Versuche der Marine mit Kampf- und Nebelstoffen

Begonnen von bettika61, 20 Mai 2013, 22:37:10

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bettika61

Zitat von: Violoncello am 17 April 2014, 22:04:15
Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten (= Vorgänger der Max-Planck-Institute), Militär und Industrie, Göttingen 2005, enthält im im Kapitel 4 Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung und das Marineobservatorium Greifswald (S. 326 bis 354)
Hallo,
dazu  :MG:
ZitatAn der Forschung zu Kampfstoffen war u. a. auch das Marineobservatorium in Greifswald unter der Leitung von Rudolf Schulze beteiligt, das 1943 mit der Untersuchung von ,,Ausbreitungsvorgängen chemischer Kampfstoffe und Nebeln in turbulenten Reibungsschichten auf dem Meer" betraut worden war.
https://www.ns-zeit.uni-greifswald.de/chronik/chronikeintrag/n/die-behandlung-von-chemischen-kampfstoffen-und-kampfstofferkrankungen-wird-im-lehrplan-der-universit/
ZitatAußerdem vergab das Marineobservatorium Greifswald 1944 Aufträge an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung in Göttingen zu experimentellen Windkanalstudien über die Ausbreitung von gasförmigen Kampfstoffen auf See.
https://www.ns-zeit.uni-greifswald.de/chronik/chronikeintrag/n/das-marineobservatorium-wird-von-wilhelmshaven-nach-greifswald-verlegt/
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

bettika61

Florian Schmaltz zeigt in seinem Buch u.a. eine Beteiligung des OKM, Amtsgruppe Forschung- Entwicklung- und Patentwesen , ( Dr.Lorenz)  am wissenschaftlichen Häftlingseinsatz im Konzentrationslager Flossenbürg auf. In einem Kooperationsprojekt von KWI, OKM FEP und AWA war das,,Institut für Ostarbeit"  mit dem ,,Bau des Geräts EO 2" beauftragt worden. Werkstattzeichnungen deuten daraufhin, dass es sich bei dem Gerät um einen Kampfstoffdetektor oder ein Meßgerät für Aerosole gehandelt hat.
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Holger

Hallo Beate,

im Buch "Chemiker im Dritten Reich" von Helmut Maier ist Christian Hennings genannt (andere habe ich nicht nachgeschlagen):
geb. 1907, Diss. 1935 in Kiel, ab 1935 bei der CPVA, 1940-Kriegsende dort Abtltr., nach dem Krieg bei der Bundesforschungsanstalt für Fischerei, Hamburg.

Viele Grüße

Holger

bettika61

Hallo Holger,
:MG:
Regierungsrat Dr. Christian Hennings  CPVA Abteilung für Kampfstoffe und Nebel #20
hat   Informationen über seine Arbeit für das Buch von Gellermann geliefert.
Das ist schon mehr wie andere Wissenschaftler  sich an ihre Arbeiten im Krieg erinnern.
Trotzdem stehe ich Inhalt und Umfang von Informationen beteiligter "Zeitzeugen" kritisch gegenüber.

Weitere Beteiligte #7


Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

bettika61

Hallo,
die Frage, wie stellte sich die Kriegsmarine einen Kampfstoffeinsatz auf See vor, könnte die
ZitatM.DV. Nr.700,3i Seekriegsanleitung Teil III.-Waffentaktik Heft i: Kampfstoff-Taktik (See)  1944
beantworten. Die MDV ist leider in keiner BW-Bibliothek überliefert.
Bisher nur gefunden im Bestand BA-MA RM 6/2014
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Darius

Zitat von: bettika61 am 27 Juli 2016, 13:31:10
Die Inventur der Russen vom Frühjahr 1946 weist u.a. " 70 Waggons mit 1050t Kampstoffmunition"

Und wieviel haben die US-Amerikaner mitgenommen? In einem Beitrag in Warship International, 2000/1, S. 91f, wird kurz über das Versuchsgeschwader der US Navy berichtet, beginnend mit Versuchen in den 1950ern.


:MG:

Darius

bettika61

Hallo darius,
Interessanter Hinweis auf Versuche der US Navy in den 50er.
Es gibt einen mittlerweile freigegeben "Übungsfilm" der Navy über ihre Versuche und Planungen mit chemischen und biologischen Waffen https://motherboard.vice.com/en_us/article/mgbmxq/this-newly-declassified-video-of-the-us-testing-chemical-weapons-is-insane
Er zeigt , was für  menschenverachtenden  Planungen und Versuche  der "Kalte Krieg" hervorgebracht hat  :MS:
In den 60er und 70er Jahren wurden amerikanische Soldaten für die  Versuche
" Project 112 and Shipboard Hazard and Defense (SHAD)"
mißbraucht
http://www.thedailysheeple.com/the-pentagon-secretly-tested-chemical-weapons-on-american-soldiers_072017

Steht in Warship international ein Hinweis, das deutsche Forschungen einen Einfluß auf die amerikanischen Versuche hatte?
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Darius


Darius

Zitat von: bettika61 am 26 Juni 2018, 14:57:02
Steht in Warship international ein Hinweis, das deutsche Forschungen einen Einfluß auf die amerikanischen Versuche hatte?

