Die Welt ohne Washington-Vertrag

Begonnen von Huszar, 01 März 2012, 08:52:50

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Peter Strasser

Klaus Günther - aber so ist es dann nur noch unrealistischer als ohnehin schon.
Warum ausgerechnet Togo?
Und wieso nur Enklaven in Deutsch-Ostafrika. Ohne Zugang zur See wären die doch gar nicht Überlebensfähig... Naja, what if halt...

Götz von Berlichingen

#16
Zitat von: bodrog am 02 März 2012, 18:26:06Wenn wir bei den Rahmenbedingungen bleiben, dann sollte nicht vergessen werden, dass der Schlachtschiffbau schon 1914 kaum mehr finanzierbar (jedenfalls nicht ohne grundlegende Steuerreform) war - Kontributionen gibt's aber bei einem Kompromissfrieden nicht. Hat jemand zufällig mal einen Kostenvoranschlag für ein L 20 e alpha-Schiff gesehen?

Aber die viel spannendere Frage ist, wie wirken sich die Erkenntnisse und Erfahrungen des I WK bei den Schiffstypen aus?

PS: Auf jeden Fall höhere Geschwindigkeit ist ein Muss.

Zitat von: Urs Hessling am 02 März 2012, 15:58:57

Zitat von: Huszar am 02 März 2012, 08:25:24
Meine erste Runde (bis 1922 herum) wäre:
- alles vor Braunschweig,
- alles vor VdT
- alles vor Stettin/Stuttgart, ev. auch noch diese beiden.

Das wäre in Anbetracht der Qualität der möglichen Gegner (zumindest GB mit Super-Dreadnoughts) schon 1914 fällig gewesen ...

[...]

Alles, was in einem Gefecht, in dem Dreadnoughts auftreten, nicht mithalten oder mit überlegener Geschwindigkeit entkommen kann, muß weg. (die "Deutschlands" hatten am Skagerrak noch Glück) ... Also ich halte an meinem Vorschlag fest.

Zustimmung. Das II. Geschwader wurde nach Skagerrak ja auch aus der Front gezogen. Für die über 800 Mann der Pommern leider zu spät...

Das Flottengesetz in der Fassung von 1912 sah ja als aktive Flotte drei Linienschiffsgeschwader zu je 8 Schiffen und ein Flottenflaggschiff vor, dazu 8 Große Kreuzer und 18 Kleine Kreuzer.
Als Reserveschlachtflotte sollten 2 Linienschiffsgeschwader, 4 Große Kreuzer und 12 Kleine Kreuzer vorgehalten werden.

Von den drei aktiven Geschwadern bestanden am Skagerrak nur zwei aus vollwertigen Großkampfschiffen (I. [Nassau- und Ostfriesland-Klasse] und III. Geschwader [König- und Kaiser-Klasse]). Die Teilnahme des II. Geschwaders (Braunschweig- und Deutschland-Klasse - »Zehn-Minuten-Geschwader«) war äußerst fragwürdig, da es gegen die modernen britischen Dreadnoughts keine Chance hatte, gegen Torpedotreffer auch nicht ausreichend geschützt war und obendrein noch den Rest der Flotte durch seine geringe Geschwindigkeit taktisch behinderte.

Die zwei Geschwader der Reserveschlachtflotte mit noch älteren und unbrauchbareren Schiffen als das II. Geschwader konnte man vollends vergessen.

Bezüglich der hier aufgeworfenen Fragen steht eigentlich alles Wesentliche in dem Buch von Friedrich Forstmeyer und Siegfried Breyer »Deutsche Großkampfschiffe 1915 bis 1918. Die Entwicklung der Typenfrage im Ersten Weltkrieg« (Bernard & Graefe, Bonn 2002).

So vertrat der neue Staatssekretär im Reichsmarineamt, Admiral von Capelle, in einem Immediatvortrag vor dem Kaiser schon einen Monat vor der Skagerrak-Schlacht, am 29. April 1916, die Ansicht,

»[...] Zur Kriegführung gegen England benötige das Reich schnelle, starke Schiffe. Vielleicht sollten 2½ Geschwader außer Dienst gestellt werden. Auch müßten wegen der erheblichen Verteuerung der Schiffe die bisherigen Zahlen des Flottengesetzes in Bezug auf Großkampfschiffe reduziert werden. [...] « [Forstmeier, a.a.O., S. 23]

Nach Skagerrak war das II. Geschwader ja, wie erwähnt, aus der Front gezogen worden.

Admiral von Capelle schlug in einer Besprechung mit den Amtschefs von A, K und M am 24. August 1916, also drei Monate nach Skagerrak, Folgendes vor:

»Deshalb halte er es für richtig - als »vorläufige große Linie der Baupolitik« - die sieben Panzerkreuzer-Ersatzbauten [Mackensen- und Ersatz-Yorck-Klasse, Anm. GvB] des Typs Viktoria Luise als Schlachtkreuzer weiterzubauen und die 38-cm-Linienschiffsdivision [Bayern-Klasse] durch eine weitere verbesserte Linienschiffsdivision von vier Schiffen zum Geschwader zu komplettieren.« [Forstmeier S. 32]

Bei einer Sitzung am 29. August 1916 präzisierte er:

»Eine Lebensdauer von 20 Jahren und ein Bautempo von zwei Schiffen pro Jahr zugrunde gelegt, wäre künftig mit einer Großkampfschifflotte von 40 Einheiten zu rechnen unter Einbeziehung der vorhandenen und bis dahin in Bau gegebenen Schiffe von der Nassau-Klasse ab (Einteilung in drei Linienschiffsgeschwader zu 6, später 8 Schiffen, plus ein Flottenflaggschiff und zwei Panzerkreuzergeschwader zu je 6 Schiffen).
Danach »wäre es ein rationeller Bauplan, die [...] 8 Panzerkreuzer [»Hindenburg« und Mackensen- / Ersatz-Yorck-Klasse, Anm. GvB] fertig zu bauen, danach die 4 Linienschiffe [Bayern-Klasse-Nachfolger, Entwurf noch offen, Anm. GvB], die die Geschwader auf je acht Schiffe ergänzen und endlich die an der Zahl 40 noch fehlenden Panzerkreuzer«.
[Forstmeier S. 33]

Der Flottenchef sprach sich vehement für den vorrangigen Bau von Großen Kreuzern, die den neuesten britischen Schlachtkreuzern in Bezug auf Geschwindigkeit und die Schwere Artillerie überlegen sein sollten, aus und wies darauf hin, daß selbst nach Zulauf von »Hindenburg« und den sieben Großen Kreuzern der »Mackensen«- und Ersatz-Yorck-Klasse, auch diese neuesten deutschen Schiffe den neuesten britischen in Bezug auf das Kaliber der SA und die Geschwindigkeit nicht gewachsen sein würden.

