U 864

Begonnen von Arche, 03 Mai 2013, 19:29:50

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t-geronimo

Lüge ist ein sehr starker Vorwurf. Worauf basiert er, welchen Zweck sollte eine Lüge verfolgen? (Ähnlich wie bei Mord/Totschlag beinhaltet "Lüge" ja immer einen gewissen Vorsatz)
Wären "Unwissenheit", "Schlampigkeit" oder "Gleichgültigkeit" unter Umständen nicht passendere Ausdrücke, vielleicht oder wahrscheinlich auch alle zusammen?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Cord

...oder einfach nur fehlerhaft recheriert! Grund: Termindruck!

Gruß Cord

P.S. Man sollte nicht vorschnell urteilen...
In den Straßengräben auf dem Weg zum Ruhm, liegen die Überreste derjenigen, denen der Erfolg versagt blieb... (unbekannter Verfasser)

wirbelwind

Hallo t- geronimo und Cord,
ich gehe davon aus, dass Ihr den besagten Spiegel-Artikelauch gelesen habt. Der Redakteur dieses Artikel hat herausgefunden, dass Korvettenkapitän R.R. Wolfram der Kommandant von U 864 war. Also war es für ihn ein leichtes, herauszufinden, wie lange bereits Wolfram bei der U-Boot-Waffe diente und als was. Der Artikel erschien Februar 2007. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Journalist, wenn er es denn wollte, sehr rasch zu brauchbaren Ergebnissen über den Werdegang von R. R. Wolfram und Korvettenkapitän wurde einer in der DKM in der Regel nicht so nebenbei. Da mußten schon militärische Leistungen her, aber das wißt ihr genauso gut wie ich. Wie soll ich denn folgende Zeilen werten:,, Wolfram ist 32 jahre alt, aber kein sehr erfahrener Kommandant, die erfahrenen U-Boot-Kapitäne sind fast alle tot. Vor der norwegischen Küste setzt Wolfram U- 864 prompt auf Grund. Er bekommt das Boot zwar wieder flott, aber wird nun Bergen anlaufen müssen. Jemand soll den Kiel auf Schäden untersuchen" Soweit der Auszug. Letztendlich entstand bei mir der Eindruck und das glaube ich, wollte der Schreiber bezwecken, das Boot ging wegen der Unerfahrenheit des Kommandanten verloren, weil er eben ein ,,Greenhorn"( meine Interpretation) war. So einfach gehts nicht. Ich kenne den militärischen Werdegang von Wolfram nicht, ebenso seinen Charakter/ seine Fähigkeiten in der Menschenführung. Doch dazu müßte was im artikel stehen. Leider Fehlanzeige und das läßt sich in meinen Augen nicht mit schlampiger Recherche entschuldigen. Gerade im Spiegel, dem ,,Flaggschiff des investigativen Journalismus". Daher der Begriff der schlichten Lüge, wo der Redakteur entscheidende Fakten nicht bringt bzw. bewußt dem Leser ein falsches Bild vermittelt.
MfG Rüdiger

bettika61

Hallo Rüdiger,
damit wir uns auch ein Bild machen können, ist es erforderlich den Artikel auch zu lesen ,
und die entsprechenenden Textpassagne, die Du beanstandest.
Meinst Du  den hier http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/volltreffer-auf-u-864-das-erste-unterwasser-duell-der-geschichte-a-465373.html ?
ZitatLaunders' Erfolg basierte nicht nur auf eigenem Können, sondern auch auf einer großen Portion Glück und der Tatsache, dass U-864 "lausig geführt" war, wie der britische Militärhistoriker Eric Grove meint. "Kapitän Wolfram hatte das Periskop viel zu lang ausgefahren." Damit habe er sein Boot "auf dem Silbertablett präsentiert". Wolfram war zwar ein erfahrener Ausbilder und mit seinen 32 Jahren einer der älteren U-Boot-Kommandanten in der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Aber er hatte noch nie ein U-Boot im Kampfeinsatz geführt.

