Kampfkern-Struktur Volksmarine 60er Jahre

Begonnen von 2M3, 20 Februar 2013, 20:34:18

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

2M3

In den 60er Jahren gab es in der Volksmarine der DDR bei einem Teil der Schiffe/Boote und ihrer Besatzungen eine Einteilung in Kampfreserve, Kampfkern I und Kampfkern II

Matrosen zuerst 6 Wochen Grundausbildung in Parow, dann

1. Dienstjahr - Kampfreserve - Seemännische und Fachausbildung
2. Dienstjahr - Kampfkern II - überwiegend Gefechtsausbildung
3. Dienstjahr - Kampfkern I - Diensthabendes System

Je Einheit befanden sich jeweils die SaZ und die UaZ im selben Dienstjahr und gingen zusammen in die Reserve.

Die UaZ übernahmen vermutlich nach der eigenen 12monatigen Ausbildung an der Flottenschule Parow IHRE Matrosen (SaZ) und bildeten sie an Bord aus.

Offensichtlich wurde für diese Einheiten damals nur einmal im Jahr zum November einberufen. Die neuen Matrosen wurden nach 6 Wochen Grundausbildung an der Flottenschule, also Mitte Dezember, an Bord versetzt.

Diese Kampfkern-Struktur gab es zumindest bei den TS-Booten Proj. 183 der 6. Flottille in Dranske
http://www.rseggert.homepage.t-online.de/Volksmarine/Link3.htm

und den Räum-Pinassen der 4. Flottille in Warnemünde
http://www.vierte-flottille.de/vierteflottille/viewtopic.php?f=16&t=202

Welche Gründe könnte es gegeben haben, dieses System abzuschaffen? Das Problem mit dem noch nicht ausgebildeten 1. Dienstjahr war eigentlich keins, denn die gerade Entlassenen hätten innerhalb von 2 Tagen wieder Einberufen werden können. Die 6 Wochen ohne Matrosen von Ende Oktober bis Mitte Dezember waren die Boote sowieso bereits an Land aufgeslipt.

Und vor allem: EK-Bewegung - Fehlanzeige!

Weis hier jemand mehr?
Welche Schiffs/Bootstypen betraf das?
Von wann bis wann gab es diese Struktur?

Frank 2M3
Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

habichtnorbert

Moin, moin, Frank,

1.) Zeitraum:
1959 - 1960 = Seestreitkräfte
1960 - 1962 = Volksmarine
also die gesammte Übergangszeit von Seestreitkräfte zur Volksmarine,
keine Bordnummern nach Schiffs- / Bootstypen

2.) betraf alle Kampfschiffs- und -bootstypen,

3.) Bordnummern für den Zeitraum 1959 - 1962:
Kampfkern 1: 100 - , 400 - und 700 - 'ter
Kampfkern 2: 200 - , 500 - und 800 - 'ter
Kampfkern 3/ Kampfreseve: 300 - , 600 - und 900 - 'ter Bordnummern,
ohne Unterscheidung nach Schiffs- / Bootstypen,

4.) Hilfsschiffe
seid 1956 ihre Bordnummern beginnend mit Buchstaben und der 2stelligen Nummer und waren nicht darin Intregiert,

5.) Bordnummern nach Schiffs- /Bootstypen:
Seestreitkräfte: 1956 - 1958
Volksmarine: ab 1962 bis 1990 mit Typnummernänderungen einzelner Typen 1976
:MG:
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

2M3

Zitat von: habichtnorbert am 20 Februar 2013, 22:14:37
3.) Bordnummern für den Zeitraum 1959 - 1962:
Kampfkern 1: 100 - , 400 - und 700 - 'ter
Kampfkern 2: 200 - , 500 - und 800 - 'ter
Kampfkern 3/ Kampfreseve: 300 - , 600 - und 900 - 'ter Bordnummern,
ohne Unterscheidung nach Schiffs- / Bootstypen,


Danke Norbert,

Wurden jährlich die Bordnummern geändert oder stieg die nun um ein Jahr älteren Besatzungen jeweils auf ein anderes Schiff/Boot um?