Im Warship International 4/2001 gibt es wieder Ergänzungen zu den US Versuchen 1948 - 1960er - aber keinen Hinweis auf ehem. deutsche Quellen.


:MG:

Darius

bettika61

#39
Zitat von: bettika61 am 27 Juli 2016, 13:31:10
Das bis Kriegsende nicht zerstörte Marineartilleriearsenal wurde im Juli 1945  durch die Rote Arme besetzt, nachdem es vorher durch die Briten eingenommen worden war. Kurz danach begann die Sprengung von deutscher Marinemunition und französischer Beutemunition.
.......
Ab Ende 1946 begannen die Sprengungen des Marinearsenal mit Gebäuden und Gleisen, die bis Frühjahr 1949 andauerten, dabei wurden die Munitionslagerhäuser  mit voller Munitionsbelegung gesprengt.

Hallo,
der grösste Waldbrand in der Geschichte von M-V rückt die Geschichte des ehem. Marineartilleriearsenals in den Focus. Die in dem Gelände Jessenitz/Lübtheen vorhanden Kampfmiitel erschweren die Brandbekämpfung extrem.Da stellt sich die Frage nach dem Hintergrund:
ZitatDoch woher stammt das brisante Material? Von 1936 bis 2013 wurde das Gelände von der Reichswehr, von der Nationalen Volksarmee und von der Bundeswehr genutzt. Laut Till Backhaus, Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, liegen auf dem brennenden Ex-Truppenübungsplatz nicht nur Munition und Granaten von Manövern, sondern auch große Mengen an Sprengmitteln aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Bei Lübtheen habe die Marine ihr Munitions-Hauptlager unterhalten, erklärt der SPD-Politiker.

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprengten die Sowjets das Lager, das aus 300 Gebäuden und Bunkern bestand. Dabei wurden die dort gelagerten Bestände unkontrolliert im Wald verteilt. Werden Munitionsreste nun von den Flammen erfasst, kann der enthaltene Sprengstoff hochgehen.
..
Experten gehen davon aus, dass es 80 bis 120 Jahre dauern wird, bis alleine der Truppenübungsplatz Lübtheen von den Munitionsresten befreit sein wird. Das Problem: Es fehlt an Personal und auch an finanziellen Mitteln, beklagt der Kampfmittelräumdienst.
https://www.n-tv.de/panorama/Warum-lagert-im-Boden-so-viel-Munition-article21120606.html

"Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprengten die Sowjets das Lager," ist natürlich  :BangHead:

P.S. Mein  Beitrag  soll in keinsterweise suggerieren, das dort anderes als konventionelle Munition liegt !
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

t-geronimo

In einem Fernsehbericht wurde gesagt, dass dort Kaliber bis 28 cm vorhanden sind - also wahrlich keine Kleinigkeiten und 1000 m Sicherheitsabstand voll gerechtfertigt.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

ede144

Welche Sprengstoffe sind eigentlich in den Granaten der SA der KM verwendet worden?

Schorsch

#42
Hallo Ede,

Zitat von: ede144 am 03 Juli 2019, 08:22:24
Welche Sprengstoffe sind eigentlich in den Granaten der SA der KM verwendet worden?
...das ist eine nur weitschweifig zu beantwortende Frage, da eigentlich jede Granatsorte einer jeden Geschützeart je nach Einsatzzweck (Panzerspreng-, Spreng- bzw. Übungsgranate) eine unterschiedliche Sprengstoffmischung trug. Genaue Angaben zur jeweils eingesetzten Füllung enthalten die verschiedenen Hefte der M.Dv. 170. Dort werden - quer durch die Kaliber von 8,8 cm bis 30,5 cm - folgende Mischungen genannt:

Füllpulver 02: 100% TNT (Trinitritoluol)
Füllpulver 1: ?? (wahrscheinlich 99% TNT, 1% Wachs)
Füllpulver 5: 95% TNT, 5% Wachs
Füllpulver 10: 90% TNT, 10% Wachs
Füllpulver 15: 85% TNT, 15% Wachs
Füllpulver 20: 80% TNT, 20% Wachs
Füllpulver 25: ?? (wahrscheinlich 75% TNT, 25% Wachs)
Füllpulver 60/40: 60% TNT, 40% Ammoniumnitrat

