ANTRAX der Torpedoschule Mürwik

Begonnen von longwood, 05 Februar 2011, 13:11:00

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longwood

Hallo,

ich recherchiere z. Z. – das Wort ,,forschen" wäre (weit) übertrieben – hinsichtlich des bisher nicht geklärten Unterganges des Bergungsschiffes / Schleppers / Stationsfahrzeuges ,,ANTRAX" der Torpedoschule Mürwik, das im Dezember 1922 auf der Fahrt von Flensburg nach Kiel unterging.

In einem Zeitungsbericht der ,,Flensburger Zeitung" vom 9. Februar 1923 kann ich die Abkürzung ,,V. D. G." nicht deuten; die in folgendem Satz steht...

,,Wie uns von der V. D. G. mitgeteilt wird, ist zwischen Schelde (jetzt Skrelde) und Sonderburg ein graues Steuerhaus mit einem Maschinentelegraphen angetrieben".

Da die Wrackteile in Dänemark antrieben, kann es auch durchaus sein, dass es sich um eine Abkürzung einer dänischen Dienststelle – z. B. Militärdienststelle / Zivilbehörde / Rettungsdienst – handelt.

Wichtiger Hinweis: Der im ,,Gröner" genannte Schiffsname ,,Anthrax" ist definitiv falsch – also immer ,,Antrax" ohne dem Buchstaben ,,h".

Die Abkürzung ,,V. D. G." kann auch etwas anders lauten, da die Schriftzeichen damals auch etwas anders aussahen als jetzt.

Auf recht zahlreiche Antworten hofft

Hans-Hermann H. alias longwood

rocco

Hallo Hans-Hermann,
welche Infos besitzt du über den Schlepper Antrax. Ich bin sehr an der Geschichte interessiert. Ich war 2010 an einem Wrackteil im Eingang des kleinen Beltes tauchen. Von der Fahrtroute(Flensburg-Kiel) und dem Schiffstyps könnte es sich vielleicht um "Antrax" handeln. Hilfreich wären Bilder oder Skizzen vom Schiff. Ich werde diese Jahr dort erneut tauchen, vielleicht finde ich weitere Infos. Allerdings ist von dem Wrack nur noch der Bug übrig, was evt. auf eine Mine oder eine größere Kollision schliessen lässt.
Die Information mit dem angetriebenen Steuerhaus höre ich zum ersten Mal, welche Windrichtung herrschte denn am Tag und die Tage nach dem  Untergange. Bekommt man so etwas raus?

Viele Grüsse Rocco!   

longwood

Hallo rocco,

demnächst folgt ein umfangreicherer Bericht von mir hinsichtlich der "Antrax".

Eines schon im Vorwege: Die Unfallstelle soll zwischen Kalkgrund-Feuerschiff und Schleimünde gewesen sein.

Gruß

Hans-Hermann H. alias longwood

PS: Vielleicht kannst Du im Sommer im Rahmen der "Amtshilfe" nach den Resten des Marinefährprahmes vor Bookniseck tauchen und im Forum davon berichten.  Vorausgesetzt natürlich, dass noch Reste aus dem Meeresboden ragen; im Jahre 1990 waren noch welche da - aber das ist schon sehr lange her.

Siehe hierzu mein Bericht im Forum.

rocco

Hallo,
auf deinen Bericht bin ich schon sehr gespannt.

ZitatEines schon im Vorwege: Die Unfallstelle soll zwischen Kalkgrund-Feuerschiff und Schleimünde gewesen sein.
Vom Seegebiet her, würde die von mir angesprochene Wrackstelle in Frage kommen.

Übrigens, dein Bericht über den MFP vor Booknis ist sehr interessant. Ich glaube zwar nicht das vom Prahm nach den diversen Bergungen noch was übrig ist, aber wenn die genaue Stelle bekannt ist kann man dort gerne mal nachschauen und evt. auch Fotos machen.

Viele Grüsse Rocco!

longwood

Hallo,

das Schiff ,,Antrax" – ob Schlepper, Bergungsdampfer, Stationsfahrzeug sie vorerst dahingestellt – der Torpedoschule Mürwik verließ am Mittwoch, 20. Dezember 1922 Mürwik und sollte am Morgen des folgenden Tages in Kiel eintreffen, um dort Weihnachtspakete zu übernommen. Seitdem gilt das Schiff als verschollen.

