SMS BRAUNSCHWEIG und SMS ELSASS vs. SLAVA, 8. August 1915

Begonnen von Leutnant Werner, 06 März 2010, 15:01:15

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Leutnant Werner

Hallo Freunde,

bislang war ich irrigerweise der Ansicht, deutsche Pre-Dreadnoughts hätten nur während der  Skagerrak-Schlacht im 1WK in ein Gefecht eingegriffen, als die Schiffe der zweiten Division ein paar Granaten in Richtung der Grand Fleet schickten, freilich ohne zu treffen. Neulich habe ich das Werk von Halpern (a naval history of world war 1) einmal wieder durchgelesen und traf, betreffend der deutschen  Offensive 1915 gegen den Rigaer Meerbusen, auf folgende Stelle:

,, The Germans estimated their operations in the Gulf of Riga would take two days, and the sweepers began their work at dawn on 8 August. The sweeping took much longer than anticipated; the Russians forces including the SLAVA ( four 12-inch, twelve 6-inch guns) and the gunboats KRHABRI and GROZYASHCHI, as well as aircraft, resisted stoutly. The battleships BRAUNSCHWEIG and ELSASS kept SLAVA at bay, but (Vizeadmiral) Schmidt decided to break off the action when it was apparent that even if they succeeded in breaking through the minefields, the DEUTSCHLAND would not be able to  Block Moon sound during the moonless night and if they waited until the following morning the Germans would be exposed to submarine attacks from boats certain to be sent from Revel and Helsingfors."

1.)   Es würde mich sehr interessieren, wie sich die BRAUNSCHWEIGS gegen die etwa  zur selben Zeit gebaute SLAVA gehalten haben. Weiß jemand mehr über das Gefecht? Gibt es Fundstellen?

2.)   War es so, dass das Gefecht stattfand, bevor die Rohrerhöhung bei SLAVA auf 30 Grad gesteigert wurde?

Vielen Dank im Voraus

Ekke

Zerstörerfahrer

Moin Ekke,

" BRAUNSCHWEIG und ELSAß eröffneten auf 160 hm das Feuer. SLAWA erwiderte nicht, sondern drehte bereits nach der 6. Salve ab und zog sich außer Schußweite zurück."

Aus " Der Krieg in der Ostsee " Bd. 2 Seite 244.

Alex Shenec

Hallo.

Quelle - S.E.Winogradow "Linienschiff SLAWA". Die Zeitschrift "Morskaja kampanija" 8/2007.

"...SLAWA hat ungefähr in 10.30 gekommen.
BRAUNSCHWEIG und ELSASS haben begonnen in SLAWA zu schießen, gemacht mit der Distanz 87,5 Kabellänge etwas Salven.
SLAWA antwortete nicht. Seine 305-mm Kanonen waren sehr abgenutzt.
Die Schußweite war auf dem meisten Winkel der Erhöhung 15 Grade bei diesen Kanonen 78 Kabellänge.
Nach dem SLAWA waren von den deutschen Schiffen 6 Salven gemacht, dann hat er umgedreht und ist aus der Zone der Beschießung herausgekommen...."


Schöne Grüße

Alex

Leutnant Werner

Danke, Alex und René:

Aber eure Antworten werfen neue Fragen auf. Halpern stellt es so dar, als hätte Vizeadmiral Erhard Schmidt aus eigenem Antrieb das Gefecht abgebrochen.  Eure Quellen sagen, dass die Deutschen sich auf die SLAVA einschossen, und die dann nach der 6. Salve abgedreht ist, also aus eigenem Antrieb das Gefecht abgebrochen hat.

Ich halte diese Variante auch für wahrscheinlicher. Aber wer hat Recht?

Zweite Frage: Wie waren die Zielvorrichtungen bei den deutschen Schlachtschiffen verbessert worden, denn das Feuer wurde auf 157 bis 160 hm aufgenommen? Wie konnten die Deutschen auf diese Entfernung mit Aussicht auf Erfolg das Feuer eröffnen?

Gruß
Ekke

Matrose71

#4
Salve,

das ist ja eine "lustige" Feststellung.
Sowohl nach Navyweapons als auch nach dem englischen Wiki hatten die 28cm/L40 bei der Braunschweig/Deutschlandklasse eine Elevation von 30 Grad und konnten damit 18830m schießen. Bei der späteren 28cm/L45 betrug sie nur 20 Grad Rohrerhöhung.

