Kugellager SA Türme

Begonnen von bernd, 17 März 2006, 18:13:19

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bernd


Hallo an Alle,

seit längeren suche ich nach einer brauchbaren Lösung, bis Heute nichts gefunden, deshalb meine Frage.
Wie wurden die Kugellager in SA Türmen geprüft und gewartet,
und wie wurden defekte Kugellager in SA Türmen gewechsel,
oder Bestand diese Möglichkeit überhaupt nicht.

Gruß

Bernd

Josef

@ bernd

Hallo Bernd,
kaum im Forum und schon Fragen stellen, die ins "Eingemachte" gehen.
Vorweg: Grundsätzlich war die Schmierung der Kugelbahnen und sogar der Austausch von einzelnen Kugeln mit Bordmitteln möglich und ich will Dir ja auch die Frage noch eingehender beantworten, aber das ist so ein komplexes Thema, dass das leicht 2 DIN A4-Seiten werden können.
Deshalb möchte ich mich eigentlich auf das Wesentliche konzentrieren, wenn ich weiß, ob bei Dir ein entsprechendes Grundwissen vorhanden ist (was ich aufgrund der Frage schon fast vermute).
a) hast Du den Längsschnitt des Turms und
b) sind Dir die Begriffe Stützzylinder und Drehscheibe geläufig?
Wenn ja, könnte ich auf diesem Grundwissen aufbauen und das ganze  etwas abkürzen.

Freundschaftlich
Josef

Ralf

Nene, Josef, mir sind die nicht geläufig... Und ich bin doch sooooo neugierig!! :D
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

bernd

Hallo Josef,

die Zeichnung habe ich, und die Begriffe sind mir bekannt.

Gruß Bernd

Josef

@ bernd und ralf

zuerst: Hi Bernd,

das ist gut, wenn Dir der Längsschnitt des Turms vorliegt und Dir die Begriffe bekannt sind, ist schon viel gewonnen und ich kann in die eigenliche Beantwortung Deiner Frage einsteigen. Am besten, Du legst die Zeichnung neben den PC und kontrollierst direkt mit.
Zwischen Stützzylinder und dem Boden der Drehscheibe siehst Du eine verstärkte Konstruktion. Das ist der Lafettensockel, und den müssen wir jetzt sezieren.
Der Lafettensockel besteht aus dem Sockelring (das ist das untere Teil des Lafettensockels), dem Kugellager und dem Pivotlager.  Der Sockelring besteht aus 6 miteinander verschraubten Stahlgussringstücken und ist fest auf dem oberen Rand des Stützzylinders verschraubt.  Auf dem Sockelring ist die untere Kugelbahn verschraubt. Sie besteht wie der Sockelring aus 6 Ringstücken. Am oberen inneren Ring der unteren Kugelbahn müsstest Du einen nach oben ragenden Zapfen sehen, das ist der Pivotring. Am unteren inneren Ringstück der Kugelbahn befindet sich der Zahnkranz der an der unteren Kugelbahn verschraubt ist und in den das Ritzel des Schwenkwerkgetriebes eingreift. Außenseitig, am oberen Abschluß des Sockelrings befindet sich der Klauenring. Bodenklammern, die an den Seitenwänden (den Ringwänden) der Drehscheibe verschraubt sind, greifen unter diese Klaue und verhindern so das Abheben des Turms (sie waren nicht dafür ausgelegt, das Abreißen der Türme von den unteren Etagen des Turms beim Kentern des Schiffes zu verhindern).
Der Kreis direkt über der unteren Kugelbahn, der sich so schön in die untere Kugelbahn einpasst, ist eine geschnittene Kugel (144 Stck a`160mm).
Über den Kugeln befindet sich die obere Kugelbahn, die am Boden der Drehscheibe verschraubt ist. Rechts neben der oberen Kugelbahn siehst Du einen, diesmal nach unten ragenden Zapfen, der innenseitig am Pivotring der unteren Kugelbahn anliegt. Das ist der Pivotzapfen. Pivotring und Pivotzapfen bilden das Pivotlager. Bei Schuss legt sich der Pivotzapfen gegen den Pivotring und überträgt so die Kräfte über den Stützzylinder auf das Schiff.
Das Kugellager, also die untere und obere Kugelbahn wird außenseitig durch einen Abdichtungsring abgeschlossen
Im Abdichtungsring befinden sich drei mittels Klappdeckel geschlossene Schaulöcher, durch welche der Zustand der Kugeln beobachtet werden kann. Sollte sich hierbei eine oder mehrere Kugeln als schadhaft herausstellen, so lassen sich durch Herausnahme von Füllstücken in der oberen Kugelbahn diese Kugeln mit Hilfe einer Kugelzange ersetzen.
Sollte sich bei Begutachtung des Kugellagers herausstellen, dass Verunreinigungen oder mangelnde Schmierung vorlag, hatte man die Möglichkeit zum Spülen und Neuschmierung des Kugellagers. Dazu stand folgende Technik zur Verfügung:
Unter dem Zahnkranz war eine Tropfrinne montiert, die ablaufendes Öl von den Zähnen sowie trotz Dichtung eingedrungenes Seewasser auffing und von dort zur einer Sammelstelle im Schiff geleitet wurde. Wenn Du mal genau hinschaust, kannst Du zwischen dem Sockelring und dem Zahnkranz noch einen Spalt erkennen. In diesem Spalt (und das ist jetzt alles nicht mehr auf Deiner Zeichnung) war ein Schmierrohr verlegt, dessen unteres Ende in den Ablaufstutzen der Tropfrinne mündete. Das obere Ende mündete in Bohrungen, die als Schmierkanäle in die untere Kugelbahn gebohrt waren (eine Spülung/ Schmierung von oben, also durch die obere Kugelbahn war nicht vorgesehen). Am Ablaufstutzen der Tropfrinne konnte eine Schmierpresse eingesetzt werden, die einesteils auf Spülung mit Seewasser und andererseits auf Schmierung umgestellt werden konnte. So war es möglich, durch die gleichen Kanäle in der unteren Kugelbahn zu spülen und auch zu schmieren.
Soweit also meine Antwort auf Deine Frage. Ich hoffe, Du kommst damit klar!