Ich habe versucht, auf Grund von damaligen Zeitungsberichten – nicht von amtlichen Quellen, die mir leider nicht vorliegen – das Schicksal des Schiffes nachzuvollziehen.

Damals – im Ende Dezember 1922 und Anfang Januar 1923 – berichteten (fast) alle regionalen Zeitungen von der ,,Antrax".

Nachstehend gebe ich einige Berichte wieder, wobei besonders der Bericht von den ,,Flensburger Nachrichten" vom 28. Dezember 1922 wegen der zeitgenössischen und emotional-gefühlvollen Berichterstattung der damaligen Zeit aus meiner Sicht besonderer Beachtung wert ist.


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" von Donnerstag, 28. Dezember 1922

,,In den Weihnachtstagen erreichte uns die erschütternde Kunde von einem Schiffsunglück. Wir sind gewohnt, bei jedem Sturm, der über unsere Dächer hinbraust, der Angehörigen, Freunde und Bekannten zu gedenken, die zu derselben Stunde draußen mit den unsicheren Elemente ringen. Ein sorgender Blick geht zu solchen Zeiten durch die Blätter, ob von Schiffbrüchigen oder sonstigen Unfällen auf See etwas darin steht. Die Nachricht vom Untergang des Mürwiker Bergungsdampfers ,,Antrax" aber berührt uns Flensburger besonders nahe, nicht allein, weil sie unnennbare Trauer in viele Häuser bringt, nicht nur, weil sie ihnen so schmerzlich harten Gegensatz zu der Friedensstimmung des Weihnachtsfestes bildet, sondern auch, weil es den Marinestandort Mürwik trifft, an dessen Schicksal die Stadt Flensburg von jeher innig Anteil genommen hat. Seit der furchtbaren Kesselexplosion auf dem ,,Blücher" ist die Marinestation im Frieden nicht von solch einer Katastrophe betroffen worden, wie sie der Verlust des Dampfers ,,Antrax" darstellt,

Es wird wohl niemals aufgehellt werden, wie und wo sich der Unfall zugetragen hat, ob ein Fehler oder ein Verschulden des rasenden Unwetter Gewalt gab über das kleine, aber seetüchtige Fahrzeug und seine erprobte Besatzung. An der dänischen Küste ist die Leiche eines Matrosen in einem Rettungsring angetrieben. Das ist die einzige, aber zuverlässige Kunde. Der Mund des Toten ist stumm; er erzählt nichts von der schlimmen Weihnachtsüberraschung, die die Mannschaft betraf, nichts von ihrem aussichtlosen Kampf, nichts von dem letzten, unweigerlichen Verzicht auf Heimkehr. Das Meer hat seinen Vorhang gezogen vor eine Tragödie, die keine Zuschauer hatte und Schmerz und Trauer können sich nur eine schwache Vorstellung machen von diesem Seemannsschicksal.

Der Bergungsdampfer ,,Antrax" ähnelte in Größe und Bauart unseren Fördedampfern, hatte aber eine stärkere Maschine. Er dient hauptsächlich dazu, bei den Übungen in der Geltinger Bucht und den benachbarten Gewässern die Torpedos zu bergen. Außerdem vermittelte er, seitdem der Marinestandort Mürwik wieder bezogen worden ist, den Verkehr zwischen Mürwik und Kiel.

Wir lassen hier zwei Berichte über das Unglück folgen:

Der Standortälteste von Flensburg-Mürwik teilt uns mit:

Der zum Kommando der Torpedoschule gehörige Bergungsdampfer ,,Antrax" befand sich Mittwoch, den 20. Dezember, auf einer dienstlichen Fahrt nach Kiel und hätte bestimmungsgemäß am Donnerstagmorgen dort eintreffen müssen. Das Fahrzeug ist seit dem genannten Zeitpunkt verschollen. Alle Nachforschungen der Küstensignalstationen sowie Absuchen der westlichen Ostsee mit Torpedobooten sind erfolglos geblieben. Es ist somit mit der traurigen Tatsache zu rechnen, dass der Dampfer aus noch nicht ermittelten Ursachen untergegangen ist.