Er forderte deshalb, auf den Bau der vier Linienschiffe vorläufig zu verzichten und stattdessen Panzerkreuzer in Auftrag zu geben, sowie die Umkonstruktion der noch nicht so weit fortgeschrittenen Einheiten der Mackensen-Klasse auf ein größeres Kaliber der SA.

Zwei Wochen nach der Skagerrak-Schlacht sandte Admiral Scheer an den Staatssekretär des Reichsmarineamtes eine Stellungnahme, in der er ausführte, »da Deutschland an Zahl der Schiffe England unterlegen sei, forderte Scheer, die deutsche Überlegenheit in der Schiffseinheit müsse »unbedingt« gesichert sein, ungeachtet der damit verbundenen Steigerung des Deplacements und der Kosten. Die durch die Kriegserfahrungen bestätigten Hauptforderungen lauteten:

  • a) höhere Geschwindigkeit
  • b) stärkere Artilleriebewaffnung
  • c) besserer Horizontalpanzerschutz
[Forstmeier, S. 27]


In einer Denkschrift vom 16. August 1916 forderte das Kommando der Hochseeflotte ein höheres Kaliber als 38 cm, mindestens 90 Schuß pro Geschütz und eine Schußweite von 300 hm. »Als Torpedoboot-Abwehrgeschütz wurden 15-cm-BAK [Ballonabwehrkanonen] gefordert mit einer Munitionierung von 150 Schuß und einer Schußweite von 180 hm. Die Geschwindigkeit neuer Großkampfschiffe müsse höher sein als bei den modernsten Schiffen Englands. [...] Abschließend hob das Kommando der Hochseeflotte hervor, daß sowohl in strategischer als auch in taktischer Beziehung »der Geschwindigkeit ausschlaggebende Bedeutung« zuerkannt werden müsse. Bei Panzerkreuzerneubau dürfe dieser Faktor »keine Verringerung erfahren.« [Forstmeier, S. 31]

In einem Schreiben, das unglücklicheweise einen Tag nach der Sitzung im RMA vom 29. August 1916 eintraf, führte das Kommando der Hochseeflotte aus, daß von den folgenden Forderungen nicht abgegangen werden könne:

  • Das Kaliber 42 cm
  • Überlegene Geschwindigkeit
  • Der Bau von Panzerkreuzern mit überlegenen Kampfeigenschaften, der von Linienschiffen erst danach
Das Kommando der Hochseeflotte wies darauf hin, daß für die zahlenmäßig kleinere Flotte die Überlegenheit in der Artilleriebewaffnung unabdingbar sei, da davon die möglichst frühzeitig erwünschte vernichtende Wirkung des Einzeltreffers auf größte Entfernung abhänge. Es dürfe daher keinesfalls die gute Wirkung des eigenen Artilleriefeuers in der Skagerrakschlacht die Forderung nach Überlegenheit des eigenen schweren Kalibers über das des Feindes beeinträchtigen. Es wurde insofern darauf hingewiesen, daß bei ebenbürtiger oder überlegener SA-Bewaffnung der eigenen Großen Kreuzer in der ersten Phase der Schlacht das englische Schlachtkreuzergeschwader vermutlich vernichtet worden wäre. Es könne nicht mehr verantwortet werden, daß man im Kaliber der SA so weit hinter dem Gegner zurückstehe wie bisher.
Bezüglich der Geschwindigkeit stellte das Kdo. der Hochseeflotte fest, daß selbst die schnellen Linienschiffe der Queen Elisabeth-Klasse schneller als die eigenen Großen Kreuzer waren und es durch diesen Geschwindigkeitsüberschuß dem Feind möglich war, die deutsche Spitze nach Osten abzudrängen und so die rechtzeitige Aufklärung der Anwesenheit des britischen Gros zu verhindern. [S. 34]

Der Admiralstabschef wies darauf hin, daß seiner Ansicht nach die Forderung nach einer Erhöhung der Geschwindigkeit nicht auf Kosten des Schutzes gehen dürfe, was gerade die Skagerrak-Schlacht eindringlich bewiesen habe. Zudem sei zu erwarten, daß die Engländer nun ihrerseits den Schutz ihrer Schiffe verstärken und die Wirkung ihrer Panzersprenggranaten verbessern würden, worauf man sich deutscherseits einzustellen habe. [S. 35]

Da ein entsprechend den Forderungen der Front konstruierter Großer Kreuzer hinsichtlich seines Deplacements und der Abmessungen die von der Infrastruktur vorgegebenen Ausmaße erheblich überschreiten würde, entschlossen sich Staatssekretär und Admiralstabschef dazu, entgegen dem Wunsch des Kommandos der Hochseeflotte, die nächsten vier Neubauten als Linienschiffe in Auftrag zu geben, da hierfür die militärischen Forderungen mit den infrastukturellen Gegebenheiten eher in Einklang zu bringen seien als für den von der Front gewünschten Großen Kreuzer.

Für den Entwurf wurden 8 : 42 cm Geschütze vorgesehen, wobei sich darum wieder eine kontroverse Diskussion entwickelte, da ein solches Geschütz erst konstruiert werden und ein 42-cm-Doppelturm erst auf dem Schießplatz erprobt werden müßte, wobei zweifelhaft sei, daß die Fertigstellung rechtzeitig erfolgen könnte, wogegen der 38-cm-Doppelturm vorhanden sei.

Die Geschwindigkeit sollte 3 kn höher als die der »Bayern«-Klasse sein, Länge 235 m, Breite 30,4 m, Tiefgang 9,8 m, Deplacement mit vollen Bunkern 42.500 t, MA von 12 bis 14 x 15 cm.

