Lepanto

Begonnen von Dr. Clony, 13 Januar 2013, 13:47:03

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Dr. Clony

Bei der Seeschlacht von Lepanto 1571 hatten die hochwandigen venezianischen Galeassen ja einen bedeutenden Teil zum Sieg der Heiligen Liga beigetragen. Es stellt sich mir aber doch die Frage, wieso man dann so stark auf Galeeren setzte. Natürlich hatten diese in Küstennahengebieten und bei Windstille einen großen Vorteil, aber ein stärkerer Einsatz von großen Segelschiffen wie z.B: Galeonen, oder vielleicht umgerüsteten Handelsschiffen wäre doch sicher von großem Vorteil gewesen, oder etwa nicht?

Q

#1
Woher nehmen wenn nicht stehlen? Wo sollten denn die zusaetzlichen Galeassen (war ja ne Neuentwicklung der Vemizianer) her kommen ganz zu schweigen von Galeonen, die zu diesem Zeitraum eher gen Manila oder zu den Inseln unter dem Winde unterwegs waren.


Don't Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Dr. Clony am 13 Januar 2013, 13:47:03
aber ein stärkerer Einsatz von großen Segelschiffen wie z.B: Galeonen, oder vielleicht umgerüsteten Handelsschiffen wäre doch sicher von großem Vorteil gewesen, oder etwa nicht?

Die Schlacht fand auf beengtem Raum statt. Damalige (schwerfällige) Segelschiffe waren beim Manövrieren kaum in der Lage zu wenden (Bug durch den Wind drehen), sondern mußten halsen (Heck durch den Wind drehen) und verloren dabei u.U. mehr als 1 sm Luvraum. Das war unter den gegebenen Umständen ein großer Nachteil und für "militärische" Manöver kaum hinzunehmen. Eine "Lineartaktik" wie im 17. - 19. Jahrhundert war noch nicht entwickelt, da es noch keine großen Seeschlachten von Segelschiffen gegeben hatte (die "erste" (aber noch nicht "linear") war der Kampf der britischen Schiffe gegen die Armada 1588).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Sterntreter

Die Beantwortung der Frage ganz oben beinhaltet ein ganzes Paket an betroffenen Bereichen: Auf Galeeren hatten Adlige einen angesehenen Posten. Ein Galeerenposten steigerte ihr persönliches Ansehen. Dabei waren die durchaus anerkannten großen Gefahren (Sturm, offene Decks, hohes persönliches Engagement als Erfordernis) genau jene Anforderungen, die einen Adligen eben adeln.
Die Infrastruktur zur Versorgung der Galeeren, hier seien jetzt mal nur die Ruderer betrachtet, sind seit langer Zeit organisiert und eingeübt. Für nicht wenige Menschen bildete es ein gesichertes Einkommen - sowohl die Ruderer selber, wie auch die Zunft(!) der Riemenschneider. Außerdem bot die Galeerenstrafe Gefangenen die Möglichkeit eher aus der Haft zu entkommen. Knast bedeutete damals für Ottonormalo Hunger und Krankheit - an Bord frische Luft und Verpflegung und die Aussicht nach festgelegter Zeit eher freigelassen zu werden. Dann der Schiffbau selber: Die Galeeren wurden von Leuten gebaut, die jahrelange Praxis hatten und alles auf den Bau dieses speziellen Types ausgerichtet haben - entsprechendes Material in Größe und Menge, ausgebildetes Personal, finanzielle Erfordernisse. Und dies alles sollte man gegen die bürgerlichen Segelschiffe eintauschen? Die bei Windstille erhebliche Probleme haben? Eine ganze Struktur in der Stadt gefährden, Berufsgruppen arbeitslos machen? Die schmutzigen und ruhmlosen Kanonen gegen das edle Schwert tauschen?
Nicht umsonst hat der Malteserorden erst 1700 mit Segelschiffen angefangen und parallel die Galeeren beibehalten. Der Papst auch erst etwa zur selben Zeit. Die Venezianer hatten einzelne Schiffe schon eher, aber als Flotte auch erst um - 1700! Frankreich und Spanien behielten ebenfalls ihre Galeerenflotten auch nur im Mittelmeer bei. Für Venedig liegt ja eine ganze Reihe von Lit. vor, ebenso Malta (hier auf engl und dt.!), Kirsch mit "Galeonen" gibt aus anderer Perspektive u.a. einen Eindruck von Seefahrt im Mittelmeer im 16./17. Jhd.

AND1

Die vier neuen Geleasen konnten nicht so leicht geentert werden.

Elektroheizer

#5
Schöne Darstellung der Hintergründe. Eine Anmerrkung habe ich aber:

Zitat von: Sterntreter am 23 Juni 2016, 10:42:36
Die Infrastruktur zur Versorgung der Galeeren, hier seien jetzt mal nur die Ruderer betrachtet, sind seit langer Zeit organisiert und eingeübt. Für nicht wenige Menschen bildete es ein gesichertes Einkommen - sowohl die Ruderer selber, wie auch die Zunft(!) der Riemenschneider.
Hast Du für den letzen Punkt Belege? "Riemenschneider" kenne ich als einen der Leder verarbeitenden Berufe im Mittelalter. Unter diesem Namen gibt es noch heute ein Hand-Werkzeug, das für die Herstellung von Gürteln, Schnallen und ähnlichem genutzt wird.

"Rudermacher" dürfte hier die richtige Bezeichnung sein. Google findet dazu einige Treffer, vorzugsweise in Verbindung mit Venedig (sic!).
Ich habe das Grauen gesehn

AND1

Es waren sechs Galeassen (Die eigens gebauten hochbordigen Galeassen konnte nicht gekapert werden) (Vier Galeassen setzten 108 Galeeren außer Gefecht mit ihren Geschützen) unter dem Venizianer Franceso Doro vor den eigentlichen Linien und dem Oberbefehl Juan Daustria. Admiral Sebastian Venir und der Römer Marc Antonio Colonna sicherten die Flanken. Aus Doku TV.

Sterntreter

Zitat von: Elektroheizer am 24 Juni 2016, 20:43:41

Hast Du für den letzen Punkt Belege? "Riemenschneider" kenne ich als einen der Leder verarbeitenden Berufe im Mittelalter. Unter diesem Namen gibt es noch heute ein Hand-Werkzeug, das für die Herstellung von Gürteln, Schnallen und ähnlichem genutzt wird.

"Rudermacher" dürfte hier die richtige Bezeichnung sein. Google findet dazu einige Treffer, vorzugsweise in Verbindung mit Venedig (sic!).
Mal jemand der aufpasst! Sehr gut! Im Original heissen sie "remeri". Nur wollte ich nicht "Rudermacher" verwenden, denn das sitzt woanders! Und Riemenmacher klinkt komisch und einen Begriff in dt. kenn ich nicht. Es gibt sogar einen Tilman Riemenschneider - an den hatte ich mich erinnert. Naja nehmen wir also Riemenmacher. Im engl. übrigens "oarmaker". Lit: Robert C. Davis: "Shipbuilders of the Venetian Arsenal. Workers and Workspace in the Preindustrial City", Baltimore (MD) 1991

Gruß Sterntreter

Impressum & Datenschutzerklärung