An Bord befanden sich 2 Unteroffiziere und 10 Mann, von denen die beiden Unteroffiziere und sechs Mann zum Kommando der Torpedoschule, die übrigen vier Mann zum Kommando der Marineschule gehörten. 

Der Standort  Mürwik muss somit mit hoher Wahrscheinlichkeit den Verlust von zwölf braven Seeleuten beklagen, was umso wahrscheinlicher ist, als inzwischen bereits die Leiche eines Matrosen an der dänischen Küste mit verschiedenen Wrackteilen des Dampfers angetrieben ist.

Die Personalien der Besatzung sind folgende:

1. Maschinist Feldwebel Schlömer, Hans;  Flensburg
2. Bootsmaat Sommerfeld, Kurt;  Flensburg         
3. Obermatrose Gefreiter Bock, Hans;  Mörke (Rudolstadt)
4. Obermastrose Schürmann, Ferdinand;  Altenbochum
5. Obermatrose Möhle, Kurt;  Wilhelshaven
6. Obermatrose Natschke, Bruno;  Osterfeld in Westfalen (angetrieben)
7. Heizer Gefreiter Schneider, Alfred;  Annaberg
8. Heizer Gefreiter Strasser, Ludwig;  München
9. Matrose Gefreiter Schmidt, Hugo;  Katarinenward
10. Matrose Gefreiter Röttmer, Heinrich;  Hamburg
11. Heizer Gefreiter Illgen, Kurt; Rosswein
12. Oberheizer Henning, Walter;  Erfurt

Eine spätere Meldung sagt:

Alle weiteren Nachforschungen nach dem Dampfer und seiner Besatzung sind erfolglos geblieben. Irgendwelche neue Tatsachen, die eine Vermutung über die Ursache des Unglücksfalles zulassen, haben sich nicht ergeben. Der endgültige Verlust von Dampfer und Besatzung ist nun als traurige Tatsache auszusprechen.

Der Marinestandort Mürwik beabsichtigt, Sonnabend, den 30. Dezember 1922, nachmittags 3 Uhr, auf dem Friedhof Friedenshügel eine Trauerfeier für die Gebliebenen zu veranstalten. Die Leiche des, wie bereits mitgeteilt, an der dänischen Küste angetriebenen Obermatrosen Natschke von der Torpedoschule, die in den nächsten Tagen mit einem Torpedoboot der Torpedoschule hierher kommt, wird im Anschluss an die Trauerfeier auf dem Friedhof Friedenshügel bestattet."


Kieler Zeitung vom 28. Dezember 1922

Beileidskundgebung des Reichspräsidenten zum Verlust der ,,Antrax"

Der Reichspräsident hat an den Reichswehrminister folgendes telegraphiert:

Die Mitteilung von dem Verluste, der die Marine durch den Untergang des Dampfers ,,Antrax" betroffen hat, berührt mich schmerzlich. Ich bitte Sie, den Hinterbliebenen der braven Marineangehörigen meine herzlichste Teilnahme zu übermitteln.

Von der Torpedoschule Flensburg wird mitgeteilt, dass die Leiche des Obermatrosen Natschke bei Kekenis (Südküste Insel Alsen) angetrieben ist. Die Beerdigung findet am Sonnabend Nachmittag in Flensburg statt.


Tageszeitung ,,Kieler Zeitung" vom 30. Dezember 1922

Über die ,,Antrax"- Katastrophe wird noch aus Sonderburg berichtet, dass am Freitag bei Osterby einige Kisten mit Lebensmitteln und Äpfeln, Korbflaschen sowie eine Matrosenmütze und eine wollene Matrosenjacke antrieben. Nachmittags fand man am Strande eine angeschwemmte Leiche. Die Untersuchung ergab, das der Tote der Matrose Bruno Natschke vom Stationsfahrzeug ,,Antrax" war. Die letzte Meldung über das Schiff liegt vom Feuerschiff ,,Kalkgrund" vor, von wo der ,,Antrax" am Mittwoch Nachmittag etwa um 4 Uhr bemerkt worden ist. Es wird angenommen, dass der ,,Antrax" mit seiner Besatzung in dem Sturm einer Kesselexplosion zum Opfer gefallen ist. Die Leiche des ertrunkenen Matrosen wurde in Schauby eingesargt. Das von der dänischen Marineverwaltung entsandte Torpedoboot ,,Hvalrossen" stellte eine Ehrenabteilung für die Überführung der Leiche vom Kreisbahnhof zum Hafen. Auch das dänische Torpedoboot hatte einen Kranz gestiftet. Der Sarg des Ertrunkenen, der in die deutsche Kriegsflagge eingehüllt war, wurde von den dänischen Matrosen aus dem Eisenbahnwagen gehoben und zum Leichenwagen gebracht. Oberleutnant Ruhfus sprach den dänischen Behörden den Dank der Reichsregierung und des Kommandos der Marienschule Mürwik für ihre Hilfsbereitschaft und die Anteilnahme an dem betrüblichen Anlass aus.