Die konkreten Zusammensetzungen der Mischungen stammen von --/>/> hier. Der zunehmende Wachsanteil dient der Phlegmatisierung der jeweiligen Sprengstoffe, um für den Einsatz in Panzersprenggranaten schocksicher genug zu sein. Die Mischung von TNT und Ammoniumnitrat soll die negative Sauerstoffbilanz des TNT durch den Sauerstoffüberschuss des Ammoniumnitrats ausgleichen. Mischungen ohne bzw. mit geringem Wachsanteil kamen hauptsächlich in den jeweiligen Sprenggranten zum Einsatz. Das Füllpulver 02 wurde vorwiegend in den entsprechenden Übungsgranaten des jeweiligen Kalibers verwendet.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

ede144


bettika61

#44
Zitat von: bettika61 am 26 Juli 2014, 17:51:00
Hallo,
die Fragestellung war ,ob aus den Versuchen mit Kampfstoffen auch eine Produktion von Kampfstoffmunition für die Marine erfolgte. Im KTB SKL Bd.68 ein Hinweis auf "Gas-Munition" und wieder M-Körper
.....
M-Körper war die Tarnbezeichnung für die Kampfstoffmunition der Kriegsmarine, entwickelt und produziert nach den Versuchen der CPVA, vermutlich diese (Weißkreuz und Blaukreuz ):
ZitatGranaten mit einer Reiz- bzw. Kampfstoffladung in der Geschoßspitze (sog. Mc- und Md-Granaten)
Es wurden zwei Typen von Granaten entwickelt (Typen Mc und Md), bei der sich der Reiz- bzw. Kampfstoff (Anteil ca.10 - 12% des Sprengstoffgewichts) in einem Aluminium- oder Pappkartonbehälter in der Geschoßspitze befand [180]:
· Die Mc-Granate enthielt ein Gemisch aus 67% Chloracetophenon und 33% Alaun. Das im Alaun gebundene Wasser sollte verhindern, dass der Reizstoff bei der Explosion der Granate verbrannte. Die Erprobungen mit diesem Geschoßtyp verliefen zufrieden stellend und die Granate wurde zum Einsatz freigegeben. · Die Md-Granate enthielt eine Reizstoffladung aus Diphenylarsinoxid (genannt ,,Dora"). Dieses Stoff wurde gewählt, da sein Schmelzpunkt mit 92°C höher lag als der von Clark I und II (Diphenylchlorarsin und Diphenylzyanarsin). Obwohl
die Wirkung von ,,Dora" gegenüber Clark I nur halb so groß war und die Erprobungen nie vollständig befriedigend verliefen, wurde das Geschoß dennoch in Dienst gestellt.

aus Gutachten Preuss/Eitelberg
Quelle [180] UNITED STATES NAVAL TECHNICAL MISSlON IN EUROPE (US NAV TECH) (14.09.1945): The German Naval Research Laboratory at Danish Nienhof. Technical Report No. 152-45. (NA Washington)
Hallo,
die Frage wo der Kampfstoff für die Marine produziert wurde, blieb bisher unbeantwortet.
Die Antwort kommt aus der DDR:
"Vorlage für MfAV "Altlasten chKs auf dem Territorium der DDR" (09.07.1990) " sie enthält eine Auflistung chemischer Rüstungsaltlasten des II. Weltkrieges auf dem Gebiet der DDR.
ZitatIV. Produktionsstätten für Kampfstoffe
.....
Güsen, Kr. Genthin- Mc und Md-Granaten für die Marine
(C=Chloratetophenon, D=Chlarkoxid Diphenylarsinoxid

über die Munitionsfabrik Güsen https://vimudeap.info/de/atlas/munitionsfabrik-guesen/abstract/
ZitatEinen Eindruck von der Größe des Geländes vermitteln die folgenden Zahlen: das Werk umfasste einstmals 680 Gebäude, 28 km Bahnanlagen, 26 km unter der Oberfläche liegende Rohrleitungen und 34 km Kabelleitungen. Gegen Ende des Krieges hatte das Werk 2900 Mitarbeiter. Die Produktionskapazitäten waren zu diesem Zeitpunkt auf 1300 Monatstonnen TNT, 1400 Monatstonnen Nitrozellulose sowie die Verfüllung von 3820 Tonnen Kampf- und Nebelstoffe pro Monat erweitert worden

Die Hinterlassenschaften der Produktion stellen noch heute ein Problem dar.
https://www.volksstimme.de/nachrichten/lokal/burg/1024578_TNT-Spezialisten-bergen-drei-Tonnen-Sprengstoff.html
Zitat"Ab dem Jahr 1916 wurde Kriegsmunition hergestellt. Bomben, Granaten, Minen und Torpedos haben die Menschen hier produziert und auch gleich mit Sprengstoff befüllt", sagt Holger Becker, der sich für den Landesbetrieb Bau mit diesem Projekt befasst.
.....Nachdem das Areal das Kriegsende fast schadlos überstanden hatte, zogen hier die Russen ein. Becker: "In den ersten neun Jahren ist fast die gesamte Technik in die damalige Sowjetunion gebracht worden."...
Zentrum der Fabrik war die Bomben- und Granatenfüllanlage. Dazu gehörte auch eine Reiz-Brisanzanlage...
Grüße
Beate

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