Europa interessiert; es erhob hohe Forderungen und plädierte für hartes Durchgreifen. Frankreich wollte auch die Kontrolle über die Industriegebiete im Westen Deutschlands. Seit dem Deutsch-Französischen Krieg herrschte in Frankreich – aus Frustration über die (schnelle) Niederlage – ein Revanchismus; auch die gezahlten fünf Milliarden Francs (= 1.450 Tonnen Feingold) waren nicht vergessen"

Viele Grüße

Krinor



Sven L.

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


_________________________________
Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

maxim

Wobei mir es keineswegs um Kriegsschuld geht, sondern um Verantwortung. Und da auch nicht um Alleinverantwortung oder Hauptverantwortung, sondern einfach nur Verantwortung. Und leider wurde NIEMAND der damaligen Verantwortlichen je zu Verantwortung gezogen. Und das gilt auch für sämtliche Verantwortlichen in Deutschland!

Aber viel wichtiger ist, dass man aus der Geschichte lernen sollte. Das Ausreden suchen, um die Verantwortung einzelner klein zu reden, ist da meiner Meinung nach ein ebenso negatives Zeichen für die HEUTIGEN politischen Vorstellungen einer Person, wie die Aussagen, dass damals so etwas halt normal gewesen wäre oder man nicht anderes hätte handeln können. Das bedeutet leider alles, dass wenn es nach diesen Person ginge, ein Mord an einem einzelnen wieder in 10 Millionen Toten enden könnte. Und das kann man nach normalen Maßstäben eigentlich nur als katastrophales Ergebnis einer komplett verfehlten Politik bewerten.

Und eine kleine Anmerkung: wenn ich Brite wäre, würde ich die Verantwortung der damaligen britischen Entscheidungsträger betonen. Wenn ich Franzose wäre, dass der damaligen französischen Entscheidungsträger usw. Man sollte anfangen vor der eigenen Türe zu kehren - im Vergleich dazu ist es verdammt einfach, auf andere zu zeigen und von denen etwas zu fordern!

Matrose71

Salve,

habe ich gerade ausgegraben und stelle es mal hier rein.

http://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/erster-weltkrieg/erster-weltkrieg-frankreich-und-der-ausbruch-des-ersten-weltkrieges-grande-nation-mit-grosser-schuld_id_6208851.html

Sehr sehr interessant.

Hat Jemand zufällig den original Aufsatz aus der Historischen Zeitschrift, wo der Aufsatz publiziert wurde?
Viele Grüße

Carsten

maxim

Das wirkt aber durchaus sehr ähnlich zu dem, was Clark geschrieben hat - vielleicht nur mit einer anderen Gewichtung. "Ludwig ist heute zu Unrecht völlig aus dem Gedächtnis verschwunden." mag vielleicht für den Historiker gelten, aber keineswegs für die Rolle französischen Regierung.

Wer sich genau mit dem Thema beschäftigt, wird KEINE unschuldige Regierung finden, wenn es um die Staaten geht, die seit dem August 1914 am Krieg beteiligt waren - mit dem wahrscheinlichen Ausnahme Belgiens.

Allgemein gilt: man sollte vor der eigenen Tür kehren. Ansonsten wird es sehr schnell ein Versuch, Leute reinzuwaschen, die das NULL verdienen. Das ist übrigens keine Kritik an diesem Artikel ;)

Den Artikel findet man hier:
https://www.degruyter.com/view/j/hzhz.2016.303.issue-2/hzhz-2016-0381/hzhz-2016-0381.xml?format=INT

Man braucht übrigens nur die Zusammenfassung zu lesen, um festzustellen, dass Poincarés Plan offensichtlich nicht funktioniert hat und auch nie zum Krieg geführt hätte, wenn die deutsche Regierung nicht selbst alles getan hätte, um den Kriegs auszulösen - statt alles zu tun, um zu verhindern (was die einzige logische Politik gewesen wäre).