Gruss Frank

Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

habichtnorbert

Hallo Frank,

ja und nein,
die meisten Schiffe und Boote behielten ihre Nummer den gesammten Zeitraum 1959 - 1962,
andere wechselten 1960, erste Nummer 1959 - 1960, zweite Nummer 1960 - 1962, z.B. bei den MLR-Schiffe Habicht & Krake:
4 Schiffe: von 311 auf 720, von 332 auf 740, von 374 auf 750 und von (691) auf 780, 
1 Schiff von 153 auf 311, 
1 Schiff von 211 auf 332,
1 Schiff von 253 auf 211,
1 Schiff von 121 auf 191,
1 Schiff von 184 auf 121,
habe nur die Schiffe genannt, welche mir bekannt sind,

bekommst später noch eine Mail von mir, vieleicht ruf ich morgen auch mal an,
:MG:
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

Eddy

Diese Einteilung in diese drei Kampfkerne betraf die TS-Boote 183 und auch die LTS-Boote 63 und 68.
Wobei bei LTS vier Dienstjahre Mindestdienstzeit waren, da es hier nur einen Offizier und zwei Maate pro Boot gab. Dafür waren aber ca. 50 Boote im Bestand (63.300 = 30 und 68.200 = 27), die aber nie alle gleichzeitig gefahren wurden, da die Struktur nur drei Abteilungen mit a zehn Booten vorsah. Slip, Werft und aD-Stellung sind auch zu beachten.
Ich denke das mit Einführung der großen Einheiten 206 ab 1968, doppelte Besatzungsstärke als bei den 183ern, dieses System geändert wurde. Aber spätestens mit der Eingliederung der Einheiten der VM in das DH System der VOF war es nicht mehr aufrecht zu erhalten. Man hätte hier ja immer eine ganze Brigade als Kampfreserve halten müssen, ein Unding bei den Aufgaben, die im Rahmen der VOF erfüllt werden mußten.
Eddy von der großen Insel

"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"

2M3

Hallo Eddy,

unter folgendem Link http://www.rseggert.homepage.t-online.de/Volksmarine/Link5.htm beschreibt der Hompage-Inhaber, dass die Dienstzeit bei den Schnellbooten der VM (hier Pr. 183) Anfang der 60er für Maate offensichtlich 4 Jahre + 3 Monate und für Matrosen 3 Jahre + 3 Monate betrug. Gab es das zu deiner Dienstzeit auch noch?
Einberufung jeweils zum 1. August
ZitatAm 1.August 1960  nahm ich den Dienst als Freiwilliger bei den damaligen Seestreitkräften der NVA auf. In den ersten Tagen konnte man sich noch kurzfristig für eine Unteroffiziers- oder Offizierslaufbahn entscheiden. Ich legte die Aufnahmeprüfung für die Maatenschule in der Fachrichtung Funk ab und verpflichtete mich für 4 Jahre Dienstzeit. Die Ausbildung erfolgte auf der Flottenschule Parow und dauerte 1 Jahr. Die ersten vier Wochen waren ausschließlich mit militärischer Ausbildung ausgefüllt. Danach schloss sich eine fachliche Ausbildung bis Juli 1961 an. Dabei wurden die Fächer Hören, Geben, Gerätekunde, Elektrotechnik, Funktechnik und Funkbetriebsdienst gelehrt. Am 1. Mai 1961 wurden alle Teilnehmer des Maatenlehrganges zum Obermatrosen befördert. Als am 1. August 1961 die Neueinstellungen erfolgten, wurden die Maatenschüler als Ausbilder eingesetzt. Am 7. Oktober 1961 wurden alle Maatenschüler, die den Lehrgang erfolgreich abgeschlossen hatten, zum Maat befördert. Danach erfolgten die Versetzungen in die vorgesehenen Einheiten.
und Entlassung Ende Oktober
ZitatDieser Dienst dauerte für die betreffende TS-Abteilung bis Ende September. Anfang Oktober wurden die Boote und der schwimmende Stützpunkt nach Rostock-Gehlsdorf verlegt. Dort wurden die Boote abgerüstet und auf der dort befindlichen kleinen Werftanlage aufgeschlippt. Die Funk- und Funkmesstechnik wurde zwecks Instandhaltung zum Stützpunkt Dänholm gebracht. Die Boote wurden in den Wintermonaten von den Besatzungen gewartet und mit Werfthilfe instandgesetzt. Ende Oktober wurden alle Soldaten auf Zeit, deren Dienstzeit abgelaufen war, entlassen. Die Mannschaftsdienstgrade  wurden unterdessen im Laufe des Jahres zum Stabsmatrosen befördert. Unteroffiziere  und Offiziere wurden laufend entsprechend den Laufbahnvorschriften befördert.  Die nun unbesetzten Gefechtsstationen wurden mit neuem Personal von der Flottenschule wieder aufgefüllt. Nun begann wieder eine neue Ausbildungsperiode dieser TS-Abteilung. Die anderen beiden TS-Abteilungen rückten nun entsprechend ihrem Ausbildungsstand nach.
Quelle http://www.rseggert.homepage.t-online.de/Volksmarine/Link3.htm