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" vom 6. Januar 1923

Über den gesunkenen Bergungsdampfer ,,Antrax" ist Positives noch nicht ermittelt. Es wird dauernd von Torpedobooten und Minensuchbooten nach der Untergangsstelle gesucht, ohne dass man jedoch ein Erfolg gehabt hätte. Mit Schleppinstrumenten wird der Grund des Meeresbodens abgesucht. An Bord befinden sich Taucher, um im Falle des Auffindens in Tätigkeit zu treten. Da auch weitere Leichen bisher noch nicht angetrieben sind, liegt die Vermutung nahe, dass der angetriebene Matrose Ratsche in den Unglücksstunden als Wache allein an Deck und die übrige Besatzung sich unter Deck befunden hat. Bestimmtes lässt sich jedoch erst nach Auffinden des Wracks vermuten.


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" vom 8. Januar 1923

Zum Untergang des Bergungsdampfers ,,Antrax" wird weiter gemeldet, dass außer Flensburger auch Kieler Fahrzeuge sich an dem Aufsuchen des untergegangenen Schiffes beteiligt haben, bisher leider ohne jeden Erfolg. In dieser Woche sollen die am Sonnabend unterbrochenen Nachforschungen fortgesetzt werden.


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" vom 12. Januar 1923

Auf der Suche nach der untergegangenen ,,Antrax" fanden die ausgesandten Minensuchboote und das Torpedoboot T 154 so stürmisches Wetter vor, dass sie nichts unternehmen konnten. Die Fahrzeuge kehrten daher nach ihren Häfen zurück


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" vom 9. Februar 1923

Spuren vom ,,Antrax". Wie uns von der V. D. G. mitgeteilt wird, ist zwischen Schelde und Sonderburg ein graues Steuerhaus mit einem Maschinentelegraphen angetrieben. Es kann mit ziemlicher  Sicherheit daraus geschlossen werden, dass dies Wrackstück von dem Mürwiker Dampfer ,,Antrax" stammt. Nach der Sturmrichtung nimmt man an, dass die Unfallstelle zwischen dem Kalkgrund-Feuerschiff und Schleimünde gewesen ist.


Tageszeitung ,,Flensburger Nachrichten" vom 13. Februar 1923

Weitere Spuren vom ,,Antrax". Wie aus Sonderburg gemeldet wird, sind bei dem Bootsbauer Michaelsen an der Sundewittseite einige Türen und Bruchstücke des Steuerhauses angetrieben, das anscheinend beim Stranden zertrümmert geworden ist.


Danach ließ das Medieninteresse stark nach – auf jeden Fall habe ich bis zum Herbst 1923 keine Berichte mehr gefunden.

Die anderen Zeitungsberichte der Jahreswende 1922 / 1923 ähnelten sich und basierten auf den offiziellen Meldungen der Marine (siehe ,,Flensburger Nachrichten" vom 28. Dezember 1922.

Ich habe versucht, den letzten Weg der ,,Antrax" sowie die Findorte der Leiche und der Trümmerteile nachzuvollziehen...

Mittwoch, 20. Dezember 1922: Abfahrt von Mürwik; zuletzt gesehen gegen 16.00 Uhr von der Besatzung des Feuerschiffes ,,Kalkgrund"

Freitag, 22. Dezember 1922: Einige Kisten mit Lebensmitteln, Korbflaschen und Bekleidungsteile treiben bei Osterby an- nachmittags treibt die Leiche des Obermatrosen zwischen Osterby und Kekenis an (Südküste der dänischen Insel Alsen).