#85
Zitat von: maxim am 05 Januar 2016, 21:18:262.) die russische Mobilmachung war gegen Österreich gerichtet und erfolgte erst nach der Kriegserklärung Österreichs an Serbien. Es war bei dem damaligen Bündnissystem sehr klar, dass diese Kriegserklärung die Gefahr eines europäischen Kriegs barg, da Russland entsprechende Garantieren für Serbien wiederholt abgegeben hatte - womit wir wieder bei Punkt 1.) und dem Blankoscheck wären. Die russische Mobilmachung war eigentlich als Teilmobilmachung geplant, was aber aus organisatorischen Gründen in eine Generalmobilmachung geändert wurde. Natürlich waren den Russen klar, dass es im Falle eines Kriegs gegen Österreich auch einen Krieg gegen Deutschland geben würde. Die entsprechenden Bündnisse waren ja bekannt.

3.) statt darauf deeskalierend zu reagirene (wie in der letzten Balkankrise) hat die deutsche Regierung beschlossen als Reaktion auf die Mobilmachung einen Angriffskrieg gemäß dem Schlieffenplan zu starten - gegen Frankreich und die neutralen Staaten Belgien und Luxemburg (und nicht gegen Russland, auch wenn Russland erst der Krieg erklärt wurde!).

Ja, ja die »organisatorischen Gründe«....

Lohnt eine Antwort nicht, dieses Geschreibsel, denn wenn man ausblendet (oder nicht weiß) in was für eine brandgefährliche Lage die russische Generalmobilmachung das Deutsche Reich brachte - und in welchen Zugzwang es dadurch gesetzt wurde, hat nicht verstanden oder will nicht verstehen, in welch militärisch unterlegener und dadurch unhaltbarer Lage es sich befand.

Ein naives Abwarten (Gutmenschendeutsch: »darauf deeskalierend zu reagieren«) wäre der Wunschtraum der Entente-Kriegstreiber gewesen, denn ein Deutsches Reich mit der voll mobilgemachten und kriegsbereiten französichen Armee an der Westgrenze und der voll aufmarschierten, mobilgemachten und kriegsbereiten russischen Armee an der Ostgrenze hatte einen solchen Krieg von vornherein verloren, eine sinnvolle und aussichtsreiche Verteidigung des Reichsgebietes war bei der herrschenden Kräfteunterlegenheit nicht möglich.

Und natürlich kein Wort davon, daß die Kriegsbrandstifter und Hintermänner der Attentäter von Sarajewo vom serbischen Geheimdienst Kontakte in die russische Botschaft in Belgrad hatten. Wäre von denen ja auch reichlich selbstmörderisch gewesen, ein Attentat auf den Thronfolger einer europäischen Großmacht zu planen und anzustiften, ohne sich vorher der Rückendeckung der eigenen Schutzmacht zu versichern.

Und auch nur ein "Zufall", daß die Protokolle der Unterredungen von Poincaré mit der Regierung des Zaren Ende Juli 1914 in St. Petersburg "verschwunden" sind (nach dessen Abreise erfolgte bekanntlich die russische Generalmobilmachung - aus »organisatorischen Gründen«) - ebenso wie die britischen Kabinettsprotokolle von 1910 bis März/April 1915. Zufälle über Zufälle. Churchill hatte bekanntlich schon Anfang 1913 gegenüber dem Chef der Cunard-Reederei den bevorstehenden Krieg gegen Deutschland angekündigt.

Interessante Ausführungen des ehem. Präsidenten des thüringischen Landesamts für Verfassungsschutz, wahrscheinlich wird er nun bald selbst von seinen ehemaligen "Kollegen" beobachtet:
https://www.youtube.com/watch?v=Fq4-jWIy4ng

PS: Würde mich mal interessieren, was die hiesigen Experten über die von Roewer erwähnten angeblichen U-Boot-Patente der Electric Boat Company zu sagen haben - stimmt das oder ist das Blödsinn?
»Some foreign navies were interested in John Holland's latest submarine designs, and so purchased the rights to build them under licensing contracts through the Electric Boat Company; these included Great Britain's Royal Navy, Japan's Imperial Japanese Navy, Russia's Imperial Russian Navy, and the Netherlands' Royal Netherlands Navy«.
https://en.wikipedia.org/wiki/General_Dynamics_Electric_Boat

Von der Kaiserlichen Marine wird im obigen wikipedia-Artikel nichts geschrieben.

maxim

Es ist interessant was du als naiv bezeichnest. Die Politik, die du als alternativlos verteidigst, hat 17 Millionen Tote (davon 2 Millionen deutsche Soldaten), etwa eine Billion direkte Kosten (davon etwa 200 Milliarden in Deutschland) und  etwa 20 - 70 Milliarden als Reparationen, die Deutschland zahlen musste, nach dem Krieg als Folge.