"Vielleicht war das der Grund, warum er das Feuer nicht erwidert hat", mutmaßt Tall, der unter anderem das britische Atom-U-Boot "HMS Repulse" kommandiert hat. "Nach dem jahrelangen Seekrieg mit schweren Verlusten gab es nicht mehr viele deutsche Kommandanten, die großen Instinkt für das Führen eines U-Boots besaßen."

Hier werden der "der britische Militärhistoriker Eric Grove" und "Jeff Tall, ehemaliger Kommandant britischer Atom-U-Boote und heute Direktor des Royal Navy Submarine Museums" zitiert.
Wenn es nicht falsch zitiert ist, hat sich der SPIEGEL externen Fachleuten bedient , was schon mal zu begrüssen ist.
Wenn die denn "falsche" Informationen liefern,wem soll der Jornalist denn vertrauen, alles noch mal überprüfen, dann braucht man keine Experten?

Ist doch hier im Forum nicht anders, :wink: wenn man nicht mal unseren "Experten" hier trauen könnte :?

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

M-54842

Zitat von: wirbelwind am 26 September 2013, 20:25:02
Letztendlich entstand bei mir der Eindruck und das glaube ich, wollte der Schreiber bezwecken, das Boot ging wegen der Unerfahrenheit des Kommandanten verloren, weil er eben ein ,,Greenhorn"( meine Interpretation) war.

Nach meiner Auffassung war die Fronterfahrung der Kommandanten und Besatzungen ab 1943  gegenüber der überlegenen Technik der Alliierten nachrangig für eine glückliche Rückkehr.
Das Thema junge und unerfahrene Kommandanten ist m. E. im Bezug auf die Verluste zu stark in den Vordergrund gedrängt worden. Die Verluste junger und unerfahrener Kommandanten unterschiedenen sich nicht wesentlich von denen mit größerer Fronterfahrung. Die technische Überlegenheit der Alliierten und ihre verbesserte Taktik war auch nicht mit noch so großer Erfahrung des Kommandanten auszugleichen.   

wirbelwind

#20
Hallo,
Deinen verlinkten Artikel, Beate, meinte ich nicht. Versuch es mal unter: http:www.spiegel.de/spiegel/print/d-50424607.htlm Geschrieben wurde er von M. Brasse, C. Höges und K. Vandenhole. Dieser Artikel steht im Heft 6/2007 vom 05-02.07. Wie Du richtig schreibst, haben sich die 3 auf die Engländer verlassen und sahen keine Veranlassung was Wolfram betraf, auf deutscher Seite gegenzuchecken. Immerhin steht in dem von Dir verlinkten Artikel, dass Wolfram ein erfahrener Ausbilder war, ehe er das Kommando auf U 864 übernahm. In dem von mir beanstandeten Artikel läßt M. Brasse dies unter den Tisch fallen. Mir ist nun leider nicht bekannt, wieviel Feindfahrten  mit welchem Ergebnissen Wolfram hatte. Ulf schrieb, dass er mit U 108 auf Feindfahrt gewesen ist. Zum Verständnis. Ich möchte Wolfram nicht zum U-Boot-As hochjubeln, dazu besteht kein Anlass. Nur einerseits ,,erfahrener Ausbilder" und dann ,,nicht sehr erfahrener Kommandant", da passt etwas nicht zusammen. Klar,  zwischen Schulboot und Frontboot gab es sicherlich Unterschiede, sein Handwerk mußte er trotzdem verstehen. Zumal U 864 vom Pech verfolgt wurde. Nach dem Auslaufen Maschinenschaden und die versprochene Eskorte nicht in Sicht. Nochmal, bei den Anspruch, als investigatives Blatt zu gelten, haben die Schreiber billigend in Kauf genommen, dass das Bild des deutschen U-Boot-Kommandanten wissentlich verzeichnet wurde. Launders ist als Kommandant ein hohes Risiko eingegegangen und konnte den Feind vernichten. Ich stimme dem zu, dass in den letzten Kriegsjahren die technische Überlegenheit der Allierten erdrückend war und damit auch die große Erfahrung der einzelner Kommandanten weitestgehend neutralisiert wurde. Deshalb Respekt vor den Besatzungen, die trotzdem wieder hinaus fuhren und oft, zu oft nicht zurück kamen.
MfG Rüdiger