Bezüglich der »Bayern«-Klasse hatte übrigens das Kommando der Hochseeflotte am 2. August 1916 darauf hingewiesen, daß deren Panzerung verstärkt werden müsse:
»SMS Bayern hatte hierzu gemeldet, daß

  • a) die Höhe des Seitenpanzers im Hinterschiff
  • b) die Entwicklung des Deckspanzers
unzureichend seien. Das Hochseekommando wies zusätzlich auf die schrägen Stirnflächen der schweren Türme als bedenkliche Schwäche hin; ihre Verstärkung sei dringend erwünscht, da die Schrägung für Treffer günstige Auftreffwinkel biete, wie das Beispiel Derfflinger erweise. [BA MA 4144]« [Forstmeier, S. 28]

Bei einer weiteren Besprechung am 16. Oktober 1916 forderte der um seine Meinung gefragte ehemalige »König«-Kommandant Kapitän zur See Brüninghaus:

  • 1. Erheblich mehr Raum für Maschinen- und Kesselräume
  • 2. Damit verbunden erhebliche Steigerung der Geschwindigkeit
  • 3. Bessere Unterteilung der Räume und verbesserte Lenzeinrichtungen
  • 4. Bessere Panzerung von Bug und Heck
  • 5. Verstärkung des Horizontalpanzers

[Forstmeier, S. 37]


Lange Rede, kurzer Sinn:

In Anbetracht der schon erwähnten erheblichen Kostensteigerungen der Großkampfschiffe, sowie der finanziellen Situation (Kriegskosten, Versorgung der Kriegsopfer und Hinterbliebenen, Rückzahlung der Kriegsanleihen usw.), wäre es wohl bei dem Bau der vier Bayern-Nachfolger (eventuell plus einem weiteren Schiff als Flottenflaggschiff) und der »Mackensen«- / Ersatz-Yorck-Klasse (»Ausonia« nicht zu vergessen!) geblieben.
Spätestens nach Zulauf dieser Einheiten hätte man die »Nassau«- und »Ostfriesland«-Klassen mit ihren Kolbendampfmaschinen ausmustern müssen, ebenso »Von der Tann« und »Moltke«.

Man hätte dann zwei Geschwader zu je zwei Divisionen gehabt mit »Kaiser-« (5 Schiffe], »König-« (4 Einheiten), »Bayern-« (4 Einheiten) und »Bayern-Nachfolger«-Klasse (4, evtl. 5 mit Flottenflaggschiff), dazu »Seydlitz«, »Derfflinger«, »Hindenburg«, vier »Mackensen« und drei »Ersatz Yorck«.

Mehr wäre mit Sicherheit nicht zu finanzieren gewesen.

Zitat von: bodrog am 02 März 2012, 18:26:06
Wenn wir bei den Rahmenbedingungen bleiben, dann sollte nicht vergeesen werden, dass der Schlachtschiffbau schon 1914 kaum mehr finanzierbar (jedenfalls nicht ohne grundlegende Steuerreform) war

Apropos Finanzierung:

Hierzu ein köstliches Stück aus dem Jahre 1906 (Stapellauf der letzten beiden Linienschiffe der »Deutschland«-Klasse  :-D) von dem unvergleichlichen Otto Reutter nach der Melodie des Preußenliedes (»Ich bin ein Preuße, kennt Ihr meine Farben«), in dem er den damaligen Staatssekretär des Reichsschatzamtes, → [wiki]Hermann_von_Stengel[/wiki] und dessen Steuererhöhungen zur Finanzierung der Flottenrüstung, auf die Schippe nimmt:



»Ich bin ein Deutscher, drum tönt meine Leier
Für Herrn von Stengel, der die Flotte mehrt.
Er schafft uns Erbschafts-, Bier- und Tabaksteuer
Und anderes noch hat Stengel uns beschert.
Mag mancher dies bemängeln,
Ich falle nicht von Stengeln.
Ich steure gern im Lande Schwarz-Weiß-Rot,
Ich bin ein echter, deutscher Patriot!

Ich bin sonst selten Eisenbahn gefahren,
Denn wenn so'n Zug entgleist — das ist fatal!
Jetzt wird gefahren, trotzend den Gefahren,
Weil ich für's Reich die Kartensteuer zahl!
Einst fuhr ich vierter Klasse,
Das bringt nichts in die Kasse!
Erstklass'ge Menschen tun dem Lande not,
Ich fahr' als echter, deutscher Patriot!

Das Rauchen schien mir früher zu vermessen,
Weil mir sehr leicht 'ne Katastrophe droht.
Jetzt rauch ich stets, ich rauch sogar beim Essen,
Ich rauch selbst hier, trotz Polizeiverbot!
Am frühsten Morgen greife
Ich schon nach meiner Pfeife
Und rauche bis zum Abend wie ein Schlot.
Ich bin ein echter, deutscher Patriot!

Im Trinken konnt' ich's nie zu etwas bringen.
Jetzt aber trink ich mehr als wie genügt,
Denn unsere Gegenwart muß Bier verschlingen,
Weil unsere Zukunft auf dem Wasser liegt!
Ich bin kein Flottenhasser,
Ich trink mein Bier für's Wasser.
Bin ich berauscht, ruft man: ,,Potz Sapperlot -
So sauft ein echter, deutscher Patriot!"

Das Automobil, ich sag's mit froher Miene
Ist auch 'ne Sache, die jetzt Steuern bringt.
Ich pump mir's Geld für solche Kraftmaschine
Ich kauf sie mir — und wenn sie noch so stinkt
Und sollt' mir beim Kutschieren
Auch ein Malheur passieren,
Brech ich die Knochen, hat es keine Not,
Ich sterb als echter, deutscher Patriot!

Die Erbschaftssteuer kommt, die vielgenannte,
Könnt' ich was erben — gerne zahlt' ich da!
Da fällt mir ein, ich hab 'ne alte Tante,
Die Dame wohnt in Südamerika.
Von der muß ich was erben,
Die muß für Deutschland sterben!
Stirbt 'se nicht bald, schlag ich das Luder tot,
Ich bin ein echter deutscher Patriot!«


:-D :-D

Urs Heßling

#17
Zitat von: Götz von Berlichingen am 02 März 2012, 22:31:13
Lange Rede, kurzer Sinn:

...

impulsiv war: Zustimmung. ... Erster Folgegedanke: Das ist aber immer noch eine "Tirpitz"-Flotte  :| ... ?

nach "Überschlafen" nun : nein

Zitat von: ufo am 02 März 2012, 16:19:19
Tirpitz haette vom Deutschen Volk verlangen koennen, die Schlote der Schiffe mit Blattgold zu belegen und SMS Sydlitz in Scheiben zu schneiden und aufgebockt vorm Brandenburger Tor wieder aufzubauen.

Das sehe ich nun diametral anders. Ich denke, das deutsche Volk ist kriegsmüde (siehe zahlreiche Desertionen im Heer und die psychologische Situation in der Flotte im Herbst 1918) und erschöpft (Lebensmittelkarten, Steckrübenwinter, ...).
Die Matrosen der Schlachtschiffbesatzungen wollen - verständlicherweise - einfach nach Hause.