Samstag, 30. Dezember 1922: Trauerfeier für die gesamte Besatzung und Beisetzung des Obermatrosen Natschke.

Dienstag, 09. Januar 1923: Zeitungsmeldung, dass zwischen Skrelde und Sonderburg ein graues Steuerhaus mit einem Maschinentelegraphen angetrieben sind.

Samstag, 13. Januar 1923: Zeitungsmeldung, dass auf der Sundewittseite Türen und Bruchstücke des Steuerhauses angetrieben sind.


Da mich das Schicksal dieses Schiffe sehr interessiert, möchte ich folgende Fragen klären:

1. Hat jemand Fotos oder Zeichnungen von dem Schiff? Auch im ,,Gröner" ist kein Bild vorhanden, der dort genannte Schiffsname ,,Anthrax" ist – nebenbei bemerkt - nicht richtig.

2. Herkunft: Nur eine Zeitungsmeldung (,,Schlei-Bote" vom 03. Januar 1923) spricht von einem ehemals russischen Schiff – evtl. ein Anhaltspunkt?

3. Schiffstyp: Der ,,Gröner" spricht von einem Schlepper, die Zeitungen von einem Bergungsdampfer, der Ähnlichkeit mit einem Fördedampfer hatte. Dazu eine Zusatzfrage, ob überhaupt 12 Personen auf einem derartigen Schlepper ,,vernünftig" untergebracht werden können?

4. Grund des Unterganges: Die Zeitungen sprechen von einer Kesselexplosion in einem schweren Sturm; in einer Zeitung aus Essen soll – nach mir vorliegenden Informationen – ,,...ging in dichtem Nebel verloren..." gestanden haben.

5. Windrichtung: Nach meiner Einschätzung müsste damals ein Sturm aus östlicher bzw. südöstlicher Richtung geherrscht haben – aber ich lasse mich gern überzeugen.

6. Woher stammt der Name ,,Antrax"?

7. Wie ich schon eingangs anführte, habe ich nur damalige Zeitungsberichte ausgewertet. Nach meiner Einschätzung müsste aber in irgendeinem Archiv noch ein offizieller (Unfall-) Bericht der Marine ,,schlummern" – aber wo?

Ich hoffe auf möglichst viele Antworten aus dem Forum und

grüße aus Kronshagen bei der Marinestadt Kiel

Hans-Hermann H. alias longwood

PS: Auf dem ehemaligen Marine-Stützpunkt Flensburg-Mürwik – jetzt Wohngebiet Sonwik – steht auf Privatgrund (Fördepromenade 3) ein Gedenkstein zum Gedenken an die 12 Opfer der Schiffskatastrophe. Es ist ein unbehandelter Findling aus Granit, der beiderseits beschriftet ist; auf der einen Seiten sind die Dienstgrade und Namen der Opfer eingemeißelt.


olpe

#5
Zitat von: longwood am 13 Februar 2011, 10:29:54
2. Herkunft: Nur eine Zeitungsmeldung (,,Schlei-Bote" vom 03. Januar 1923) spricht von einem ehemals russischen Schiff – evtl. ein Anhaltspunkt?
3. Schiffstyp: Der ,,Gröner" spricht von einem Schlepper, die Zeitungen von einem Bergungsdampfer...
Hallo,
die russische Spur kann nicht ausgeschlossen werden. Leider habe ich keinen konkreten Anhaltspunkt gefunden. Im Werk "Schiffe und Hilfsschiffe der Sowjetischen Seekriegsflotte 1917 - 1927", Moskau 1982, sind, bezogen auf die Baltische Flotte in den Kategorien 'Eisbrecher und eisbrechende Schlepper' sowie 'Bugsierdampfer (Stationsschiffe)' sechs Einheiten vermerkt, die um 1918 von den deutschen Truppen erbeutet wurden und augenscheinlich auch dort verblieben ... (auch andere Schiffe wurden erbeutet, gingen dann aber z.B. nach Finnland, den jungen baltischen Staaten oder gelangten wiederum retour in russische Hände). Es kann davon ausgegangen werden, dass im letzten Kriegsjahr alle nutzbaren Schiffe dem russischen Marinedienst unterstellt waren und damit in den Flottenlisten auftauchten. Hier die relevanten Schiffe mit Abmaßen:

"SOLDAT", 250t, L/B/T 28,5m/6,3m/3,0m
"STAAR", k.A.
"VINDAVA", 480t, L/B/T 46,8m/6,9m/2,4m
"GRENEN", 217t, L/B/T 36,6m/6,0m/3,6m
"KABEL'NYY", 800t, L/B/T 60,6m/9,0m/3,6m
"KREPYSH", 300t, L/B/T 31,1m/6,0m/3,8m 

Vielleicht läßt sich über die Daten ein Anhaltspunkt finden.
Grüsse
OLPE

longwood

Hallo olpe,

vielen Dank für die schnelle Reaktion. Leider habe ich keinen "Gröner" in meinem Eigentum, sondern muss ihn immer umständlich in der Universitätsbibliothek Kiel einsehen. Ferner besitze ich auch keine anderen Schiffslisten.

Evtl. kann uns jemand im Rahmen der "Amtshilfe" unterstützen und einen entsprechenden Abgleich vornehmen.

Gruß - und einen schönen Start in die neue Woche

Hans-Hermann H. alias longwood


Urs Heßling

hallo, longwood

Zitat von: longwood am 13 Februar 2011, 10:29:54
6. Woher stammt der Name ,,Antrax"?

"Anthrax" (mit einem th=Theta als 3. Buchstaben) ist das (alt-)griechische Wort für "Kohle".

Ein Wort "Antrax" (mit einem t=Tau als 3 Buchstaben) gibt es im (Alt-)Griechischen nicht.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

longwood

Hallo Urs,

vielen Dank für die Information.

Nebenbei bemerkt: Ich habe eine Gymnasiallehrerin - die auch die russische Sprache unterrichtet - gefragt, ob das Wort "Antrax" evtl. aus dem russischen Sprachraum kommt; sie hat es verneint.

Gruß aus Schleswig-Holstein

Hans-Hermann H. alias longwood

rocco

#9
Hallo Hans-Hermann,
danke für deine tolle Recherche. Die Artikel sind wirklich lesenswert und enthalten teilweise Informationen die ich nicht über Antrax kannte.
Ich habe versucht im Internet Informationen über die Wetterlage um den 22.12.1922 zu bekommen. Leider habe ich nichts rausfinden können.
Ich teile aber deine Meinung das südöstliche Winde geherrscht haben müssen. In den Zeitungen ist ja auch von Sturm die Rede. Allerdings ist mir nicht ganz klar wie die Kieler Zeitung vom 30.12.1922 zu der Vermutung kommt, das es eine Kesselexplosion gab. Zugegeben - Kesselexplosionen waren zu der Zeit nicht gerade unwahrscheinlich und das könnte die Vermutung zulassen, daß jenes Wrackteil (Bug) an dem ich tauchen war die Antrax ist.
Wie sonst, außer durch eine starke Explosion (Mine, Kessel) kann es sein, daß nur ein halbes Schiff auf dem Meeresgrund liegt.   :?
Das Seegebiet kommt auch in etwa hin, die Wrackposition befindet sich östlich des Breitgrundes. Der heutige Kiel-Flensburg-Weg
läuft allerdings westlich der Untiefe. Erklärungen warum das Wrack östlich des Breitgrundes liegt würden mir allerdings Einige einfallen.
Eine andere Wrackposition kommt meiner Meinung nach noch in Frage. Diese Schiffsreste liegen genauso wie der Bug östlich des Breitgrundes. Es handelt sich um einen zerfallen Rumpf eins ca. 35m langen Stahlschiffes. Die Dänen nennen dieses Wrack allerdings "Johanne". 
Aber wie du schon schreibst, wäre ein Bild super.
Es wird Zeit das der Winter sich davon schleicht, so das ich die obigen Wracks noch mal mit der Antrax-Geschichte im Hinterkopf betauchen kann.
Mir ist noch eingefallen das, dass Wehrgeschichtliche Ausbildungszentrum in Flensburg Mürwik evt. Informationen über die Antrax im Archiv haben könnte.                                       Wehrgeschichtliches Ausbildungszentrum Mürwik
Soviel wie weiß ist es einmal die Woche für die Öffentlichkeit geöffnet. Es ist übrigens nicht nur für Neugierige in Sachen Antrax-Geschichte interessant.   :wink:

Viele Grüsse Rocco!

longwood

#10
Hallo,

ich hoffte, in der Fachzeitschrift ,,Marine – Rundschau / Monatsschrift für Seewesen" des bekannten Verlages E. S. Mittler & Sohn einen größeren Artikel über den damaligen Untergang der ,,Antrax" zu finden.

