Schussfolgen

Begonnen von ufo, 13 April 2006, 12:41:53

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ufo

Ich las mich grad nochma' durch das 'Battle Summary' ADM 1/15691 "Actions with the enemy (3): Battle Summary No 24: Sinking of the SCHARNHORST", Public Records Office, Kew, ADM 1/15691.
Eine neuere Version ist abgedruckt in "German Capital Ships and Raiders in World War II; Vol II 1942 – 1944" herausgegeben von Eric Grove.

Das ist gewissermassen das Resüme der Royal Navy zu der Aktion. Alles was die an Informationen dazu zusammenraffen konnten, alle Lehren, die sie daraus ziehen konnten in einem Essay aufgeschrieben.  

Drei Fragen dazu:

Die Briten beschreiben Scharnhorsts Feuer als 'ripple fire', laufende Breitseiten also bei denen die erste Kanone schiesst, die zweite folgt, die dritte, die vierte und so weiter bis zum Heck.
Es wird geschrieben dass sei total toll für die eigenen Entfernungsmesser zum einpeilen, da man durchgehend gegnerisches Mündungsfeuer hat. Macht Sinn.
Weiterhin heist es in einem Nebensatz, das sei die selbe Feuertechnik wie im Bismarck Gefecht gewesen. War sie das? Was weiss man dazu von Deutscher Seite. Ich dachte immer in der DK Strasse habe das B-Schiff Halbsalven geschossen. Ich muss aber gestehen ich weiss nicht wo die Information eigentlich her ist. Wo steht das? Hat sie? Der Schmalenbach Film? Wieviele Salven dokumentiert der?
Und sind Seitens Scharnhorst auf Deutscher Seite laufende Breitseiten überliefert? Aus 'Anton' oder 'Caesar' hat doch glaube ich jemand überlebt, hat nicht?

Ich kannte Vollsalven und Halbsalven und unabhängiges Feuer unter Turmkontrolle als Standartschiessverfahren von Deutscher Seite. Waren laufende Breitseiten gängig? Offenbar! Sonst würden die Briten sie nicht gesehen haben und sie müssen auffallend genug gewesen sein, um als Ziel zu dienen und interessant genug, um hinterher  als Besonderheit aufgeschrieben zu werden.

Nun – wozu war das gut? Macht das nicht das Eingabeln entschieden schwieriger, wenn man nicht einzelne, klar definierte Salven hat? Oder war das nur für Wirkungsschiessen?

Jemand das "Artilleriehandbuch der Reichs-/Kriegsmarine"? Gibt das Auskunft über Schussfolgen?


Zweite Frage: Es heisst man habe das Mündungsfeuer von Scharnhorsts HA (dunkelorange) und der MA (grellgelb) sehr schön unterscheiden können. Warum? Verwendeten die Deutschen verschiedene Cordit Zusammensetzungen für HA und MA?


Und zum guten Schluss: Was waren die Deutschen Leuchtkugeln? Eine Sorte wird beschrieben ein Art 'goldener Regen'; eine andere jeweils 'zwei hellrote Bälle, die langsam niedersinken'. Was für Typen Leuchtmunition waren das?

Vielen Dank!
Ciao,

Ufo

Mario

Interessante Details, aber man spricht doch immer wieder von der überlegenen britischen Radartechnik. Gerade die Schlacht am Nordkap bei völliger Dunkelheit war doch ein Paradebeispiel für das Radargeleitete Artilleriefeuer. Wieso dann optisches Entfernungsmessen ??? Ich kann mir das nur so vorstellen, daß die Briten an ihren Optiken parallel zu dem Radar gearbeitet haben. Zum Einen, um einen zweiten Messwert zu erhalten, zum anderen als Ersatz, falls das Radar Probleme bekommen sollte.

Ralf

Hier sollten wir mal John Asmussen befragen...
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

ufo

@Mario

Soweit ich das Verfahren der Briten kenne, haben die durchweg parallel optisch mitgemessen um übergangslos weiterfeuern zu können, falls das Radar versagte.

Vielleicht haben die Gesellen im Feuerleitstand auch nur gelangweilt durch ihre Optiken geguckt. So oder so - die Deutsche Feuertechnik muss interessant und hilfreich genug gewesen sein, als dass sie niedergeschrieben wurde.

Mario

ZitatSoweit ich das Verfahren der Briten kenne, haben die durchweg parallel optisch mitgemessen um übergangslos weiterfeuern zu können, falls das Radar versagte.
So hatte ich mir das auch gedacht.
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Volltreffer im Radar. "Hey Jungs im E-Messer. Legt mal die Skatkarten beiseite und messt mal eben die Entfernung zum Feind, wenns nix ausmacht"
:-)
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so, jetzt aber wieder ernst.