Hypothese: Die nächste Reichstagswahl wird die SPD mit hoher Mehrheit gewinnen; dann ist es vorbei mit den "Flottengesetzen" ... , evt. wird der Kaiser sich, zur Wahrung der Monarchie, auf eine "parlamentarische" nach britischem Vorbild einlassen müssen.

Sehen wir uns weiter an, was an Schlachtschiffneubau in den Siegernationen stattfand, außer 2  x "Nelson" erst einmal lange nichts, denn  top:
Zitat von: bodrog am 02 März 2012, 18:26:06Wenn wir bei den Rahmenbedingungen bleiben, dann sollte nicht vergessen werden, dass der Schlachtschiffbau schon 1914 kaum mehr finanzierbar (jedenfalls nicht ohne grundlegende Steuerreform) war

Wie bekommt die deutsche Marine - ohne Neubauten ! - die von @Götz so klar aufgezeigten top Forderungen in die Umsetzung ?? (das angedeutete "Superschlachtschiff" mit Verbesserungen überall und 42 cm-Bewaffnung nimmt "Tirpitz" vorweg)

Vorschlag 2
Prämisse
- Verschrottung wie zuvor (beantwortet Alex` Frage 1 bez. Deutschland)
- Fertigbau Sachsen, Württemberg wie geplant (nach Erfahrung: ohne vorderen TR),
- Fertigbau Mackensen, Graf Spee wie geplant (3. und 4. Schiff nicht, ebenso wenig wie die 3 "Ersatz Yorck" > Schrott)
damit vorhanden: 6 Schlachtkreuzer, 13 Schlachtschiffe

und jetzt kommt die Prüfung für
Umbau Derfflinger, Hindenburg zu Mackensen-Bewaffnung (35 cm)
Umbau "König" wie etwa "Cavour", d.h. Wegfall mittlerer Turm, Vergrößerung Antriebsleistung, Verbesserung Schiffsschutz und Reichweite, evt. auch Bewaffnung zu 35 cm ? ... und vielleicht sogar eine Verbesserung der "Wohnlichkeit" fürdie Mannschaften (schön wär´s) ...
Umbau "Kaiser" dito, Wegfall beider mittlerer Türme, sonst wie "König", durch Reduzierung auf 6 Geschütze Prüfung "35 cm" noch wichtiger

weiter, international (Alex Frage 1)
Verschrottung
- alle "pre-Dreadnought"-Schlachtschiffe
- alle "Panzerkreuzer" und Schlachtkreuzer der 1. Generation (Invincible)
- alles "nicht kriegswichtige" wie z.B. die US "four stacker" - zumindest wird "eingemottet"

Neubauten (Alex Frage 3)
- Flugzeugträger (nicht nur Japan, GB, US)
- Kreuzer mit Doppel- (wie Duguay-Trouin) und Drillingsturm
- in Deutschland als Ersatz für Moltke und Seydlitz nach 15 Jahren (wegen Entwicklung DM-Technik) : Panzerschiffe

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bodrog

Langsam nähern wir uns der Situation, wie ich sie mir auch vorgestellt habe:

Innenpolitisch ist im Reich die konstitutionelle Monarchie fällig (das wird ja schon seit Mitte 1918 vorangetrieben). Die Erkenntnis des Krieges lautet, eine Flotte ist notwendig, allein schon wegen der Einfuhr kriegsnotwendiger Güter. Also braucht es auch Schlachtschiffe. Dazu die Erkenntnis (ob notwenig oder nicht, man baut ja auch das was die anderen haben) Flugzeugträger brauchen wir auch! Vielleicht könnte man ja die Rümpfe ab Ersatz-Yorck analog zu Courageous adaptieren, sind ja konstruktionsmäßig recht schnelle Schiffe oder vdT und Moltke. Ansonsten wird das Flottengesetz halt 1918/20 novelliert und zurechtgestutzt.

International geht das Rüsten zumindest in USA (South Dakota, Lexington) und Japan (8/8-Plan) weiter, heißt also muss England mitziehen  (Admiral-Klasse, G3 und N3). Wie es in Frankreich aussieht, kann ich nicht beurteilen, da schließlich ein Teil der wichtigsten Industriegebiete im Norden besetzt war und evtl. nicht voll leistungsfähig ist. Italien dito. Findet in Russland der Oktoberumsturz statt, werden dort jedenfalls erstmal keine großen Schiffe gebaut (mit welcher Industrie auch, dort hungert man schließlich). Ungeklärt bleibt die finanzielle Leistungsfähigkeit aller beteiligten Staaten. Vielleicht siegt aber auch die Vernunft und es gibt etwas ähnliches wie Washington, zumindest eine Tonnage-Begrenzung.

MfG

Ulli

Peter Strasser

#19
Zitat(ob notwenig oder nicht, man baut ja auch das was die anderen haben) Flugzeugträger brauchen wir auch!
Die hierdurch unterschwellig anklingende Auffassung, dass man Flugzeugträger nur gebaut hätte, um den anderen nicht nachzustehen, ist so nicht richtig.
Das Flugzeugmutterschiff STUTTGART ist bezeichnend für die Bedeutung, die man einer Flugsicherung im Küstenvorfeld zusprach. AUSONIA ist ein wegweisender Entwurf für die Kaiserliche Marine, der intensiv diskutiert wurde. Zudem gab es weitere Trägerplanungen, die - bishin zum Großträger - sicher eine Umsetzung gefunden hätten sobald die notwendigen Werftkapazitäten hierzu frei geworden wären.

Gruß
Piet

Huszar

Moin, Moin,

Entwickelt sich schön!  :-D

Mal einige GEdanken:
1, Kolonien:
Togo hab ich vorgeschlagen, weil mM dies die einzige Kolonie ist, die nicht störend auf die anderen Kolonialreiche auswirkt. Dt-Ost liegt mitten in der englischen Nord-Süd-Verbindung, auch mit L-V in der Gegend wäre die Kolonie zu wichtig für die Engländer, ums wieder herzugeben. Dt-SW liegt einerseits neben den engl. Kernkolonien in Südafrika, andererseits ist die Möglichkeit, Kolonialwaren rauszuholen (doch ein Grund, Kolonien zu haben) recht beengt. Kamerun ist dann zwischen französische Kolonien eingezwengt, und wegen der Verbindung zwischen diesen Kolonien würden die Franzosen das Land genausowenig rausrücken, wie die Engländer Dt-Ost. Bleibt eigentlich nur Togo...