In der Ausgabe vom Januar 1923 gibt es auch einen entsprechenden Hinweis, der aber ,,nur" 6 Zeilen umfasst und keine neue Tatsachen als die bisher bekannten enthält.

Trotzdem hoffe ich, dass irgendwann das Rätsel um den Untergang gelöst wird...

Viele Grüße

Hans-Hermann H. alias longwood

bettika61

Hallo Hans-Hermann,
tolle Recherche  top
Letztes Jahr stand ich noch am Gedenkstein und konnte mit dem Stichwort "Antrax" nichts verbinden.
Der Stein befindet sich in Sonwik (Konversion Marinestützpunkt) vor der alten LAZ Nord an der Grenze zur Marineschule. Die Inschrift ist leider schwer zu entziffern.

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

longwood

Hallo Beate,

vielen Dank für die Bilder vom ANTRAX-Gedenkstein.

Nach der ANTRAX wird / wurde auch in anderen Foren geforscht; z. B. in den Suchmeldungen der Marine-Jugend im Deutschen Marinebund e. V. Am 15. November 2007 wurde um Auskunft gebeten um den Schlepper ANTRAX.

Ich habe den Fragesteller kontaktiert und er teilte mir mit, dass keine Resonanz erfolgte. Aber ich habe von ihm ein Bild bekommen, welches etwa aus dem Blickwinkel Deines 4. Bildes aufgenommen wurde. Leider weiß ich nicht das Aufnahmedatum – aber die Inschriften sind bedeutend besser lesbar als auf Deinen Bildern. ,,Schuld" sind wahrscheinlich die ,,Hinterlassenschaften" der umliegenden Pappeln; eine Wäsche des Steines wäre dringend erforderlich – aber von wem?

Ferner wurde mir mitgeteilt, dass der Stein jetzt im Vorgarten auf dem Privatgelände der Familie (Name bekannt) – Fördepromenade 3 – in 24944 Flensburg steht. Falls es zutreffen sollte, wäre der Gedenkstein auch für die Öffentlichkeit nicht zugänglich – oder hast Du andere Informationen?

Ferner hat im Forum ,,Die-Ostseetaucher.de / Fördeschlösser.de" am 10. Dezember 2010  rocco - auch bekannt in ,,unserem" Forum – nach der ANTRAX gefragt. Es waren auch einige Antworten da – aber alle nicht zielführend.

Ich hoffe immer noch, dass das Rätsel um die ,,ANTRAX gelöst werden kann...

Viele Grüße aus Kronshagen bei Kiel

Hans-Hermann H. alias longwood

bettika61

Hallo Hans-Hermann,
der Fragesteller aus 2007 ist mir bekannt, ein örtlicher Hobbyhistoriker mit Schwerpunkt  Flensburger Militärgeschichte.Damit würde ich auch ausschließen , das beim Stadtarchiv Informationen vorliegen.
Eine Anfrage beim WGAZ der MSM brachte auch nur die Auskunft, daß sich viele für das Thema interessierten, aber Recherchen keine weitergehenden Informationen  erbracht haben . Auch das Schifffahrtsmuseum sei angefragt worden.

Die Eigentumsverhältnisse am Grundstück auf dem der Stein steht, sind mir nicht bekannt. Die Immobilie ehem LAZ Nord wurde in ETW als "Kapitänshaus" in Sonwik http://www.immopool.de/immobilienangebot/067/Flensburg/1528812/Wohnung.html
vermarktet.
Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

habichtnorbert

zum Schiff hab ich nichts gefunden, alles zum Schiff bezieht sich nur auf diesen Post,

habe aber anderes zum Namen Antrax gefunden:
1.) Antrax = Hotell auf Malorka
2.) Antrax = Dorf, ebenfals auf Malorka
3.) Antrax = Milzbranderreger
4.) Antrax = Chemischer Kampfstoff
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

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