Urs Heßling

moin, Rüdiger,

Zitat von: wirbelwind am 29 September 2013, 19:20:11
Mir ist nun leider nicht bekannt, wieviel Feindfahrten  mit welchem Ergebnissen Wolfram hatte. Ulf schrieb, dass er mit U 108 auf Feindfahrt gewesen ist.
http://www.uboat.net/men/commanders/1377.html

Zitat von: wirbelwind am 29 September 2013, 19:20:11
Launders ist als Kommandant ein hohes Risiko eingegegangen und konnte den Feind vernichten.
Launders war ein erfahrener und auch erfolgreicher Kommandant, er hatte bereits ein U-Boot versenkt http://www.uboat.net/allies/commanders/1482.html

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bettika61

Hallo Rüdiger,
ich verstehe trotzdem Deine Aufregung nicht , erst schreibst Du von Lüge dann
Zitatbei den Anspruch, als investigatives Blatt zu gelten, haben die Schreiber billigend in Kauf genommen, dass das Bild des deutschen U-Boot-Kommandanten wissentlich verzeichnet wurde
wenn ich es richtig verstanden habe  geht es um
ZitatWolfram ist 32 Jahre alt, aber kein sehr erfahrener Kommandant, die erfahrenen U-Boot-Kapitäne sind fast alle tot.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-50424607.html

Wer setzt denn den Bewertungsmaßstab, ab wieviel Fahrten, Kommandos ein U-Boot Kommandant als erfahren gilt  ?
Über den Stil des SPIEGEL bin ich auch nicht begeistert, zu dramatisch, aber Lüge oder fahrlässiger Umgang mit Informationen sehen für mich anders aus.

Das Thema U 864 ist auch so spannend genug. Mein Interesse gilt hauptsächlich  der Frage, wie die Norweger das Problem mit dem Quecksilber  lösen.

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

AND1

Das Thema U 864 ist auch so spannend genug. Mein Interesse gilt hauptsächlich  der Frage, wie die Norweger das Problem mit dem Quecksilber  lösen.
bisher garnicht!

suhren564

Zitat von: AND1 am 30 September 2013, 17:40:40
Das Thema U 864 ist auch so spannend genug. Mein Interesse gilt hauptsächlich  der Frage, wie die Norweger das Problem mit dem Quecksilber  lösen.
bisher garnicht!

Zitat aus Wiki :
ZitatEinem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge hat sich die norwegische Regierung Anfang 2009 doch entschlossen, das Wrack durch ein niederländisches Spezialunternehmen heben zu lassen. Die Kosten dafür werden auf mehr als 1 Milliarde Norwegische Kronen (etwa 110 Millionen Euro) geschätzt. Die Bergung ist laut einem Bericht des Standards wegen technischer Probleme jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
Im März 2013 wurde bekannt gegeben, die verbliebenen 150 Tonnen Diesel bis zum Sommer 2013 abzupumpen, um die Gefahr von Umweltschäden bei weiteren Erkundungen zu minimieren.[
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

bettika61

Hallo,
wer sich fachlich mit dem Thema Kontaminationen von U-864 und Ihre Sanierung beschäftigen will, verweise ich auf #7
alternativ auch an ein anderes Forum http://www.geschichtsspuren.de/forum/viewtopic.php?t=9299&postdays=0&postorder=asc&start=10
da bin ich auch mit  :BangHead: gestartet , habe dann meine Meinung geändert.