2, Finanzierungsfrage:
Ihr habt durchaus REcht, Flotten von 30-40 Schlachtschiffen - dazu neue, grosse Einheiten - lässt sich kaum mehr finanzieren. Ich persönlich halte extrem grosse Schiffe auch von Seite der Hafen- und Dockmöglichkeiten nicht für realisierbar. Die Amis haben den Panama-Kanal, der die Maximalgrösse vorgibt, Dtl den KW-Kanal, die seichten Küstengewässer, und die diversen Schleusen. Die Englander hatten schon mit der Hood das Problem, dass sehr sehr wenige Docks das sChiff aufnehmen konnten, und wenn ich mich recht erinnere, lagen all diese in England selbst.
Ohne massivste Investitionen in Hafenneubauten ist also eine Maximalgrösse für Schlachtschiffe vorgegeben.

3, Kroatische Marine:
Ja, die ehemalige k.u.k.-Flotte ist für die Kroaten absolut nicht finanzierbar, und auch überflüssig. Auch für "Jugoslawien" wäre die Flotte nicht finanzierbar. Höchstens einige Kreuzer, Zerstörer, T- und U-Boote wären haltbar. Wenn extrem auf Prestige bedacht, das Behalten der restlichen Teggethoff-Klasse. Ansonsten wäre die Verschrottung (oder besser noch: Verkauf) der Schiffe realistisch. Frage wäre, wer Interesse hätte  :-D

4, Grundsätzliche Verschrottungsaktion:
ok, Urs hat mich überzeugt, alle Vor-Dreadnought in Dtl und England wandern in die Schrottpresse, inklusive den Nassaus und den 12"-Engländern. Die Helgolands und die 28cm-Schlachtkreuzer (also VdT, Moltke, Seydlitz) nur so lange behalten, bis ein Ersatz iD gestellt wird. Frankreich und Italien behielten ihre Vor-Dreadnought auch in der REalität noch für Jahre, sehe keinen Grund, weshalb sie bis auf wirklich alte Kocher da Verschrotten würden.
Blieben also 4+5+4+2 Schlachtschiffe für Dtl (und weitere 2 in Bau), also insg. 17, dazu 5 BCs und 4+3 in Bau, bzw 22 Schlachtschiffe und 6 Schlachtkreuzer (zusätzlich G und C) für England.
Die Panzerkreuzer dieser beiden Länder haben in einem modernen Krieg auch nix mehr zu reissen (vor allem die deutschen), also auch in die Presse.
Bei den kleinen Kreuzer sehe ich die Sache weiterhin etwas anders, als Urs. Kolberg und Augsburg (bzw die späteren 10,5cm-Kreuzer) sind mit 25Kn + trotz der leichten Bewaffnung noch für einige Jahre brauchbar, mit den 8 Neubauten wären dann insg. 24 Kreuzer vorhanden. Die Englander behielten ebenfalls eine grössere Menge ältere Kreuzer noch für Jahre.

5, Weitere Neubautätigkeit:
Bei Dtl. Sachsen und Württenberg auf jeden Fall fertigbauen, immerhin stellen sie 50% der 38cm-Flotte dar, und sind recht weit fortgeschritten. Die vier unmodifizierten Mackensen würde ich persönlich auch fertig bauen, obwohl das 35-cm-Kaliber etwas störend wirkt (3. bis 4. SA-Kaliber in der Flotte), die drei Yorks würde ich allerdings sein lassen, sind mW zu weit von der Fertigstellung. Eventuell könnte man sie als Trägergrundlage noch gebrauchen. Die geforderten zwei BB-Geschwader mit je 8 Schiffen und ein Flottenflaggschiff sind dann vorhanden. Sobald die letzte Mackensen iD gestellt wird, kann Vdt ebenfalls verschrottet werden. (dann hat Dtl mit 8 Schiffen ein drittes, BC-Geschwader)
Da die Helgolands und die 28cm-BCs nicht mehr wirklich auf Höhe der Zeit sind, müsste man sich spätestens ab Mitte der 20er verstärkt Gedanken über Ersatzbauten machen. Um 1931 sind diese 7 Schiffe schon 20 Jahre alt! Was allerings gebaut wird? Einheitstyp, oder zwei verschieden Entwürfe?
Bei den kleinen Kreuzern und den Zerstörern ist die Sache dringender. Es ist wahrscheinlich, dass die Franzosen (da in extremer Kreuzer-Not) die Duguay-Trouin-Klasse wie gehabt 1922 herum auf Kiel legen, des weiteren haben die Engländer jede Menge 6"-Kreuzer (und die 5 Cavendish!), gegen die Dtl kaum etwas entgegensetzen kann. Mit einer "Emden 3" 1921 herum und die Umbewaffnung der 105cm-Kreuzer ist die Sache noch lange nicht gelöst! Das Gleiche bei den Zerstörern: mehr, als zwei Dutzend grosse, moderne (und nicht komplett abegfahrene) Boote kann Dtl nur haben, wenn nach Kriegsende die Klassen Grosses TB 16, 16mob und 18mob weitergebaut werden, was ich zumindest bei einigen für fraglich halte. In Frankreich kommen sehr wahrscheinlich die 1500er und 2100er Boote ab 1922 wie gehabt (neben Kreuzer- auch eine ausgeprägte Zerstörer-Not!), die Engländer haben neben unüberschaubaren Mengen an kleineren M/R/S-Reihen Dutzende der späten Kriegsbauten der verschiedenen Leader- und V/W-Klassen mit Dutzenden Booten, und weiteren in Bau.

In England?
Ich halte es für durchaus wahrscheinlich, dass 1922 herum - also nach Abklang der unmittelbaren Nachkriegswirren - eine Art Nelsons (2-5 Stück) auf Kiel gelegt werden, um die 3+1 Geschwader voll zu machen. Ein Kaliber über 16" halte ich aus technischer Sicht für ausgeschlossen, 15" wären wegen den schon vorhandenen 15"-Schiffen ziemlich wahrscheinlich.
Zerstörer haben sie bis Mitte/Ende der 20er genügend, bei den Kreuzern sehe ich Mitte der 20er allerdings durchaus Möglichkeiten und Bedarf. Es ist kaum wahrscheinlich, dass Frankreich nach dem Krieg für mehrere Jahre wieder ins Schlachtschiff-Business einsteigen wird, da sie allerdings 0 moderne Kreuzer haben, ist eine verstärkte Bautätigkeit in diesem Feld wahrscheinlich (und die dt. Reaktion darauf). Kommt noch Japan dazu, die Furutakas hatten ja keine Verbindung mit Washington, würden also wahrscheinlich aus so gebaut werden. Da nach Verschrottung der alten Panzerkreuzer die Engländer keine wirkliche Kolonial/Überseekreuzer haben, lediglich die 5 Cavendish, wirds wohl darauf hinauslaufen, dass eine Art 8"-Kreuzer entsteht.

