Deutsches Eingreifen in Finnland 1918

Begonnen von Jan-Hendrik, 13 September 2004, 12:16:44

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Jan-Hendrik

Suche Informationen zur deutschen Intervention in Finnland 1918 . Hab bei Breyer im Werdegang einiger dt. Großkampfschiffe den Vermerk "bei der Befreiung Finnlands eingesetzt" gefunden .

Wer kann mir weiterhelfen ?

Jan-Hendrik
www.Panzer-Archiv.de - die Seite über die Panzer des 2.WKs

kalli

Könntest Du bitte Deine Fragestellung etwas konkretisieren ?
So wie Du fragst, müsste man den gesamten historischen Werdegang Finnland - Russland rezipieren.
Dazu käme noch die gesamte Darlegung der Intervention und der Revolution und des Bürgerkrieges. Für eine Frage ganz schön viel ! :D

Jan-Hendrik

Mir gehts lediglich um genauere Infos zur Beteiligung der dt. Marine hierbei ...


Jan-Hendrik
www.Panzer-Archiv.de - die Seite über die Panzer des 2.WKs

kalli

@Jan-Hendrik,
ich habe mal einen Versuch unternommen, einige Antworten auf deine Fragestellung zusammen zutragen. Hier sind sie :

1.Geschichtliches

Sechseinhalb Jahrhunderte lang war Finnland ein Teil Schwedens, bevor es 1809 an Russland fiel. Neun Jahrzehnte ging das gut, weil der Zar den Finnen weitgehende Autonomie und Sonderrechte gewährte. Als aber Ende des 19. Jahrhunderts eine Russifizierungspolitik einsetzte, erinnerten sich die Finnen der Worte ihres berühmten Philosophen und Staatsmanns Johan Wilhelm Snellman: "Schweden sind wir nicht mehr, Russen wollen wir nicht werden, wir müssen Finnen sein." Kurz nach der russischen Oktoberrevolution erklärten die Finnen am 6. Dezember 1917 ihre Unabhängigkeit.

Über die richtige Staatsform kam es im Frühjahr 1918 zum Streit zwischen Sozialdemokraten, Kommunisten und sozial Schwachen, deren "Rote Garde" von russischen Soldaten unterstützt wurde, und den Bürgerlichen, deren "Weiße Garde" der spätere Marschall und Staatspräsident Carl Gustav Emil Mannerheim befehligte. Dazu gehörten in Deutschland ausgebildete finnische Jägeroffiziere, schwedische Freiwillige und die deutsche Ostseedivision.

Der am 28.Januar 1918 begonnene Krieg von Finnen gegen Finnen - von den einen als Freiheits-, von den anderen als Bürgerkrieg empfunden - dauerte sechs Monate und kostete 35.000 Menschenleben. Als Mannerheim in einem Tagesbefehl den Sieg der "Weißen" verkündete, sprach er von einem "Sieg der Kultur über die russischen Bolschewisten und ihre weltumstürzenden, zivilisationszerstörenden Lehren", erwähnte allerdings mit keinem Wort, dass primär Finnen gegen Finnen gekämpft hatten. Da bei einem Sieg der "Roten" Finnland eine Sowjetrepublik geworden wäre, betrachteten die "Weißen" die Unterlegenen als Landesverräter; diese wurden deshalb zu Tausenden standrechtlich erschossen. Von den 70.000 gefangenen Rotgardisten starben über 10.000 an Hunger und Krankheiten in den Lagern.

Die harte Auseinandersetzung zwischen "Weiß" und "Rot" hatte fast ein halbes Jahrhundert lang Einfluss auf das Wahlverhalten der Kinder und Kindeskinder der Beteiligten. Da half es auch nichts, dass während der beiden Kriege gegen die Sowjetunion (1939/40 und 1941-44) auch die ehemaligen "Roten" als nationalbewusste Finnen gegen die Russen kämpften und viele von ihnen fielen. Auch bei der Forschung zu diesem Abschnitt der finnischen Geschichte gab es jahrzehntelang eine Spaltung in Freiheitskriegs- und Klassenkampfliteratur. Auf unparteiische Untersuchungen und eine Gegenüberstellung von roten und weißen Terror musste man lange warten.
Quelle : Siegfried Löffler
Finnland 1918: Sowjetisch oder unabhängig?

