Minenjagd in der Ostsee

Begonnen von codog, 22 Juni 2013, 20:08:47

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codog

Am Sonntag 23.06.13 um 19:05 Uhr zeigt Pro 7 einen Film über Bomben/Minen in der Ostsee.

Vorschau hier:
http://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/clip/2360215-spezial-gefahr-am-strand-trailer-1.3581964/

Ich bin ja gespann ob auch erklärt wird, aus welchem Grund die Bundesmarine / Deutsche Marine zwar über jahrzente viel mit Minensuchern und Minenjagdbooten geübt hat und noch immer übt, aber die Weltkriegsmunition noch immer vor unserer Haustür am Meeresgrund liegt. Oder ist es halt Sache des Kampfmittelräumdienstes und die Deutsche Marine kann das gar nicht?


suhren564

Hallo codog,
danke für den Tipp! :MG:

Bin gespannt, was die uns da erzählen!
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

bettika61

Hallo,
wer die Sendung verpasst hat http://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/ganze-folge/2361817-galileo-spezial-gefahr-am-strand-bomben-in-der-ostsee-1.3582644/
verlinkt auch bei "Munition im Meer" 

Bischen sehr dramatisch vorgetragen ,aber einige interessante Informationen dabei.
Was bei mir hängenbleibt ist  der Aufwand für das Bergen eines Torpedos ohne Sprengkopf :
28 Mann 2 Tage Arbeit, das Schiff kostet  2.000€/h. Damit  sind denn 1t von 1,6 Mio t Munition im Meer geborgen. Wer jetzt den Dreisatz beherrscht   :-D kann die Frage von @codog, warum die  Munition noch auf dem Meeresgrund liegt, beantworten.

Was die Marine machen kann, am Beispiel Rottweil "Open spirit 2012" . 9km2 Meeresboden von 15 Minen geräumt 
Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Big A

ZitatWer jetzt den Dreisatz beherrscht    kann die Frage von @codog, warum die  Munition noch auf dem Meeresgrund liegt, beantworten.

Nicht nur deshalb!

Es war / ist einfach so viel in der Ostsee versenkt (worden), dass zunächst einmal die wichtigsten Wege minenfrei geräumt werden mussten, dann ging man an de "Rest".
Wildes Verlegen entgegen dem Völkerrecht, Wind, Wetter und Bewegungen des Meeresgrundes taten ein Ihriges, um das Zeug weiträumig zu verteilen. Die Anrainermarinen räumten und räumen daher noch eine ganze Weile.
Die aufgemachten Kostenrechnungen sind nicht aussagekräftig, das die Kosten für die Einheiten "eh-da"-Kosten sind, also auch anfallen, wenn der Dergl im Hafen liegt. Einzig die Spritkosten und ggf. die Zulage für Seetage könnte man als Sonderkostengeltend machen. Aber erklär' das mal ineinem kurzen Film...

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

codog

Das da viel sehr viel von dem Zeug auf dem Meeresboden verstreut liegt, ist schon klar.
Aus meiner persönlichen Marinezeit habe ich in Erinnerung, dass die Minensucheinheiten zwar viel und alles Mögliche geübt haben und auch mal eine "schöne" Auslandsfahrt  über einen langen Zeitraum durchgeführt haben, aber die Kernaufgabe (echte Minen- und Munitionssuche) kaum wahrgenommen haben.
Kann hier mal jemand schildern, an wie vielen Tagen im Jahr ein deutscher Minensucher / Minenjäger real mindestens acht Stunden am Tag echte Minen bzw. Munition sucht und beseitigt?