Bei den Trägern sehe ich es ahnlich, wie Peter Strasser. Bedarf war da, Planungen gab es, und diverse Schiffe weltweit gab es auch schon.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Peter Strasser

Deutsch-Ostafrika war wohl die bedeutenste Kolonie des Kaiserreichs und hier (bzw. in der Nähe) hatte sich auch Lettow halten können. Wenn sich das Reich intensiv für eine Kolonie in den Friedensverhandlungen eingesetzt hätte, dann sicher für Deutsch-Ostafrika.

Zudem würde mich die Flottenentwicklung sehr interessieren, wenn ein Flottenstützpunkt in Dar-es-Salaam den Zugang zum Suez und die indische Küste bedroht.  :wink:

Gruß
Piet

Huszar

Hallo, Piet,

Siehs mal so: Dtl hat de facto alle Kolonien verloren, das überhaupt eines zurückgegeben wird, wäre aus der Sicht der Entente schon ein grosses Entgegenkommen. Lettow-Vorbeck hin oder her, Dt-Ost war auch verloren. Würde ausserdem eine SPD-REgierung krampfhaft an kolonien festhalten?

Was würde die Engländer ausserdem dazu bewegen, gerade diese Kolonie zurückzugeben? Wie schon gesagt, ist Dt-Ost das letzte Glied in der nord-Süd-Achse!

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

ufo

Zitat von: Urs Hessling am 02 März 2012, 22:58:25

Zitat von: ufo am 02 März 2012, 16:19:19
Tirpitz haette vom Deutschen Volk verlangen koennen, die Schlote der Schiffe mit Blattgold zu belegen und SMS Sydlitz in Scheiben zu schneiden und aufgebockt vorm Brandenburger Tor wieder aufzubauen.

Das sehe ich nun diametral anders. Ich denke, das deutsche Volk ist kriegsmüde (siehe zahlreiche Desertionen im Heer und die psychologische Situation in der Flotte im Herbst 1918) und erschöpft (Lebensmittelkarten, Steckrübenwinter, ...).
Die Matrosen der Schlachtschiffbesatzungen wollen - verständlicherweise - einfach nach Hause.

Hypothese: Die nächste Reichstagswahl wird die SPD mit hoher Mehrheit gewinnen; dann ist es vorbei mit den "Flottengesetzen" ... , evt. wird der Kaiser sich, zur Wahrung der Monarchie, auf eine "parlamentarische" nach britischem Vorbild einlassen müssen.

...
Gruß, Urs



Sooo diametral ist das gar nicht – etwas weniger plakativ:

Ich denke kriegsmuede hin oder her – ein Vertragsfrieden waere auch im Deutschen Volk als ein grossartiger Punktsieg aufgenommen worden. Damit haette sich die Tirpitzflotte bewaehrt gehabt.

Eine konstitutionelle Monarchie haette es sowieso geben muessen. Aber auch die waere, so denke ich, ohne wirkliches revolutionaeres Gezeter gekommen und haette den Kaiser in einer Position relativer Staerke belassen.

Die Flotte haette mit dem Deutschen Volk ebenfalls aus einer Position der Staerke heraus verhandelt. Das es dabei um ganz, ganz massive Abruestung gegangen waere, daran kann kein Zweifel sein. Flottengesetze – sowas war nicht bezahlbar; vorher schon nicht und mit der Wirtschaft nach dem Kriege sowieso nicht. Die klassische Tirpitzflotte waere unter den Schneidbrenner gegangen, einfach weil das Reich sonst sehr flott pleite gegangen waere. Im Krieg macht das nichts aber im Frieden waere man damit nicht durchgekommen.

Waere die Marine weise genug gewesen mit dem Pfund zu wuchern? Haette sich die Marine in den 20er Jahren in eine viel kleinere, modernere Flotte verwandeln koennen? Ich denke schon. Es haette sich nicht leugnen lassen, dass der Krieg in Wirklichkeit im Wesentlichen von den U-Booten gewonnen wurde. Das Deutsche Volk haette wohl tatsaechlich aus lauter Dankbarkeit die Dampfer der Hochseeflotte angemessen verehrt. Unterhalten haette das Reich davon viel, viel weniger. Selbst fuer die Mehrzahl der Neubauten sehe ich schwarz. Die weit gediehenen als Rueckgrad einer neuen Flotte aber dafuer haette der Schneidbrenner anderswo weidlich gewaltet.

Wie Piet deutlich machte – es gab die modernen Ideen, die Konzepte fuer eine Flotte nach Tirpitz. Ein Sieg haette die Position gegenueber dem Volk errungen diese Flotte auch bauen zu koennen. Eine Analyse des Krieges haette die Fraktion in der Marine gestaerkt, die die auch haben wollte.   

Ufo

Huszar

Hallo, Ufo,

Ich muss dir leider widersprechen. Ein Kompromissfrieden ist noch bei weitem kein deutscher Sieg - auch wenn man damals es so hinzustellen versucht hätte.

Ein dt. Sieg wäre es, wenn die Frühjahrsoffensive 1918 durchgeschlagen hätte, und die englische Armee ins Meer geworfen worden wäre.

Unter Kompromissfrieden verstehe ich eher ein Abschlagen der Entente-Offensive mit allerletzter Kraft. Die Entente sollte wählen müssen, noch jahrelang in den Gräben zu stehen, oder einen Frieden abzuschliessen, wo praktisch niemand etwas gewinnt.

