Schussfolgen

Begonnen von ufo, 13 April 2006, 12:41:53

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Kosmos

ZitatUrsprüngliche geforderte Zykluszeit gemäß Bauvorschrift Schiffskörper für das Liefern der Granaten ~26 Sekunden(Herr Nilson?) gemäß AVKS Bericht erreicht ca 20 Sekunden
hm, 23 Sekunden schaffte selbst Bayern 20 Jahren davor, legte man bei Bismark keinen Wert auf höhere Feuergeschwindigkeit? Immerhin hat man auch so hervorragende Trefferlage in kurzer Zeit erreichen können.

(Interessant in diesem Zusammenhang dass russische Kaiserliche Marine für ihre projektierte 16" Schlachtschiffe 3 Schuß in der Minute Kampffeurgeschwindigkeit forderte)
Deswegen sind mehr Informationen für Schießverfahren interessant, welche technische Feuergeschwindigkeit könnte man auch in höheren Salventakt ummünzen, und wie.

Thoddy

#61
Der Artillerieoffizier bestimmt anhand der Gefechtlage und aktueller Umstände das generelle Abfeuerverfahren sowie das Schießverfahren,
oben habe ich die Abfeuerferfahren angerissen
jetzt
Schießverfahren
1)Standardeinschießen mit folgendem Strichschießen
Salve los Beobachtung Einschläge, neue Salve mit verschiedenen Aufsätzen (Gabelgruppen)  Beobachtung Einschläge Korrektur .... bei deckend liegenden Salven Schnellfeuer
hierbei werden die  mit den Messinstrumenten ermittelten Entfernungen nur anfangs genutzt und eine Korrektur der Folgesalven anhand der Einschläge vorgenommen
Aufgrund der Methode der Beobachtung vergeht mehr Zeit beim Einschießen, da Korrekturen anhand der Trefferlage vorgenommen werden kann der Gegner durch entsprechendes Manövrieren die Trefferlage zu seinen Gunsten beeinflussen kann.

Strichschießen bedeuted hierbei, das nach dem Einschießen nur noch geringe Änderungen an Aufsatz und Seitenvorhalt derart vorgenommen werden, so daß die Aufschläge von der "guten Seite" aus in den Kurs des Gegners hineinlaufen. Wenn die Aufschläge durch das Ziel durchgewandert sind, wird eine entsprechende Aufsatzkorrektur vorgenommen. Wenn der Gegner auf einen zukommt ist die gute Seite der Kurzschuss und wenn er sich entfernt ist die gute Seite der Weitschuß.

neuere Methoden
2)Schnelleinschießen
noch während die erste Salve in der Luft liegt werden schon Folgesalven losgeschossen. Zeit des Einschießens wird verkürzt
laufende Korrekturen im Wirkungsschießen anhand der Trefferlagen der Einschläge Zeit vom Beginn des Einschießens bis zum Beginn des Wirkungsschießens wird verringert. sonst wie 1



3)Geräteschießen(E-Messchießen)
Aufsatz wird ausschließlich über die E-Messung und die Folgeberechnungen des Schußwertrechners bestimmt
Korrekturen in der Seite über Aufschlagbeobachtung (optisch und oder Funkmess)
Diese Methode setzt ein hohe Güte der E-messung (Entfernungs und Seitenwinkeländerungen) und der daraus folgenden Feuerleitlösung voraus, sprich inwieweit ist der Rechner in der Lage den voraussichtlichen Einschlagort der Granaten mit dem des zukünften Aufenthaltortes des gegnerischen Schiffes in Übereinstimmung zu bringen unter Berücksichtigung von eigenen Kurs- und Fahrtänderungen.

Die 1 Salve dient faktisch nur zu Bestimmung der aktuellen außenballistischen Einflüsse und der Veranlassung entsprechender Korrekturen. Der Einfluß des gegnerischen Manövrierverhaltens auf das eigene Schießen wird minmiert.
Von der Feuerleitlösung bis zum Eintreffen der Granaten am Ziel vergeht nur wenig mehr als die Flugzeit.
Wenn der Gegner manövriert, wird dies nur durch entsprechende künstlich erhöhte Streuung der Aufschläge ausgeglichen.



-------------------------------------------------------------------------------------------------

Die verfügbaren Informationen legen nahe das Schießverfahren 1) eingesetzt wurde
Technisch wäre Bismarck für 3) in der Lage, der erfolgreiche Einsatz würde jedoch hinreichend Übung vorausgesetzt haben, dies ist aber ganz offensichtlich ausweislich AVKS Bericht nicht der Fall gewesen.
Für Käpten Lindemann soll gemäß Brennicke "Schlachtschiff Bismarck" eine Äußerung überliefert sein, nach dem er die Zustand der Einsatzbereitschaft der Artillerie kurz vor Abfahrt in Gotenhafen als befriedigend bezeichnet hat. Diese Äußerung kann man so oder so auslegen; im Sinne von Sex oder im Sinne von Schulnoten. Ich persönlich würde aus eigenem Erleben auf Schulnote plädieren. 

ganz legere Umsetzung Schulnoten in Schießgüte
1 getroffen in ausgezeichneter Zeit
2 mit geringen Abstrichen getroffen in angemessener Zeit
3 er hat geschossen und irgendwann (in der nähe) vom Ziel getroffen
4 es ist ihm gelungen einige Granten aus dem Rohr zu bekommen
5 alles Scheiße...
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Karlchen

Ist es eigentlich richtig das Bismarck gegen Hood Halbsalven geschossen hat? Das würde dann eine Trefferrate von 10% gegen Hood ergeben wenn man Bismarcks 6. (Halb-?)Salve nicht mit zählt.