Taucher

@ufo,

interessante Aspekte, hab auch noch nie davon gehört, das KM Schiffe so geschossen haben, was würde das auch für einen Sinn machen ?

Der Ari Beobachter muss doch  konvus werden, wenn er die Aufschläge beurteilen muss, oder ?

Auch wäre das Schiff dann doch  ständig in Qualm gehüllt, was ja die E Messung auch nicht gerade einfacher macht.



@Mario

ZitatVolltreffer im Radar. "Hey Jungs im E-Messer. Legt mal die Skatkarten beiseite und messt mal eben die Entfernung zum Feind, wenns nix ausmacht"
Lol  :D sehe schon, mit der Übergabe kommt auch langsam wieder der Spaß ins Boot, freu mich !
Viele Grüße vom Alpenrand
Leo

ufo

@Leo

So ganz abwegig ist's nicht. Bei rascher Schussfolge lassen sich leichter kleinste Korrekturen einbauen. Wenn der Feuerleitoffizier zwischen je zwei Messpunkten 30 Sekunden hat (guter Salventakt für ein Schlachtschiff) dann kann er auch nur auf diese 30 Sekunden genau justieren. Hat er bei Halbsalven 15 Sekunden so bekommt er alle 15 Sekunden einen Aufschlag und damit einen Messpunkt nachdem er nachjustieren kann.
Hat er eine Schussfolge im vielleicht 10 oder gar 5 Sekunden Takt, dann lässt sich feiner nachrichten. Aber – stimmt schon – man muss ausnehmend genau im Griff behalten welche Granate zu welchem Einschlag gehört. Aber dazu hat man das ja auch gelernt.

Auch nimmt man bei laufenden Breitseiten dem Gegner eher die Möglichkeit nach Mündungsblitzen zu manövrieren, was bei einem Gefecht Schlachtschiff gegen kleine Einheiten Sinn macht. Von den Zerstörern, die sich mit Bismarck gebalgt haben hiess es, dass sie solange draufgehalten haben, solange Bismarcks Mündungsfeuer dreieckig oder oval war. Waren die Mündungsblitze rund, musste man AK und Hartruder laufen; dann kam da was von vorne.
Das aber ist für einen Zerstörer entschieden schwieriger zu beurteilen, wenn der Gegner quasi Dauerfeuer gibt.

Also völlig abwegig erscheint es mir nicht – nur völlig unbekannt.

Ufo

Taucher

@Ufo

vielen Dank für Deine Erläuterung, ist doch immer wieder schön, wenn man als interessierter Laie von den Fachleuten lernen kann !
Viele Grüße vom Alpenrand
Leo

t-geronimo

Davon habe ich auch noch nie gehört.

Daß BS Halbsalven schoß, läßt sich zum Teil aus dem Schmalenbach-Film ableiten, wo man immer mal wieder nur die vordere oder nur die hintere Turmgruppe feuern sieht. Aber Vorsicht: es gibt wahllos zusammengeschnittene Versionen des Film. Mich würde sehr das Original, zu finden glaube ich im Bundesarchiv in Berlin (und zu kopieren für horrende Summen), interessieren.
Captain Leach sagte außerdem zu dem Augenblick, in dem Hood wohl tödlich getroffen wurde:
Zitat...at the moment when a salvo arrived and it appeared to be across the ship somewhere about the mainmast. In that salvo there were, I think, two shots short and one over, but it may have been the other way round. But I formed the impression at the time that something had arrived on board Hood in a position just before the mainmast and slightly starboard...
Also vier Geschosse, die ankamen und drei Wassersäulen hinterließen - eine Halbsalve.
Ob die anderen Augenzeugen was anderes sahen, weiß ich nicht genau aus dem Kopf.
Auch Antonio führt bei seinen Recherchen zum Gefecht DK-Str. immer halbsalven an.

Auch der AVKS-Bericht zur SA der BS/TP sagt sowohl für das Einschießen als auch für das Wirkungsschießen, daß Halbsalven am besten seien.
Vollsalven hatten zum einen den oben schon erwähnten Nachteil, daß zwischen den Salven sehr viel Zeit verging, während bei Halbsalven eine schnellere Korrektur erfolgen konnte.Außerdem war die Aufschlagsbeobachtung bei Vollsalven schlechter, weil bei hoher Anzahl der Aufschläge die zu kurzen (in den Optiken also größeren) die zu weiten (in den Optiken also kleineren) Wassersäulen verdecken und daher genaue Korrekturen erschwert wurden.