2.Zur Rolle Deutschlands im finnischen Bürgerkrieg

Es ist hierzulande wenig bekannt, dass im Bürgerkrieg in Finnland auf der Seite der ,,Weißen" gegen die von Russland unterstützten ,,Roten" auch viele Deutsche kämpften.
Hierbei ging es um eine ,,Hilfsoperation" unter der Leitung des Kommandeurs der Ostseedivision, Generalmajor Rüdiger von der Goltz, bei der 12.000 deutsche Soldaten an der finnischen Südküste landeten.
Ein weiteres Kapitel der deutschen Beteiligung sind die ,,finnischen Jäger".
Die finnischen Jäger wurden während des 1. Weltkrieges heimlich nach Deutschland gebracht, um  im Lokstedter Lager in Schleswig Holstein im Jägerbatalliom 27 ausgebildet zu werden.
Sie ( die Jäger ) bildeten den Stamm des Offizierskorps des unabhängigen Finnland und gingen in Vasa an Land, um erfolgreich gegen die ,,Roten" zu kämpfen.
Die Schaffung der Grundlage für die erfolgreiche Operation des Feldmarschalls Mannerheim oblag allerdings der deutschen Kriegsmarine.
Ende Februar 1918 wurde unter Führung des Konteradmirals Hugo Meurer der Sonder- verband Ostsee aufgestellt.

Dieser Verband setzte sich folgendermaßen zusammen :
 
Linienschiffe SMS WESTFALEN (Flaggschiff) und SMS RHEINLAND
Minenkreuzer NAUTILUS III.Sperrbrechergruppe
4 Torpedoboote 9.Minensuchhalbflottille
7 Hilfsschiffe Transportdampfer

zusätzlich:
Linienschiff SMS POSEN Küstenpanzerschiff SMS BEOWULF
Kleiner Kreuzer SMS KOLBERG (Ersatz für RHEINLAND)
Hilfskreuzer SMS MÖWE 4.Minensuchhalbflottille

Der Auftrag dieses Verbandes bestand

in der  Errichtung eines Stützpunktes auf den Aaland Inseln,
der Überführung der Ostsee-Division nach Finnland und
an der Beteiligung an den Operationen vor der finnischen Küste

Mit diplomatischem Geschick und Unterstützung der örtlichen Bevölkerung konnte von Schweden die Nutzung der Aaland-Inseln als Stützpunkt erreicht werden. Unter schwierigen meteorologischen Bedingungen (Eis, Nebel) wurden weiträumige Minensucharbeiten (400 sm--Weg) durchgeführt; Eis behinderte auch den Vormarsch zur See und an Land; Heerestruppen marschierten z.B. nach Ausschiffung auf den Aaland-Inseln über das Eis aufs Festland. Hangö wurde am 5.4.1918 bei nur geringem Widerstand besetzt; am 14.4.1918 waren die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Helsinki (Helsingfors) nach Eingreifen eines Landungskorps der deutschen Marine beendet. Der deutsche Verband verblieb dort bis 30.4.1918.

Bilder und die technischen Angaben zu den beteiligten Schiffen S.M.S. sind zum Teil hier zu sehen :

http://www.kaiserliche-marine.de/

( ich weiß, dass Tsushima bessere Fotos hat- leider konnte ich auf die Schnelle nicht da ran)
:D

Ich hoffe, dass es dir weiter hilft.
Gruß
Kalli

Jan-Hendrik

Kompliment ! Vielen Dank für diese ausführlichen Angaben & Erklärungen !

Jan-Hendrik
www.Panzer-Archiv.de - die Seite über die Panzer des 2.WKs

kalli

@Jan-Hendrik,
Danke für das Kompliment. Hier ist ein Bild der "Westfalen"

Quelle: Archiv Tsushima

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