Karl Dönitz

Begonnen von Admiral Kummetz, 22 Februar 2013, 12:21:24

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Urs Heßling

moin,

Exkurs: die normale "Helden"-Definition (militärisch geprägt) ist mir etwas zu einfach. Das "Heldentum" wird meiner Meinung nach zu sehr auf Einzelsituationen verengt (siehe Ordensbegründungen wie "... hat am ... ").  Helden sind für mich viel mehr Frauen und Männer, die in belastenden, lange andauernden und (fast) aussichtslosen Situationen ausharren und ihrer Aufgabe loyal und mit nicht nachlassender Freundlichkeit weiterarbeiten ...

zu Dönitz: für mich ein klares "weder noch", aber was war er dann (aus militärischer Sicht) ?
Aus meiner Sicht ein begabter Stratege und militärischer Planer, mehr nicht.

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

RePe

Zu diesem Thema ein Zitat aus dem Buch von Paul Schmalenbach (ehem. I. Artillerie-Offizier der "Prinz Eugen) "Kreuzer "Prinz Eugen" unter
3 Flaggen", S. 192:
"Vom 16. bis 17.11.1944 weilt der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Grossadmiral Dönitz, in Gotenhafen. Er spricht am ersten Tag zu den
Offizierskorps aller in Gotenhafen befindlichen Schiffe und Landmarineteile. Er fordert sie auf, zunächst den Krieg zu gewinnen, um dann den
"Augiasstall der Partei auszumisten." Am zweiten Tage hören ihm grosse Abordnungen der Besatzungen usw. zu."
(Ich gehe davon aus, dass er die Bemerkung zum "Augiasstall" nur vor den Offizieren machte).
Dazu lässt sich einwenden, dass ein Mann in seinem Rang und Stellung noch im November 1944 von "Krieg gewinnen" spricht, ist ein starkes
Stück. Andererseits - soll man ernsthaft verlangen, dass er zugibt, dass der Krieg verloren ist und er vorschlägt "bringen wir's anständig zu
Ende"? Es wäre ihm mindestens ergangen wie Rommel. Schon das Wort von der Partei als "Augiasstall" war gefährlich genug. Immerhin war
dies ein Hinweis darauf, dass er den Zustand der Partei (und damit indirekt auch des "Führers") doch kritisch zu sehen in der Lage war und
das sogar zum Ausdruck brachte.
Dönitz war eben ein Kind seiner Zeit, seiner "Kaste" und Erziehung (heute würde man sagen seiner "Sozialisation"). Er war Teil eines weit-
gehend homogenen elitären Offizierskorps aus kaiserlicher (und Weimarer) Zeit.
Als Vater verlor er im Krieg zwei Söhne. Wahrscheinlich hat er als Mensch und Vater um sie getrauert, aber eben höchstens im "stillen
Kämmerlein". Leute seines Schlages und seiner Position, so war der Komment, lassen sich so etwas nicht anmerken und zogen keine
Schlüsse und Konsequenzen daraus. Und genau diese Haltung und Härte glaubte er auch von anderen, z.B. seinen Untergebenen,
verlangen zu können bzw. sogar zu müssen.

Die Zeiten sind Gott sei Dank andere geworden.

     RePe

ede144

Zitat von: Urs Hessling am 26 Februar 2013, 11:33:48
moin,

Exkurs: die normale "Helden"-Definition (militärisch geprägt) ist mir etwas zu einfach. Das "Heldentum" wird meiner Meinung nach zu sehr auf Einzelsituationen verengt (siehe Ordensbegründungen wie "... hat am ... ").  Helden sind für mich viel mehr Frauen und Männer, die in belastenden, lange andauernden und (fast) aussichtslosen Situationen ausharren und ihrer Aufgabe loyal und mit nicht nachlassender Freundlichkeit weiterarbeiten ...

zu Dönitz: für mich ein klares "weder noch", aber was war er dann (aus militärischer Sicht) ?
Aus meiner Sicht ein begabter Stratege und militärischer Planer, mehr nicht.

Gruß, Urs

Würde ich in Amerika wohnen, wäre ich aufgrund meines Hobbies auch ein Held. Aber da ich Deutscher bin, mache ich das nur weil es mir meist Spass macht, es ab und zu wirklich spannend ist und sehr selten wirklich gefährlich ist.

Gruß
Thomas

PS Was ich damit sagen will, wir Deutschen hatten 1000 Jahre um Helden zu produzieren, jetzt brauchen wir sie nicht mehr so wirklich :-D

mhorgran

ZitatDazu lässt sich einwenden, dass ein Mann in seinem Rang und Stellung noch im November 1944 von "Krieg gewinnen" spricht, ist ein starkes Stück. Andererseits - soll man ernsthaft verlangen, dass er zugibt, dass der Krieg verloren ist und er vorschlägt "bringen wir's anständig zu Ende"? Es wäre ihm mindestens ergangen wie Rommel. Schon das Wort von der Partei als "Augiasstall" war gefährlich genug.