Gruss 2M3
Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

Eddy

Hallo 2M3,
nein, als ich 1973 in die Flotte kam gab es schon die halbjährlichen Entlassungen und Zuführungen.
Aber Henry Bujack, FuM-Maat auf TS erst 183 dann 206 schreibt dazu folgendes:
Ab Anfang März 1962 übernahm die 3.Gruppe der 6.TSA (KK-I) als erste Einheit die Aufgabe der ständigen Bereitschaft.
Eingliederung der VM (1964) in die Vereinten Ostseeflotten(VOF) .
Das Bereitschaftssystem bekam die neue Bezeichnung Diensthabendes System.
Für die TS-Brigade bedeutete das, ständig eine TS-Bootsgruppe in ständiger Bereitschaft zu halten.
Ab 1964/65 wurde dann die KK-I Abteilung im vollen Bestand in Bereitschaft gehalten.
Ort war (183-er) der Manöverstützpunkt Darßer Ort. Später mit Einführung TS- Boot Projekt 206 war der Ort der Südbug.

Nach Einführung der TS-Boote Projekt 206 wurde die ständige Bereitschaft ganzjährig bei Dislozierung in Sassnitz während der Vereisung anderer Stützpunkte möglich.
Ab 1967/68 Einsatzklarzustand(EKZ)
Personal Technik
KK-I 80% 6 Boote (100%)
KK-II 75% 5 Boote (83%)
KR 50% 4 Boote (65%)
Ab 01.09.1968 wurde die RS-Brigade in das Diensthabende System einbezogen.
Ab November 1970 folgte eine sogenannte Fünftelteilung in der Personalzuführung d.h. Personal kam jetzt halbjährig in die Flottille. Ein nahezu gleichwertiger Kampfwert der Abteilungen wurde erreicht. Eine Untergliederung in KK-I, KK-II und KR entfiel.
Ab Ausbildungsjahr1970/71 wurde der Gefechtsdienst eingeführt.
Der Gefechtsdienstdienst war die höchste Form der Gefechtsbereitschaft.
EKZ Personal 100% Technik 100%
Gleichzeitig erfolgte für die 6.Flottille eine Umstrukturierung, es wurden RTS-Brigaden gebildet.
Eddy von der großen Insel

"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"

2M3

Danke Eddy,

auf der informativen Homepage von @parow http://www.parow-info.de/Einheiten/BordNr.html kann man die Kampfkernstruktur der anderen VM-Einheiten Ende der 50er bis Anfang der 60er gut nachvollziehen. Bei folgenden Schiffs/Bootstypen sind die Bordnummern gedrittelt und beginnen Stand 1.1.1959 mit den Nummern

MLR Habicht 1xx, 2xx, 3xx
MLR Krake 1xx, 2xx, 3xx
RPi Schwalbe 4xx ,5xx, 6xx
TS-Boot 183 1xx, 2xx, zu diesem Zeitpunkt erst 14 von 27 in Dienst, im November 1960 auch 3xx
U-Jäger 201M 7xx, 8xx, 9xx

Gut nachzuvollziehen sind auch die Änderungen der Bordnummern zum jeweiligen Folgejahr. Das dürfte mal eine Erklärung für den damaligen Nummernsalat sein.

2M3
Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

Impressum & Datenschutzerklärung