Selbst wenn du recht hättest, müsstest dir zumindest auffallen, dass das Ergebnis ein komplettes Scheitern war. Ein Desaster, eine Katastrophe. Wenn man da nur anderen die Schuld gibt, verhindert man, dass man irgendetwas lernt - und steuert nur blind in das nächste Desaster.

Das "Arschlochmenschentum" hat im 20. Jahrhundert schon viel zu viele Katastrophen verursacht. Da hilft es nicht auf andere zu verweisen - die die gleiche Politik gemacht haben. Etwas mehr Reflektieren und weniger Schwarz/Weiß-Denken wäre da angebracht. "Böse Ausländer und gute Deutsche" ist genauso strunzdumm wie "böse Deutsche und gute Ausländer."

Ich hatte mit der Argumentation ("organisatorischen Gründe") oben keineswegs Russland verteidigt - sondern den blinden Automatismus der deutschen Regierung kritisiert, die sich eine katastrophale Lage manövriert hatte (nicht erst 1914!!!!) und dann nur noch einen Plan hatte - und der hat nun mal nicht funktioniert, sondern ein Desaster verursacht.

Es sollte doch klar sein, dass von dem Auslösen des Schlieffenplans Deutschland kein Stück profitiert hat, sondern eine massive Niederlage verursacht hat - oder anderes gesagt: die Umsetzung des Schlieffenplans hat die Träume von Poincaré realisiert.

Matrose71

#87
Zitat von: maxim am 06 Januar 2017, 20:38:00
Es ist interessant was du als naiv bezeichnest. Die Politik, die du als alternativlos verteidigst, hat 17 Millionen Tote (davon 2 Millionen deutsche Soldaten), etwa eine Billion direkte Kosten (davon etwa 200 Milliarden in Deutschland) und  etwa 20 - 70 Milliarden als Reparationen, die Deutschland zahlen musste, nach dem Krieg als Folge.

Selbst wenn du recht hättest, müsstest dir zumindest auffallen, dass das Ergebnis ein komplettes Scheitern war. Ein Desaster, eine Katastrophe. Wenn man da nur anderen die Schuld gibt, verhindert man, dass man irgendetwas lernt - und steuert nur blind in das nächste Desaster.

Das "Arschlochmenschentum" hat im 20. Jahrhundert schon viel zu viele Katastrophen verursacht. Da hilft es nicht auf andere zu verweisen - die die gleiche Politik gemacht haben. Etwas mehr Reflektieren und weniger Schwarz/Weiß-Denken wäre da angebracht. "Böse Ausländer und gute Deutsche" ist genauso strunzdumm wie "böse Deutsche und gute Ausländer."

Ich hatte mit der Argumentation ("organisatorischen Gründe") oben keineswegs Russland verteidigt - sondern den blinden Automatismus der deutschen Regierung kritisiert, die sich eine katastrophale Lage manövriert hatte (nicht erst 1914!!!!) und dann nur noch einen Plan hatte - und der hat nun mal nicht funktioniert, sondern ein Desaster verursacht.

Es sollte doch klar sein, dass von dem Auslösen des Schlieffenplans Deutschland kein Stück profitiert hat, sondern eine massive Niederlage verursacht hat - oder anderes gesagt: die Umsetzung des Schlieffenplans hat die Träume von Poincaré realisiert.

