Verhältnis Lothar Günter Buchheim - Lehmann-Willenbrock

Begonnen von Taucherin, 05 Oktober 2013, 15:25:40

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wirbelwind

Hallo,
die Äußerungen Mertens, die hier zitiert werden. klingen zu diesem Zeitpunkt noch recht milde.
Später, in ,,So war es nicht" holzt Merten ganz anders gegen LGB. Doch im Zusammenhang damit war wohl nach meiner Kenntnis wenig zur Verteidigung von LGB durch Lehmann-Willenbrock zu hören. Auch mir ist nicht bekannt, auf was sich diese Freundschaft gründete. Hing es eventuell mit der schweren Kindheit von Lehmann-Willenbrock zusammen oder das sich dieser faktisch hochgearbeitet hat :? Vielleicht kann ja das Forum helfen.
MfG Rüdiger

herb

LGB und seine Bücher
Ich hatte das Glück, zwei ehemalige U-Bootfahrer zu kennen. Einer, Kollege, war Tiefenrudergänger auf U952. Er Überlebte, weil das Boot im Hafen von Toulon gebombt wurde. Der Andere, ein Modellbauklubkamerad, diente auf U1208 als Zentralemaat und überlebte, weil er vor dem Totalverlust des Bootes ins Lazarett kam. Beide haben,- ohne unter Einfluss einer ,,Kameradschaft" zu stehen zugegeben, dass die Szenen im Roman und Film ,,Das Boot" realiv realitätsnah sind.
Die Kontroverse zwischen den alten Kameraden um Merten und LGB liegen m.E. darin begründet, dass sie nicht begriffen haben, dass es sich bei ,,Das Boot" und ,,Die Festung" um ROMANE und nicht um Reportagen handelt. Ein Roman erlaubt aus dramaturgischen Gründen Abweichungen von Tatsachen. Das wird von den alten Kameraden nicht erkannt. Ebenso wird nicht erkannt, dass gerade ,,Das Boot" von LGB das Ansehen der U-Bootwaffe im Ausland erheblich und positiv korrigiert hat!
Davon abgesehen ist folgendes zu bemerken:
Wer ,,Das Boot" und ,,Die Festung" gelesen hat, sollte unbedingt noch folgende Werke lesen:
Ott: ,,Haie und kleine Fische" - Roman
Herbert A. Werner ,,Die eisernen Särge" - Erlebnisbericht
Bei sorgfältiger Lektüre wird man erkennen, dass LGB Szenen aus diesen beiden Werken in nur wenig veränderter Form in seine Bücher eingebaut hat. (Was die Qualität von LGB`s Bücher nicht aber nicht schmälern muss).
Sein photografisches Vermächtnis über den U-Bootkrieg ist in jeden Fall beispielhaft. Hier können ihm die ,,kameradschaftsnahen" ehemaligen Kriegsberichter in keiner Weise das Wasser reichen.
Sicher war es für LGB während seiner PK-Zeit schwierig, Gesprächspartner auf seiner intellektuellen Ebene zu finden. Vielleicht ist dies ein Schlüssel zu seinem Verhältnis zu HLW und auch später zu Topp.
LGB war auf Grund seiner eloquenten Persönlichkeitsstruktur stets (und teilweise zu Recht) umstritten. Das macht aber der Qualität seiner Publikationen keinen Abbruch. Als Beispiele mögen hierzu sein erstes Buch ,,Tage und Nächte steigen aus dem Strom"  (Faltbootfahrt auf der Donau zum Schwarzen Meer) oder die detaillierte Reportage ,,Luxusliner" (Atlantiküberquerung auf der QE2) dienen. (nur antiquarisch erhältlich)

herb

wirbelwind

Hallo,
vollkommen meiner Meinung, was  Herb und andere bereits im Thread zu den Büchern von LGB geschrieben haben. Es waren Bücher und keine Reportagen. Trotzdem spiegeln sie den U-Boot-Krieg wieder und den Kernaussagen schliesse ich mich an, ohne zu vergessen, dass auch LGB ein begnadeter Polarisierer war. Er konnte genauso zulangen, wie Merten und Co. Nur das eben Merten kein Schriftsteller war. 8-)
MfG Rüdiger