Im April war schon abzusehen, dass der letzte Schlag nicht den erhofften Erfolg (=Vernichtung der Engländer) gebracht hat, die Mai-Offensive hat dann alle vorhandenen Reserven nutzlos verbraucht. Dazu die dauernde Reinrederei von Luddendorff und änderungen der SChlagrichtungen und Zielsetzungen. Hindenburg, Ludendorff und der Kaiser haben gemeinsam dafür gesorgt, dass gegen die zu erwartende Gegenoffensive nichts mehr gemacht werden kann (Juni- und Juli-Offensiven). Zwischen März und Juli konnte Dtl nur eines erreichen: Zeit gewinnen, dafür aber die Widerstandskraft der Armee opfern. Auch wenn wir annehmen, die März-, April- und Mai-Offensiven hätten einen gewissen Sinn gehabt (hatten sie nach Fehlschlag der März-Offensive nur marginal), hatte das Halten des eroberten GEbietes keines - keine ausgebauten Stellungen, Divisionen ausgeblutet, Nachersatz kaum mehr möglich.
Zumindest Kühlmann hat erkannt, dass es so nicht mehr weitergeht. Nach der Juni-Offensive wäre es noch vielleicht möglich gewesen, sich wieder auf die Siegfried-Linie zurückzuziehen, und zu hoffen, die feindliche Grossoffensive abzuwehren.

Ein solcher Schritt hätte allerdings den Fall von Hindenburg ud Luddendorff bedeutet, und einen bedeutenden Prestigeverlust für den Kaiser. Kann dann die engl-fr-ami-Offensive im Juli/August/September abgewehrt werden - ist möglich, da man sich auf einer wesentlich kürzeren Linie, in gut ausgebauten Stellungen verteidigen kann - kann versucht werden, einen Kompromissfrieden zu erreichen. Kriegsmüdigkeit gabs nicht nur in Dtl, sondern auch in Frankreich und England (die Kriese der fr. Armee war kein Jahr alt). Wenn die Herbstoffensive erfolglos verläuft, müsste sich die Entente ev. auf weitere Kriesen in den Armeen einstellen, und mindestens ein weiteres Jahr Krieg.

Ob der Kaiser sich nach diesen 7-9 Monaten und all den Rückschlägen (erfolglose Offensive, Fall von H und L, Aufgabe der eroberten Gebiete) noch halten könnte, wage ich zu bezweifeln.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Urs Heßling

#25
moin,

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 13:09:50
Entwickelt sich schön!  :-D
Ja !  top

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 13:09:50
4, Grundsätzliche Verschrottungsaktion:
Bei den kleinen Kreuzer sehe ich die Sache weiterhin etwas anders, als Urs. Kolberg und Augsburg (bzw die späteren 10,5cm-Kreuzer) sind mit 25Kn + trotz der leichten Bewaffnung noch für einige Jahre brauchbar, mit den 8 Neubauten wären dann insg. 24 Kreuzer vorhanden.
Im Sinne des Threads bin ich "kompromiß"-bereit - OK  :wink:
das wären 2 Kolberg + 2 Stralsund + 2 Graudenz + Pillau + Frankfurt + 2 Brummer + 4 Königsberg (II) + 2 Cöln (II) + 8 Cöln II (unfertig) ... 
aber ...  :-D ... bei den letzten 4 Cöln (II) habe ich, wie Ufo (s.u.) meine Zweifel  :| außerdem gehen (auch s. u.) weitere "ab"  :cry:
es bleiben 2 moderne Kreuzer-Geschwader mit 4+1 Einheiten (eins als 2. AG, eins für die Schlachtflotte)  :-)

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 13:09:50
5, Weitere Neubautätigkeit:
... die drei Yorks würde ich allerdings sein lassen, sind mW zu weit von der Fertigstellung.
sehe ich ganz genau so  :wink: Vorschlag: Mackensen 3+4 werden Träger

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 13:09:50
Da die Helgolands und die 28cm-BCs nicht mehr wirklich auf Höhe der Zeit sind, müsste man sich spätestens ab Mitte der 20er verstärkt Gedanken über Ersatzbauten machen.
oder sofort a.D. und weg ... ein SA-Kaliber weniger (für Moltke und Seydlitz gibt´s noch Verwendung)

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 13:09:50
Da nach Verschrottung der alten Panzerkreuzer die Engländer keine wirkliche Kolonial/Überseekreuzer haben, lediglich die 5 Cavendish, wirds wohl darauf hinauslaufen, dass eine Art 8"-Kreuzer entsteht.
sag "Hawkins" , das ist verständlicher. Das ist mit der interessanteste Punkt  Es gibt also auch ohne Washington einen Trend zum "schweren" Kreuzer ...

Zitat von: ufo am 03 März 2012, 14:46:52
... Selbst fuer die Mehrzahl der Neubauten sehe ich schwarz.
Ja, sehe ich genauso.

Zitat von: ufo am 03 März 2012, 14:46:52
es gab die modernen Ideen, die Konzepte fuer eine Flotte nach Tirpitz.
Ja. Zum ernsthaften "Ausprobieren" braucht man Schiffe ... da sehe ich die Verwendung der ehemaligen 10,5 cm-Kreuzer und anderer Schiffe:
- zwei Flugzeugträger (Mackensen 3 + 4)
- zwei Seeflugzeugträger (die Hansa-Brandenburg W 29, schon gut bewährt, als mögliche fliegerische Deckung der Flotte) (zwei Kreuzer, können den o.a. Kreuzergeschwadern zugeordnet werden)
- zwei Erprobungsträger für neue schwere und mittlere Geschütze/Turmsysteme (Moltke oder Seydlitz und ein Kreuzer)
- zwei Erprobungsträger für große Schiffsdiesel (Prinzregent Luitpold und ein Kreuzer)

und mindestens 2 "moderne" Schulkreuzer zum "Flagge zeigen" im erst einmal nicht überall freundlichen Ausland ...
(rein vom Aussehen her wäre ich da für Straßburg/Stralsund  :O/Y)

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

ufo

Zitat von: Huszar am 03 März 2012, 16:25:42
Hallo, Ufo,

Ich muss dir leider widersprechen. Ein Kompromissfrieden ist noch bei weitem kein deutscher Sieg - auch wenn man damals es so hinzustellen versucht hätte.

...
mfg

alex

@ Huszar

Fine, fine! Let's agree to disagree. Ist Deine Veranstaltung. Es waere unsinnig um die Vorgaben feilschen zu wollen.

Grad ob der sehr schlechten Aussichten den Krieg zu einem guten Ende zu bringen denke ich dass selbst ein moderat schlechter Kompromissfrieden in Deutschland als prachtvoller Punktsieg aufgenommen worden waere.