So Ralf, jetzt zu Dir,

Eine Drehscheibe übertragt das Gewicht des Turms und die beim Schießen auftretenden Kräfte auf den Schiffskörper. Drehscheibe ist ein vielleicht etwas irreführendes Wort, tatsächlich handelt es hierbei um einen zylinderförmigen Körper. Er besteht aus einem Deckblech, den Ringwänden (Seitenwände) und einem Bodenblech. Bei den 38cm-Türmen verstärkten vier Längsträger das Deckblech. Auf den Längsträgern ruhten die Wiegen der Geschütze in Schildzapfenlagern. Auf den Ringwänden stand der Turmpanzer. Grob gesagt: die Drehscheibe beim Schiffsgeschütz entspricht der Lafette am Landgeschütz.

Der Stützzylinder besteht aus einer achteckigen Anordnung von Platten, die in einem gewissen Abstand zur Barbette auf dem Panzerdeck stehen. Aus meiner obigen Antwort an Bernd kannst Du schon entnehmen, dass am Bodenblech der Drehscheibe die obere Kugelbahn verschraubt ist. Im weiteren werden also die Gewichte und Kräfte von der Dehscheibe auf den Stützzylinder übertragen. Unterhalb des Panzerdecks stehen unter dem Stützzylinder die Turmtrageschotte, die die Kräfte weiterleiten. Der Stützzylinder und damit das Turminnere wird geschützt durch die Barbette.

So, jetzt gehe ich Fußball gucken, wenn noch Fragen sind; raus damit!
Freundschaftlich
Josef

bernd

Hallo Josef,

dieses war eine sehr genaue Information, über Kugellager SA Türme.

Wenn in diesem Forum noch mehr soche Spezialisten sind, sollen Sie sich melden.

vielen Dank Josef

Gruß Bernd

Ralf

Hallo Josef,

nun hatte ich meiner Frühstückspause etwas Zeit mir mal den Beitrag hier durch zu lesen... Ehrlich, brauchte ich 2x um nur annähernd zu verstehen, was da steht. Aber ich denke ohne Deine Zeichnung hat man keine Chance.
Gibt es diese Zeichnung vielleicht bei John auf der Seite? Oder muss ich mir da dann doch einen Plansatz besorgen?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es unglaublich finde, was Ihr Fachleute hier so an Wissen angehäuft habt... Hut ab!
Ich fühle mich da, trotz 2m, recht klein... :D
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Josef

Ja, ja, Ralf,
hast ja recht!!
Ich habe soeben Thorsten die Bilder geschickt, mit der Bitte, diese in meinem Statement zu plazieren. Leider ließ sich das Bild 2 nicht besser darstellen.

Freundschaftlich
Josef

t-geronimo

So, hier sind Josefs Zeichnungen:


Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

wer

@ralf:

auch ich habe den größten teil erst durch die zeichnung verstanden, du bist also nicht allein!

Gruß

christian

t-geronimo

Ich habs mal passend für die Seite gemacht.

Ich hoffe, das mit dem Copyright geht in Ordnung, Josef. ;)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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