Karsten

Viele Grüße,

Karsten

Schorsch

Hallo zusammen,

ich bin soeben bei amazon über das --/>/> hier gestolpert. Vielleicht gibt es ja im neuen Jahr einige neue Infos für diesen Thread.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

suhren564

Hallo Schorsch,

du könntest ja dann mal eine allgemeine Einschätzung des Buches geben. Es klingt in der Beschreibung fast so, als ob der Autor sich am Vater "rächen" will.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

wirbelwind

Hallo,
für mich liest sich die Ankündigung ebenso, als ob der Sohn nicht nur ein Hühnchen mit seinem verstorbenen Vater noch zu rupfen hatte. Mal sehen, wie es geschrieben ist und was sich davon verifizieren läßt. Klar, LGB, war kein einfacher Mensch, konnte instrumentalisieren und polarisieren. Bin also gespannt, was das Buch hergibt.
MfG Wirbelwind

Taucherin

Ich habe mir das angesprochene Buch "Buchheim" gekauft und möchte eine kurze Rückmeldung darüber geben.

Meine (subjektive) Erwartungshaltung, mehr über die Kriegszeit Buchheims zu erfahren, wurde enttäuscht.

Der Schwerpunkt des Buches liegt eindeutig auf der Nachkriegszeit und der recht ausschweifenden Schilderung der Familiengeschichte der Mutter ("Simone") des Autors.

Für den marineinteressierten Hobbyhistoriker hingegen ist das Buch kaum zu verwerten.

Es gibt fünf bemerkenswerte, unveröffentlichte Bilder vom (sichtlich stolzem) PK-Mann Buchheim in schicker Leutnantsuniform. Das war es aber schon.

Die Kriegszeit umfasst leider nur knapp 50 von 350 Seiten und beruft sich nur auf Erzählungen und die veröffentlichten Bücher Buchheims. Irgendwelche neuen Informationen gibt es überhaupt nicht. Im Gegenteil werden historisch falsche Fakten integriert.

("Die Schlachtschiffe "Scharnhorst" und "Gneisenau" hatten von Brest aus immer wieder in die Atlantikschlacht eingegriffen...")

("eine Focker Wulf...")

Die Kapitel über die Kriegszeit überspringen teilweise komplette Jahre. (z.B. 1942 bis Mitte 1943). Die Schilderungen der FF mit U96 scheinen frei zugänglichen Quellen (KTB) entnommen zu sein.

Auch über die Flucht (siehe Festung) gibt es nur die Aussage, dass keinerlei Bilder existieren und der "Befreiungsversuch" von Simone wohl erlogen ist.

Leider konnte der nachgeborene Autor (1949) wohl überhaupt nicht auf schriftliche, unveröffentlichte Quellen Buchheims zurückgreifen.

Leider gibt es zum Verhältnis zu Lehmann - Willenbrock nur ganz kurze Andeutungen. Der Autor schreibt an zwei Stellen, dass Buchheim "keinerlei Freunde" (aufgrund seiner Wesenszüge) gehabt hat. Man findet nur die Aussage, dass Lehmann - Willenbrock ein Verhältnis mit "Simone" hatte und das Buchheim ihn im Rahmen der Vorarbeiten zur Veröffentlichung von "Das Boot" kontaktierte. Sonst keinerlei Informationen zu den beiden Protagonisten.

Sämtliche Aussagen des Autor erfolgen ohne genaue Quellennachweise.

Die (für mich) ganz wenigen oder bestätigten neuen Fakten zusammengefasst.

1.) "Simone" gab es wirklich. Ist Genevieve Milton, die Mutter des Autors.

2.) "Simone" hatte wohl wirklich ein Verhältnis mit Lehmann - Willenbrock.

3.) Die Aufenthalte in Feldafing (Die Festung) mit "Simone" haben wohl wirklich stattgefunden.

Wie gesagt, das Buch vermittelt einen guten Überblick über die fragwürdigen Charaktereigenschaften Buchheims und ist als Abrechnung des Sohnes mit dem Vater zu sehen. Die den hier lesenden Kreis sicher am meisten interessierenden Kriegserlebnisse, kommen (sicher am Mangel geeigneter Originalquellen) zu kurz.

t-geronimo

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Rheinmetall

Jap, Danke Taucherin.