Bisher also alles Indizien dafür, daß auf den großen dt. Einheiten hauptsächlich mit der Halbsalven-Methode gefeuert wurde.

Was BS im letzten Gefecht feuerte, weiß ich nicht, aber zuerst kamen ja eh' nur die vorderen Türme zum Tragen und die waren recht bald auch schon ausgeschaltet.

Nun zum Nordkap-Gefecht:
Wenn im britschen Bericht vom Gefecht SH-DoY die Rede ist (oder war das bei den Kreuzergefechten zuvor auch schon so), muß man beachten, daß gleich mit der ersten Salve Turm A für immer und Turm B zeitweilig ausgeschaltet waren (die entstandenen Brände drohten die Kartuschkammern von Turm B zu erreichen, so daß diese zeitweilig teilweise geflutet werden mußte, kurz darauf aber wieder gelenzt werden konnte).
Also hatte SH zu dieser Zeit zum Einschießen also nur Turm C und war deshalb vielleicht auf Einzelschüße angewiesen, um einigermaßen schnell die richtige Entfernung zu bekommen.
Weiterhin wurde zeitweilig der die SH verfolgende Zerstörer Savagevon den Leuchgranaten der DoY beleuchtet und daraufhin sofort von SH beschoßen, mit Einschlägen 20-20 m neben dem Schiff. Beschoßen wurde er wohl von der MA und evtl. der S-Flak.
Mag dieses unabhängige Schießen auf zwei verschiedene Ziele vielleicht auch den Anschein des oben geschilderten Effektes geweckt haben?

Mehr Fakten habe ich leider nicht, nur Vermutungen, kann John aber gerne nochmal fragen.

A.J. Watts schreibt in seinem Buch über das Nordkap-Gefecht übrigens an einer kleinen Stelle auch, daß SH, nachdem sie ihre Überraschung überwunden hatte, mit schnellem Schießen ihrer Türme antwortete, Feuerfolge von vorn nach achtern.

Zu den anderen Fragen weiß ich leider gar nichts, habe also im Endeffekt kaum Licht ins Dunkel bringen können... :(
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Lutscha

Hier ist das Pendant zu US Naval Ordnance page für die Briten: http://www.hnsa.org/doc/br224/index.htm

Die Search Funktion hat erstmal nichts ergeben.
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

ufo

Ja – der Bericht von Leach und anderen zum Untergang der HMS Hood ist ein guter Punkt! Hatte ich so ad hoc nicht bedacht. Also Halbsalven in der Dänemark Strasse.
Vielleicht das Nachtgefecht mit den Zerstörern? Dumm. Das ist das entschieden am schlechtesten dokumentierte!

Ob das was fuer Nachtgefechte war?

Klar - irgendwie verguckt koennen sich die Briten auch haben. Ist nur drollig, dass das so ausdruecklich angemerkt wird und im Nebensatz darauf verwiesen, dass das bei Bismarck genauso gewesen waere.

Ufo

t-geronimo

Für Nachtgefechte? Ich weiß nicht...

Aber wie ja oben schon beschrieben würde ich ja mit "Rohrsalven" die ganze Zeit meine Position erleuchten und außerdem die ganze Zeit die eigenen Optiken blenden, wenn ständig Rohr für Rohr feuert.
Da kann man eigentlich auch gleich die Scheinwerfer anmachen und die eigenen Aufbauten anstrahlen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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ufo

Das genau ist ja der Eindruck, den die Briten offenbar auch hatten!

Warum nur?
Seeeeehr seltsam!

Ufo

harold

Nebenanmerkung, zum orangen / gelben Mündungsfeuer:

Könnte da einerseits SA, MA und andererseits die SFlak dahinterstecken?

Soviel ich "weiß" (oder eben nicht, denn dumpfe Erinnerung ohne nachzulesen gilt nich), war die Treibladung für die Flak eine andere.

Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Mario

Mir kam da gerade noch ein anderer Gedanke zum Gefecht am Nordkap.
Die Scharnhorst hatte ja nicht nur die Duke of York hinter sich, sondern noch ein paar Kreuzer. Wie hat den das deutsche Schlachtschiff sein Feuer verteilt ??? Wurde nur auf die DoY gefeuert, als den mächtigsten Ggner, oder verteilten die Deutschen das Feuer ihrer schweren Artillerie und leiteten beides unabhängig voneinander. Zusammen mit der Mittelartillerie, die womöglich noch die weit näher laufenden Zerstörer bekämpfte, kann der Eindruck, den ufo so treffend beschrieben hat, sehr schnell entstehen.

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