Gruß
Codog

bettika61

Hallo,
zur Problematik von Minen heute , wo kommen sie her , wo sind sie zu finden verweise ich auf  Beiträge
von Uwe Wichert  Kapitänleutnant a.D., Mitarbeiter der Redaktionsgruppe AG »Munition im Meer« und freier Berater beim Innenministerium Schleswig- Holstein für Recherchearbeiten Munition im Meer,  als aktiver Soldat an 15 Operationen »Open Spirit« und »Baltic Sweep« im Baltikum beteiligt
http://schleswig-holstein.nabu.de/themen/meeresschutz/miremar/presentations/13257.html
http://www.globaldefence.net/portals/sea/21666-munition-im-meer-ein-dauerhaftes-oder-ein-periodisch-auftretendes-problem.html

Ich konnte im Gespräch den Eindruck gewinnen, er kennt jede Mine "persönlich"  :-D
Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Elektroheizer

Zitat von: codog am 25 Juni 2013, 15:50:50
Kann hier mal jemand schildern, an wie vielen Tagen im Jahr ein deutscher Minensucher / Minenjäger real mindestens acht Stunden am Tag echte Minen bzw. Munition sucht und beseitigt?

Während meiner einjährigen Bordzeit auf Tender Saar habe ich nicht ein einziges mal mitbekommen, daß nach echten Minen gesucht wurde. Ob einzelne Boote aus dem Geschwader mal ohne Unterstützung des Tenders mal solche EInsätze gefahren sind, kann ich nicht sagen. Ich denke aber, eher nicht. Die Begründung findet sich in obigem link zu "Muntion im Meer" von Beate. Zitat daraus:
"Mit dem Jahr 1972 wurde die übergreifende Munitionssuche eingestellt und wird nur noch in besonderen Fällen wie bei der Vorbereitung von Unterwasserbauwerken oder bei Funden in den eingegrenzten Räumen durchgeführt. "
,,Ihr seid alle Individuen" - "Ich nicht!"

codog

Hallo Elektroheizer,
ja, genau das meine ich.  So habe auch ich das empfunden. Ausbildung, Ausbildung und Ausbildung. Dann wird rumgegammelt - Arsenalzeit - Wertliegezeit - Arsenalzeit. Dann wieder Ausbildung, Rumgammelei, Feuer im Schiff, Mann über Bord, Schleppmanöver, "ZUR ÜBUNG...", Postbeutelübergabe...; etc. etc.

Aber echte Minenbeseitigung? Fehlanzeige :? Diese Aussage trifft nicht nur auf meine damalige Einheit zu, sondern auf das gesamte Geschwader.

Warum wurde 1972 die übergreifende Munitionssuche eingestellt? Warum wurde / wird diese Minen- und Munitionssuche nicht wieder aufgenommen? Warum üben und üben unsere heutigen Minensuchgeschwader, ohne tatsächlich vor der eigenen Küste Altmunition zu beseitigen? Warum bilden wir diese Besatzungen denn aus?  :MG:

Diesen "Peter Gross" vom Seefahrerblog kann man zu diesen Zusammenhängen ja auch nicht befragen. Der hat einen "Marineknall" und unterstellt bei solchen Fragen vermutlich gleich linksradikale Machenschaften, o.ä. und fordert pauschal mehr Minenjagdboote, Wiedereinführung der Wehrpflicht, mehr Geld, Technik und Personal für die Marine, etc. Das die jetzigen und gut ausgebildeten Minenverbände halt einfach nicht entsprechend ihrer technischen Möglichkeiten eingesetzt werden, passt nicht in das Positivbild seines Hurramarineblogs. Aber dass ist schon wieder ein anderes Thema.




Elektroheizer

#8
Hallo codog, wo bist Du denn gefahren? So wie Du das schilderst, habe ich das eben nicht empfunden.

Zitat von: codog am 26 Juni 2013, 20:42:36
Ausbildung, Ausbildung und Ausbildung. Dann wird rumgegammelt - Arsenalzeit - Wertliegezeit - Arsenalzeit. Dann wieder Ausbildung, Rumgammelei, Feuer im Schiff, Mann über Bord, Schleppmanöver, "ZUR ÜBUNG...", Postbeutelübergabe...; etc. etc.
Wenn es eins gibt was ich gehasst habe, dann während der Hafenliegezeit diese krampfhaften Anstrengungen, nicht gegen das elfte Gebot zu verstoßen. Und dieser Streß bei der täglichen Lampenronde! Besonders im Backbord Wellentunnel, wo die ABC-Filtermatten lagerten... war manchmal richtig knapp, da pünktlich zum Backen und Banken zu kommen...  :roll:  Andererseits jede Menge Ausbildungsfahrten und Manöver. Gut, auch alles "ZUR ÜBUNG...", war mir aber immer lieber als der Hafengammel. Auch wenn man nach ein paar Tagen Rollenschwoof und Seegang richtig fertig war.