Götz von Berlichingen

Das Einschießen (die Vier-Hekto-Gabelgruppe) erfolgte in abwechselnden Teilsalven der vorderen und hinteren Turmgruppen (4 Schuß).

Danach berichtet sowohl der IV. AO, Kptlt. v. Müllenheim-Rechberg, in seinem Buch, als auch Brennecke mit Verweis auf den Artilleriemechanikergefreiten Eich, der seine Gefechtsstation in der Artillerierechenstelle hatte, daß der I. AO, KKpt. Adalbert Schneider, »Vollsalven, gut, schnell!!« kommandiert habe.

Wir hatten diese Frage hier schon mal und es wurde damals nicht abschließend geklärt, wie das Schießverfahren nun genau war:

http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,17433.15.html

Der dort von ede144 geäußerten Ansicht, daß auch das Wirkungsschießen mit Teilsalven durchgeführt wurde, möchte ich als Einwand die Frage entgegenhalten, ob dies nicht eine unnötige Erschwerung der Aufschlagsbeobachtung, gerade bei einem Gefecht im Verband zur Folge hätte.

Wenn zwei oder mehr eigene Schiffe auf ein Ziel schießen, wird die Beobachtung und Zuordnung der Aufschläge doch um so schwieriger, je mehr einzelne Aufschläge zeitlich versetzt am Ziel ankommen.
Da wäre es m.E. sinnvoller und einfacher, wenn in diesem Falle beide deutschen Schiffe jeweils Vollsalven schießen (2 x acht Aufschläge auf einmal), als Teilsalven (2 x 2 x 4 Aufschläge).

Offenbar wurde aber die erste Salve immer mit der ganzen Batterie geschossen, denn wie oben zitiert, berichtet der I. AO von Prinz Eugen, Kkpt. Jaspers, er habe die erste Salve als Vollsalve mit Spr.Gr. Kz., die als Bereitschaftsmunition hinter den Rohren lag, geschossen und habe, da die Aufschläge aufgrund eines Versagers am Schußwertrechner nicht mit Sicherheit als eigene beobachtet werden konnten, nochmals eine Vollsalve schießen lassen und habe danach die Vier-Hekto-Gabelgruppe folgen lassen (ich vermute als Teilsalven mit den vorderen und hinteren Turmgruppen).

Bei Scharnhorst war dies im Gefecht gegen Glorious genauso:

Die Feuereröffnung erfolgte mit sechs Schuß aus der vorderen Turmgruppe. Danach ließ der I. AO, Frkpt. Wolf Löwisch, die Vier-Hekto-Gabelgruppe folgen, die auf GU/SH mit Turmsalven (3 Schuß)  gefeuert wurde. Die untere Grenzsalve schoß Turm A, die Standsalve Turm B und die obere Grenzsalve wieder Turm A (da Turm C aufgrund der Lage des Ziels und des Gefechtskurses nicht eingreifen konnte).

Siehe ausführliche Darstellung durch Paul Schmalenbach im Anhang des Buches  »Verdammte See« von Cajus Becker.

Es wurde offenbar eine Mindestzahl von drei Schuß je Salve für das Einschießen per Vier-Hekto-Gabelgruppe für erforderlich gehalten.

Auf der Scharnhorst-Klasse geschah dies durch Turmsalven, auf der Bismarck-Klasse durch Teilsalven der vorderen und hinteren Turmgruppe.

Peter K.

ZitatEs wurde offenbar eine Mindestzahl von drei Schuß je Salve für das Einschießen per Vier-Hekto-Gabelgruppe für erforderlich gehalten.
... was ja durchaus Sinn macht, wenn man eine Salve als kurz, deckend oder weit beurteilen möchte!  :wink:
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

ede144

Zitat von: Götz von Berlichingen am 30 März 2014, 12:19:51

Der dort von ede144 geäußerten Ansicht, daß auch das Wirkungsschießen mit Teilsalven durchgeführt wurde, möchte ich als Einwand die Frage entgegenhalten, ob dies nicht eine unnötige Erschwerung der Aufschlagsbeobachtung, gerade bei einem Gefecht im Verband zur Folge hätte.