Aber dem sei wie ihm wolle. Bin gespannt was Ihr baut.
Ufo

Schweineferkel

#27
Was ich nicht verstehe, warum hier alle weiterhin Dickschiffe bauen wollen, vor allem als Deutscher Seestratege.
Wäre denn nicht eine große Flotte aus Ubooten für das Reich viel sinnvoller? Die Dickschiffe haben bitte was genau erreicht?
Die Blockade konnten sie nicht aufheben und ebensowenig konnten sie Großbritannien vom Nachschub abschneiden.

Scheer hat das nach Jutland erkannt und deshalb auf die Uboote gesetzt. Warum sollte sich das jetzt ändern?

Zu einem zukünftigen (Handels)Krieg müssten die Überwasserschiffe sich immer noch den Weg aus der Nordsee herauskämpfen. Die Uboote kommen viel leichter an die englischen Handelsrouten ran.
Ich denke eine Ubootflotte aus 100- 150 Booten ist billiger als eine Flotte aus 20 -25 Schlachtschiffen und weitaus effektiver.

Ich hätte gerne mal den strategischen Zweck einer zukünftigen deutschen Schlachtflotte erklärt bekommen.


Wenn es zu einem Kompromisfrieden kommt, bleibt das Deutsche Reich als (Welt, europäische)Macht erhalten. Ich glaube, dass sich auf Grund dessen die maritime Rüstung ganz anders entwickelt und zwar Weg vom Dickschiff. Zumindest für den europäischen Raum.

USA und GB werden nicht gegeneinander rüsten, sondern versuchen der zukünftigen deutschen Ubootgefahr gemeinsam etwas entgegensetzen.
Die Frage, die sich mir stellt ist, wie gehen Japan, UK und USA miteinander um?

Huszar

Hallo, Urs,

Wenn du bei den letzten 4 Cöln Ersatz Cöln, E. Emden und E. Karlsruhe meinst (dazu Frauenlob?), bin ich mir nicht sicher, dass ich mich Dir anschliessen kann. Höchstens bei E. Karlsruhe, die soll sehr wenig Fortschritt gehabt haben. Die anderen drei wären für die Flotte doch von Nöten, im Vergleich zu England ist man sowohl Quantitativ (40-45 Kreuzer fertig und nicht verschrottet bzw im Bau vs. 20-25 brauchbare), als auch Qualitativ (Kaliber).

Was ich vorstellbar finden würde:
Grundsätzlicher Baustop für alle Schiffe Ende 1918 - bis auf einige wenige Schiffe dirket vor der Fertigstellung (zB Wiesbaden 2, S113, G119, H147, S178, S179, H186, H187) - und dann ab 1920 langsamer Weiterbau einiger Schiffe, Verschorttung des REsts.
Weiterbaumöglichkeiten wären:
Sachsen: ca.9 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1921/1922
Württemberg: ca. 12 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1921/1922
Mackensen: ca. 14 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1922/1923
Graf Spee: ca. 12-18 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1922/1923
Magdeburg 2: ca. 9 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1921/1922
Leipzig 2: ca. 7 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1921/1922
Rostock 2: ca. 7 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1921/1922
Frauenlob 2: ca. 13 Monate vor Fertigstellung, Fertigstellung 1922/1923
Ersatz Cöln: min. 13 Monate vor Fertigstellung (NICHT vom Stapel), Fertigstellung 1923/1924
Ersatz Emden: min 10 Monate vor Fertigstellung (NICHT vom Stapel), Fertigstellung 1923/1924
S114, S115, V117, V118, G120, G121, B122, H166-169, und vielleicht 1-2 weitere

WENN wir davon ausgehen, dass Schiffe, die zu weit von einer Fertigstellung stehen, aus Gründen der Finanzen und generellem Glauben an keinen weitern Krieg/Ausseinandersetzungen (bis 1922 herum durchaus möglich), abgebrochen werden, isind neben den drei Yorks, auch Prinz Eitel und Bismarck drann.
Kompliziert die Sache etwas (lediglich 7 BCs), macht aber auch einiges einfacher: Nach Ausmusterung der drei 28cm-BCs wären 4 neue nötig, um das GEschwader voll zu machen - also eine "volle" Klasse, nicht wieder Soloschiffe oder Pärchen.

Zitatsag "Hawkins" , das ist verständlicher. Das ist mit der interessanteste Punkt  Es gibt also auch ohne Washington einen Trend zum "schweren" Kreuzer ...

Eindeutig ja! Das "Loch" zwischen 6"-Kreuzern und 11-15"-BCs ist einfach zu gross. Wo sich das Zwischenkaliber einpendeln würde, ist eine gute Frage, für 19cm gibts zumindest Beispiele (die Hawkins und die Furutakas), darunter machts wenig Sinn, und bei mehr, als 9-9,5" würde das "Loch" wieder zu gross werden.

mfg

alex

PS:
reine U-Boots-Flotte: meine Antwort ist die Selbe, wie immer, wenn diese Alternative aufgeworfen wird: die Engländer werden sich reisig freuen, denn sie müssen keine teuren BBs mehr bauen, sondern nur billige Escorts in Korvetten/Fregattengrösse.
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Peter Strasser

Zitat von: Schweineferkel am 03 März 2012, 17:43:18
Zu einem zukünftigen (Handels)Krieg müssten die Überwasserschiffe sich immernoch den Weg aus der Nordsee herauskämpfen. Die Uboote kommen viel leichter an die englischen Handelsrouten ran.
Ich denke eine Ubootflotte aus 100- 150 Booten ist billiger als eine Flotte aus 20 -25 Schlachtschiffen und weitaus effektiver.

Ich hätte gerne mal den strategischen Zweck einer zukünftigen deutschen Schlachtflotte erklärt bekommen.

Gerne.
Sicher wären U-Boote - gerade weil sie großen Anteil daran gehabt haben, den Frieden zu erreichen - wichtig im neuen Flottenkonzept.
Aber was hat der Krieg gelehrt:
--/>/> Damit U-Boote eingesetzt werden können, müssen Ihre Wege durch Minensucher frei gehalten werden.
--/>/> Damit Minensucher eingesetzt werden können, müssen sie von Kleinen Kreuzern und Flugzeugmutterschiffen geschützt werden.
--/>/> Damit Flugzeugmutterschiffe und Kleine Kreuzer eingesetzt werden können, müssen sie von Torpedobooten eskortiert werden.
--/>/> Damit Überwasserkräfte in der deutschen Bucht eingesetzt werden können, müssen Dickschiffe einen Rückhalt bilden.

Soviel zur Kriegserfahrung ins Sachen Flottenausrichtung. Ansonsten bedarf es noch einer ordentlichen Seefliegerkomponente.

Gruß
Piet

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