Warum ab 1972 keine Munitions- und Minensuche durch die Marine mehr, diese Frage musst Du wohl der Politik stellen. Vielleicht wollte man keine Wehrpflichtigen als Todesopfer im Falle des Falles   :? Oder das ging haushaltsrechtlich nicht mehr, wenn nur noch bei konkreten Bauvorhaben gesucht wurde?
,,Ihr seid alle Individuen" - "Ich nicht!"

bettika61

Hallo,
das Thema Zuständigkeiten und damit einhergehend wer trägt die Kosten dürfte die zentrale Fragestellung zwischne Bund und Ländern sein.
Was geregelt ist ,die Zuständigkeit der KMRD der Länder für die 12 Meilen Zone,außerhalb ist dies wohl nicht geklärt http://www.offshoretage.de/15.00Uhr%2020.03.2013%20Mull%20u.%20Partner%20Ulrich%20Schneider%20Endfassung.pdf
Wie die Kostenteilung im Meer zwischen Bund und Land geregelt ist, weiß ich nicht. An Land zahlt der Bund für die Räumung der ehemals reichseigenen Munition, die Länder für die allierte Munition.
Was man am Beispiel Minen in der Kieler Förde immerhin erkennen kann ist eine Unterstützung von Marine, WTD und WSA für den KMRD.

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

MatzeM1095

Selbst wenn damit nicht Extrakosten (DZA, DzuZ, Kraftstoff etc.) verbunden wären, müsste man auf jedem Boot erstmal wieder eine halbwegs vollständige Besatzung haben ... und nicht die Resteverwertung bzw. der "Heldenklau", die aktuell in Kiel Standard ist.
Außerdem muss man sich vor Augen halten, wie "viele" aktive Minentaucher wir derzeit haben und was eine Minenvernichtungs(einweg)drohne Seefuchs so kostet.  :wink:

Trimmer

Hallo MatzeM1095 - mal etwas zu Deinem Beitrag direkt. Egal welchen Standpunkt man zur Deutschen Marine hat - solche Ausdrucksweise wie "Resteverwertung" oder noch schlimmer "Heldenklau " dürften wohl nicht angebracht sein. Gerade mit dem "Heldenklau" verbinden sich sehr schlimmer Erinnerungen für Menschen die den II.WK noch erlebt haben - die Deutsche Marine damit in Verbindung zu bringen ist mehr als fragwürdig.

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

jockel

Vielleicht nicht die richtige Wortwahl, aber personalmäßig sieht es offenbar schon seit längerem wirklich sehr mau aus.



Gruß
Klaus

Peter Kemmann

Und das Minensuchverfahren alter Schule (Ankertauminen wurden mit dem Scherdrachen des Minensuchgeschirrs gekappt sodaß sie dann aufschwammen und so mit gezielten Schüssen versenkt werden konnten, selten explodierten die dabei) führte ja auch nicht zur Munitionsbeseitigung sondern nur dazu dass alles auf dem Grund rumliegt.

Jabo

Hallo,

die Minengefahr ist nicht größer alls alle anderen Gefahren für die Schifffahrt. Dies ist ein Grund warum die gezielte Nachsuche nach Seekampfmitteln eingestellt wurde. Die Seeschifffahrtswege gelten demnach als sicher. Während meiner Zeit auf Minenjagdbooten gab es zwei Sprengungen scharfer WK 2 Minen, Nordsee bei Helgoland und Ostsee. Einen weiterer Minenfund (war glaube ich eine dt. LNB) im Firth of Forth. Eine Sprengung war nicht möglich da zu dicht unter Land. Abtransport auf Grund der Menge des Sprengstoffs ebenfalls nicht möglich. So wurde die Mine wieder in den Bach "geworfen" und die Pos. der Royal Navy übermittelt.

Viele Grüße
Jens-Michael


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