Vielleicht sollte ich meine Vermutungen von damals mal etwas ausführlicher erläutern. So wie ich die Schießverfahren verstanden habe, wird beim Einschießen mit den Gabelgruppen in den Türmen auf den Befehl des Schießenden Offiziers gewartet. Damit hat dieser die Möglichkeit die Parameter, wie Entfernung und Seitenvorhalt zu ändern um seine Gabelgruppe zu schießen, oder wenn die weite Gruppe schon zu kurz ist noch mal weit mit korrigierten Werten zu schießen. Hat er nun das Ziel gefunden und gibt den Befehl schnell und gut, bedeutet nach meinem Verständnis die Türme schießen sobald sie bereit gemeldet haben. Idealerweise feuern dann die beiden Turmgruppen bei BS und TP im Abstand von 12-15 Sekunden. Die Aufschläge können im Takt entsprechend zugeordnet werden und eventuell leicht korrigiert werden. Der Vorteil dabei ist, dadurch das ich alle ca 12 Sekunden eine Beobachtung habe, kann sich der Gegner durch Kurswechsel nicht weit von meinem errechneten Zielort entfernen und meine Feuerleitlösung muss nur geringfügig korrigiert werden. Als weiteren Vorteil sehe ich die reduzierte Wartezeit, wenn man vorher in Turmgruppen schießt, müsste ja eine Gruppe auf die andere Gruppe einmal warten um in den Vollsalvenmodus zu kommen, was dann die Temperaturen der Rohre ändert.
Wie das funktioniert, wenn mehrere Schiffe auf ein Ziel schießen, weiß ich leider nicht genau. Ich kenne die Möglichkeit das man im Takt schießt, das würde für BS und PG z. B. 10 Sekunden im Takt versetzt , also bei 0, 20, 40 und 60 Sekunden und PG bei 10, 30, 50 schießen. Wobei eigentlich PG die schnellere Schußfolge hätte. Bei der IJN habe ich gelesen, das die Granaten unterschiedlich farbig markiert waren. Damit hatten die unterschieden sich die Aufschlagsäulen der unterschiedlichen Schiffe unterschiedliche Farben

delcyros

Auszug AVKS Abschlußbereicht 700 vom 31.5.1941 (BISMARCK) zu den Schießverfahren:

J.I.M

Kleiner Hinweis zur Gabelgruppe:

Man wartet zwischen den einzelnen Gruppen nicht mehr auf eine Verbesserung sondern schießt alle Gruppen mit einer Zeitverzögerung nacheinander ab. Theoretisch am Beispiel der Scharnhorst, die drei Türme mit drei Rohren hat, bedeutet das drei Gabelgruppen mit drei Schuss. Da in diesem Fall nicht nachgeladen werden muss, braucht man nur eine Verzögerung zwischen den Salven zu wählen, die dem Artillerieoffizier die einzelne Beobachtung ermöglicht. Es können also durchaus auf großen Entfernungen alle drei Salven gleichzeitig in der Luft sein.

JIM

Götz von Berlichingen

Zitat von: delcyros am 30 März 2014, 17:07:34
Auszug AVKS Abschlußbereicht 700 vom 31.5.1941 (BISMARCK) zu den Schießverfahren:

Sehr interessant, vielen Dank fürs Einstellen!

Harry64

Hallo,

um noch mal auf die Abfeuerverfahren zurückzukommen,

Thorsten (T-G) hatte mal in einem längst geschlossenen Forum... daß hier eingestellt:

...Artilleriebericht der Scharnhorst vom Gefecht mit Glorious.
Die kursiven Anmerkungen sind von Fregattenkapitän a.D. Paul Schmalenbach, früher I AO auf Prinz Eugen....

Uhrzeit - Bei der SA

17.26...I AO: "SA Normalschaltung oben. Leitung I AO im Vormars. Laufendes Gefecht an Backbord."
Normalschaltung oben = Die Türme werden nach Richtungsweiser und Höhenweiser gerichtet und zentral
vom leitenden Zielgeber im Vormars aus abgefeuert.
Leitung I AO = Ausdruck der persönlichen Bindung der unterstellten Mannschaften an den
verantwortlichen I AO.
Die Artillerieschaltmechaniker stellen in den Schaltstellen die befohlene Schaltung her: die Verbindung der
drei schweren Türme über die vordere Rechenstelle zum Zielgeber im Vormars.


Frage: Ist hier mit Normalschaltung das 1.) Hauptschießverfahren Höhenfernsteuerung /Seitenvorzündwerk - oder das 2.) Nebenverfahren zentrales Richten mit RW/HW (Richtungs und Höhenweiser) gemeint.
Falls mit 2.) geschossen wurde, warum...aus zeitlichen Gründen, um schnellstmöglich das Feuer zu eröffnen?

Grüße

Harry

delcyros

ZitatThorsten (T-G) hatte mal in einem längst geschlossenen Forum... daß hier eingestellt:

...Artilleriebericht der Scharnhorst vom Gefecht mit Glorious.
Die kursiven Anmerkungen sind von Fregattenkapitän a.D. Paul Schmalenbach, früher I AO auf Prinz Eugen....

Gibt es diese interessante Quelle noch irgendwo vollständig? TG?

Peter K.

... ist zu finden im Anhang von

Cajus BEKKER
Verdammte See - Ein Kriegstagebuch der deutschen Marine
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

t-geronimo

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

delcyros


Impressum & Datenschutzerklärung