Das Vorgehen der Norweger:  Untersuchung, Gefährdungsabschätzung ,Variantenstudien,  und letztendlich die Alternative , Sicherung  oder Sanierung ist das fachlich anerkannte Vorgehen bei Kontaminationen.

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

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wirbelwind

Hallo,
danke Urs für Deine Zusatzinfos. Darauf hätte ich selbst kommen können, aber wie das so manchmal ist auf das nächstliegende kommt man nicht. Zumindest wurde nun mein Kenntnisstand betreffs Wolfram und Launders erweitert. Launders hatte ja bereits am 11.11.1944 U 771 unter Oblt. z.See d. R., H. Block, versenkt. Da aber wohl im Überwassergefecht. Immerhin hatte Wolfram mit U 108 3 Feindfahrten mit über 100 Seetagen hinter sich gebracht, ehe er sein Kommando auf U 864 antrat. Nun läßt sich sicherlich streiten, ab wann ein Kommandant als erfahren bzw. sehr erfahren gilt.Beate, mich ärgert nur, das der gleiche Autor ( M. Brasse) Wolfram einmal als ,, erfahrenen Ausbilder" schildert und einen Artikel später als nicht ,,sehr erfahrenen Kommandanten". Über seine Feindfahrten hätte sich Brasse ohne größere Schwierigkeiten auch informieren können und wäre dann unter Umständen zu einem anderen Ergebnis gelangt. Mir ist nicht bekannt, wieviele maritime Artikel er verfasst hat, wo es um den U-Boot-Krieg ging, er hat aber mindestens 2 über U 864 verfasst. Ich bleibe dabei, dass er im Artikel ,,Jagd auf Caesar" Wolfram verzeichnet hat. Du mußt meine Meinung nicht teilen. Das ist ja gerade das Schöne am Forum, dass sich sachlich über die unterschiedlichsten Meinungen ausgetauscht werden kann.
MfG Rüdiger

bettika61

ZitatDas ist ja gerade das Schöne am Forum, dass sich sachlich über die unterschiedlichsten Meinungen ausgetauscht werden kann.
MfG Rüdiger
:MG: top

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

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Urs Heßling

moin, Rüdiger,

Zitat von: wirbelwind am 30 September 2013, 19:11:11
.. mich ärgert nur, das der gleiche Autor ( M. Brasse) Wolfram einmal als ,, erfahrenen Ausbilder" schildert und einen Artikel später als nicht ,,sehr erfahrenen Kommandanten".
Dazu erinnerte ich mich an einen 3 1/2 Jahre alten Beitrag über einen vergleichbaren "Fall"
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,11550.msg129169.html#msg129169

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

suhren564

#29
Hallo Urs,

ich denke aber, daß das Zitat wohl viel eher bei KK Sobe zutrifft, als bei KK Wolfram. U179 war das 1. Frontkommando von Sobe, d.h. er war 3 Jahre lang nur auf Informationen und Instruktionen angewiesen, als er eine Ausbildungsflottille befehligte. Er konnte sich leider kein eigenes Bild davon  machen, wie sich die Lage im U-Bootkrieg veränderte. KK Oehrn z.B. mußte bei seiner 1.FF mit U 37 auch erfahren, daß er vorher falsche Instruktionen/Befehle an aus Deutschland auslaufende Boote gegeben hatte. Sobes Fehler, an einer Versenkungsstelle zu warten, um ein Rettungsschiff evtl. zu versenken, hätte wohl kaum ein erfahrener Frontkämpfer gemacht.
Ob ein guter Ausbilder/Asto auch ein guter Praktiker im Fronteinsatz ist, ist nicht unbedingt gesagt. Sobe, Buchholz,Ewerth, Behrens, Kuppisch waren zu lange der "Front" entzogen, um die neuen technischen Möglichkeiten zu kennen, es fehlte die Fronterfahrung. Die hatte Wolfram aber, deshalb denke ich, daß er ein genauso erfahrener Ausbilder wie fähiger Kmdt. war.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

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