Deine Ausführungen / Zusammenfassung hat mich wirklich auch was gebracht.
Fazit: Ich lese zunächst andere Bücher.  :-D

Beste Grüße,

Matze
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

wirbelwind

Hallo,
schade, es hätte ein interessantes Buch werden können. Nach den Schilderungen der Taucherin, danke auch von mir für die Zusammenfassung, hat es leider dafür nicht gereicht. LGB und der Leserschaft wäre es zu wünschen gewesen. Nun, ja, ich halte es auch erst einmal wie Matze und lese erst einmal andere Bücher.
MfG Wirbelwind

suhren564

Hallo Taucherin,

top :MG: und danke für deine Rezension.

War aber irgendwie zu erwarten daß Buchheim jun. recht wenige Details über die Kriegszeit schreiben würde, da es wahrscheinlich mehr um seine Erlebnisse/ Erfahrungen mit seinen Eltern ging.
Um genauere Fakten des Buches zu wissen, werde ich es erstmal selber lesen.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

AKeller

Hallo zusammen,

es gibt ein neues Buch, diesmal nicht von sondern über Buchheim: "Buchheim 100" - im Moment nur über sein Museum zu beziehen.
Es ist als Ausstellungskatalog gedacht, enthält aber auch eine Vielzahl von NEUEN Informationen und NEUEN Fotos.

Unter anderem das Verhältnis zwischen Buchheim und Lehmann-Willenbrock: das freundschaftlich gute Verhältnis besteht nach dem Krieg fort, beide tauschen Briefe und
besuchen sich. Buchheim fährt zum ersten Mal 1970 auf der Otto Hahn mit. Lehmann bekommt "Das Boot" zum Korrekturlesen. Beide sehen sich bei den Dreharbeiten
zum "Boot"-Film...

ABER: wie mit so Vielen hat es Buchheim auch geschafft, sich mit Lehmann-Willenbrock zu entzweien:
als 1985 seine sehr kritische U-Boot-Doku im Fernsehen lief, brachte fast zeitgleich Radio Bremen ein Interview mit Lehmann-Willenbrock. Der eine (Buchheim) polterte und schwadronierte über den U-Boot-Krieg, der andere (Lehmann) vertrat wie viele seiner Generation die Meinung, dass Krieg war und jeder seine Pflicht tat, ja sogar Ehrgeiz dabei war. Das erzürnte Buchheim derart, dass er einen Brandbrief an den Alten schrieb. Eine Antwort kam von seiner Frau, dass sie ihn in Ruhe lassen soll.
Das Verhältnis war beeendet...

Schorsch

#73
Hallo zusammen!

Nachdem die Post bei uns soeben ihre Runde gemacht hat, halte ich gerade den von AKeller empfohlenen Ausstellungskatalog in den Händen. Nach dem ersten, schnellen Durchblättern scheint es sich tatsächlich um ein Füllhorn an Informationen über Buchheim zu handeln. Ob allerdings das Ganze in eine Lobhudelei mündet, oder die Autoren auch kritischen Stimmen eine Chance gegeben haben, kann ich natürlich noch nicht sagen, aber ich freue mich schon auf die Lektüre der knapp 260 Seiten.

Vielen Dank für den Tipp!

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch

kleiner Nachklapp: Ich habe einige Zeit überlegt, woher ich den Namen Gerrit Reichert, der für die Recherche der Inhalte des Buches verantwortlich zeichnet, kenne. Jetzt ist es mir eingefallen: --/>/> Klick! Der richtig große Wurf war dieses Heft damals ja nicht. Schade, dass ich im Frühjahr dieses Jahres noch nicht wusste, dass er am 13.05.2018 in Bernried als Experte auftreten würde. Hätte wirklich interessant werden können...
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

wirbelwind

Hallo Schorsch,
ist Deine Antwort so zu verstehen, dass die veröffentlichten Aufzeichnungen von LI Grade über die 7. Feindfahrt von U 96 Dich nicht vom Hocker gerissen haben oder Anmerkungen von G. Reichert dazu. Immerhin war Grade ZZ und mich persönlich würde es schon interessieren, wie der Bordalltag auf besagtem Boot ablief.

MfG Wirbelwind

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