Ich hätte ja nicht gedacht, dass wir beide mal teilweise einer Meinung sind!
Die einseitige Fixierung auf den Schliefenplan begründet eine hohe Mitverantwortung des Kaiserreichs am Ausbruch des WWI.
Es verengte massiv die politischen Spielräume, ein Ostaufmarschplan hätte 1914 geholfen, auf die einseitige Mobilisierung der Russen zu reagieren und ich bin absolut der gegenteiligen militärischen Meinung von Götz v. B., dass Kaiserreich wäre in der Lage gewesen im Westen an seinen Grenzen einfach zu HALTEN und im Osten jeder Agression zu begegnen, was gleichzeitig noch die Österreicher vor der vernichtenden Niederlage um Lemberg bewahrt hätte.

Bethmann Hollwegs Politik war seit seiner Amtseinführung nicht agressiv, deshalb ist der Verweis auf Poincaré mehr als gerechtfertigt, die deutschen Militärs haben mit ihrer einseitigen Fixierung auf den Schliefenplan einfach ihren Job nicht gemacht und versagt, sowohl militärisch als auch politisch, da beißt auch die Maus keinen Faden ab.
Trotzdem trägt das Kaiserreich nicht die alleinige oder Hauptverantwortung für den Kriegsausbruch 1914, dazu waren viel zu viele nicht deutsche Akteure im Spiel, die unbedingt den Krieg haben wollten.
Viele Grüße

Carsten

Matrose71

ZitatMan braucht übrigens nur die Zusammenfassung zu lesen, um festzustellen, dass Poincarés Plan offensichtlich nicht funktioniert hat und auch nie zum Krieg geführt hätte, wenn die deutsche Regierung nicht selbst alles getan hätte, um den Kriegs auszulösen - statt alles zu tun, um zu verhindern (was die einzige logische Politik gewesen wäre).

Das ist halt m.M. nach Blödsinn, man hat seinen einzigen Verbündeten nicht im Stich lassen wollen, den man schon 1912/13 kräftig auf die Füße getreten ist.
Der Panslawismus brauchte ein eindeutiges STOP Signal nach dem Mord am Thronfolger und Russland hatte auf dem Balkan nichts zu suchen, deshalb war das Pokerspiel bis zu einem gewissen Grad gerechtfertigt, um Serbien massiv in einem lokalen Krieg zu bestrafen und Russland in die Schranken zu weisen, sonst wäre das immer weiter gegangen.

Den Panslawismus Russlands und Serbiens, kann man auch durchaus als Terror bezeichnen!
Viele Grüße

Carsten

maxim

Das Stoppsignal hat ja toll funktioniert und war es sicher wert, so viele Menschen zu opfern, eine solche Niederlage zu kassieren, eine solche Katastrophe auszulösen!?

Der Panslawismus selbst war nicht Terror, sondern bestimmte, sicher einflussreiche panslawistische Gruppen benutzten Terror. Aber Terror ist nun mal eine Form von Verbrechen, eine besonders brutale Form von politischer Symbolpolitik. Aber eben nur Symbolpolitik, die direkt alleine überhaupt nichts erreicht, weil ihre Mittel viel zu gering sind! Eine solche Politik ist darauf angewiesen, dass andere die Situation eskalieren und für sie ihre Ziele umsetzen. Darauf mit Krieg zu reagieren ist für sich gesehen schon mal unangebracht und spielt erneut nur denen in die Hände, die solche Politik machen (siehe auch was mit Afghanistan und Irak nach dem 11.9. passiert ist).

Das Ergebnis war auf jeden Fall, dass Jugoslawien unter serbischer Führung gegründet wurde - also haben diese ihr Ziel erreicht hatten. Wie eben auch Poincaré...

Der Fehler war eben schon, dass die deutschen Regierungen ab dem späten Bismarck Deutschland zunehmend isoliert hat und kräftig an der Blockbildung und Eskalation mitgewirkt hat - und damit nun mal eine Reihe von Katastrophen mitzuverantworten haben, u.a. den Ersten Weltkrieg und die damit verursachte Niederlage und deren Folgen. Es wäre offensichtlich besser gewesen, "dem Verbündeten auf die Füße zu treten", als einen Weltkrieg anzufangen! Und diesen hat man - nicht überraschend - auch verloren und damit eben nichts von dem erreicht, was man deiner Ansicht nach hätte verhindern sollen...

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