Immerhin war dies ein Hinweis darauf, dass er den Zustand der Partei (und damit indirekt auch des "Führers") doch kritisch zu sehen in der Lage war und das sogar zum Ausdruck brachte.
Wer im November 1944 nicht in der Lage war den Stand der Dinge zu sehen kann letztlich nicht mehr ernst genommen werden. Natürlich hat Dönitz den Stand gekannt, natürlich wußte er das der Krieg verloren war. Das er das kritisiert hat überhaupt keine Bedeutung.
Dietrich (Waffen-SS Kommandeur von Hitlers Gnaden) wollte Hitler zu diesem Zeitpunkt schon Tod sehen. Schellenberg hätte ihn gerne abgesetzt. Göring kurz vor Kriegsende Verhandlungen mit den Westallierten aufgenommen.
Können auch sie in deinen letzten Satz eingereiht werden?
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

suhren564

Hallo mhorgran,

ich finde deine Meinung etwas zu sehr vereinfacht.
Kein Kommandeur irgendwelcher Einheit hätte sich(zu diesem Zeitpunkt) ergeben, weil immer die "Gefahr" aus dem Osten greifbar war.
Zu welchem Zeitpunkt hat Dönitz etwas kritisiert???

Und viele Offiziere (und viele Mannschaften) ab einem bestimmten Alter/Dienstgrad wußten, was an der Ostfront, bzw. hinter der Front passierte. Das dies auf Deutschland zurückfällt, das war die Angst!
Allerdings war Dönitz auch einer derjenigen, die eine Evakuierung der Bevölkerung ablehnten. Später trat er aber als "Retter der Vertriebenen" auf.

Dietrich wollte Hitlers Tod...das ist doch wohl immernoch das Märchen!
Klingt wie..Heydrich hätte den 20.07.´44 auch unterstützt!
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

mhorgran

Hallo Ulf

Von "ergeben" hab ich nichts geschrieben.

ZitatDietrich wollte Hitlers Tod...das ist doch wohl immernoch das Märchen!
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42001231.html
vielleicht wars auch Schellenberg. Dietrich hat ihn jedenfalls auch kritisiert.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

wirbelwind

Hallo,
Dietrich stand Hitler eine ganze Zeit sehr nahe, aber 1944 hat es Gespräche zwischen ihm und Rommel gegeben, um den Krieg im Westen zu beenden, den sie als verloren ansahen. Inwieweit Dietrich bereit war, Hitler beseitigen zu lassen, kann ich nicht sagen.
MfG Wirbelwind

mhorgran

Ich meine wir reden über einen Zeitraum von Herbst 44 bis Kriegsende.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

wirbelwind

Hallo,
okay, da gab es zwischen Dietrich und Rommel nix mehr zu bereden. Inwieweit Dietrich danach noch willig war, wenigstens im Westen schlußzumachen, weiß ich nicht. Zumindest hat Dietrich als Befehlshaber der 6. Panzerarmee versucht, auf Befehl von Hitler , das Blatt vor Budapest 1945 noch zu wenden. Ging aber bekanntermaßen in die Hose. Gelände war für Panzerangriffe völlig ungeeignet. Der Gröfaz soll dann befohlen haben, das die Ärmelstreifen der Beteiligten abzutrennen seien. Es wird kolportiert, dass daraufhin der Sepp seine in einem Kacktopf Adolf hat zukommen lassen, Also von Widerstand doch nicht viel zu spüren.
MfG Wirbelwind

ufo

Na, was wohl draus geworden ist?

Ich sties letztens auf einen ausgesprochen lesenswerten Artikel zum Thema, den ich doch hier im Thread nochmal 'bewerben' wollte:

Deutsches Schifffahrtsarchiv 12, 1989
Dieter Hartwig; "Karl Doenitz; Vesuch einer kritischen Wuerdigung"

Da wird auf 20 Seiten ausgesprochen fundiert der Widerspruch aufgezeigt zwischen dem verehrten Kriegshelden und dem geschmaehten Verbrecher.

Der Artikel ist zugegeben schon etwas betagt. Schwendemanns kritische Arbeiten zur 'Rettung' aus dem Osten sind natuerlich noch nicht beruecksichtigt.
http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/ksp/ostsee/schwendemann.htm

Auch die Arbeit Griers, der recht schluessig zeigte, dass das Ausharren und Menschenverschleudern im Osten durchaus bis zuletzt offensiven Kriegszielen diente ist spaeteren Datums.
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,6883.0.html

Dessenungeachtet ist Hartwigs Artikel ein ausgesprochen lesenswerter Beitrag zur Person Karl Doenitz und ein fundiertes Werk gegen jede Heldenverehrung des Grossadmirals.

Ufo

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