Ich denke doch das die "modernen" Pre Dreadnoughts aus Deutschland auch eine Feuerleitanlage an Board hatten, war doch 1915 state of the art und somit konnten die sogar recht "gemütlich" auf 16hm das Feuer eröffnen und sich auch einschießen.

Edit:

Die Slava hatte nur eine Rohrerhöhung von 15 Grad und konnte sowohl mit der alten als auch der neuen Granate keine 16000m schießen.
Maximum waren so 15000m. Ist den Russen da so ähnlich gegangen wie den Deutschen bei der Doggerbank.
Somit dürfte auch klar sein warum sie das Feuer nicht erwiedert hat und auch sonst keine Ambitionen zeigte.
Viele Grüße

Carsten

Leutnant Werner

"Lustige Feststellung" verstehe ich jetzt mal nicht so ganz:

Mir ist schon klar, dass die Türme in der Braunschweig- und Deutschlandklasse eine hohe Elevation erlaubten. Nur Treffen auf diese riesigen Entfernungen ohne gescheite Feuerleitung und Zielerfassung ist eine ganz andere Sache.

Die Schlachtschiffe der improved Tsarevich/Borodino-Klasse waren "ab Werk" meines Wissens mit Barr & Stroud-Fernsehvisieren mit einer Basislänge von 1,4 m ausgerüstet, die Japaner hatten ähnliche, wenn nicht gar identische Geräte an Bord. Sowohl bei Yellow Sea/Round Island als auch bei Tsushima waren die maximalen Gefechtsentfernungen zwischen 9.000 und 10.000 m und getroffen haben die dabei ungefähr nix. Bei SLAVA muss eine deutliche Verbesserung in Zielauffassung und Feuerleitung bis zum WK 1 erreicht worden sein und dasselbe darf für die deutschen Pre-Dreadnoughts angenommen werden.

unwissend!

Habe hier im Forum vor kurzem einige Buchtips bekommen aber dort ist wenig(Deutschland) bis gar nichts(Braunschweig) zu den Feuerleitanlagen zu finden.

Marine-Arsenal Band 45 "Die Linienschiffe der Deutschland-Klasse" von Siegfried Breyer
Seite 12: "...Die Feuerleitung stützt sich ausschließlich auf die Entfernungsmessung(die vielfach eher eine Schätzung war) und auf die Aufschlagbeobachtung..."

"Linienschiff Schleswig-Holstein Flottendienst in drei Marinen" von Willi Schultz, Koehler Verlag
Seite 36: "...Beide Stände haben in der Kommandostandsdecke eingebaute Sehrohre und stereoskopische Entfernungsmeßgeräte Fabrikat Zeiss Baujahr 1907 für die S.A. und M.A. zur Verfügung..."

cu Björn

Matrose71

Also sowohl die Braunschweig- als auch die Deutschlandklasse standen bis 1915-16 im aktiven Flottendienst als Kampfgeschwader.
In der Skagerrak Schlacht waren ja auch noch beide Klassen anwesend.
Ich glaube kaum das man da Schiffe mit einer effektiv Reichweite von 8000-12000m mitgenommen hätte. Für was sollte man das tun?

Vorallendingen wußten die Deutschen ja, dass die englischen Schiffe auf sehr weite Entfernung schießen konnten, spätestens nach der Doggerbank.
Also da muss es Modernisierungen gegeben haben, sonst hätte man die Schiffe gar nicht mitnehmen müssen.
Außerdem hatte man die Rohrerhöhung für solche Reichweiten, es fehlten nur Feuerleitanlagen, die aber auf anderen Schiffen um die Zeit schon vorhanden waren, also kann die Modernisierung ja nicht all zu schwer sein.
Viele Grüße

Carsten

Leutnant Werner

Hab was gefunden:
"Die Reichweite der 28 cm L/40 - Geschütze betrug 188 hm, ihre Einsatzgrenze 120 hm. Hiermit war die Grenze festgelegt worden, über die hinaus gegen ein kriegsmäßiges Ziel nicht mit mehr als 15 - 20 % Treffern (!) gerechnet werden konnte, eine Erkenntnis aus unzählbaren Flotten- und Versuchsschießen. Falls das Gefecht auf größere Entfernungen beginnen würde, sollte nur hinhaltend gefeuert werden. Dem Gegner sollte durch Kurs- und Fahrtänderungen das Einschießen erschwert werden. Die Kaiserliche Marine stellte sich deshalb darauf ein, sich 15 % Treffaussichten zu sichern und die Wirkung am und im Ziel zu steigern."

- Schmalenbach: Die Geschichte der deutschen Schiffsartillerie, S. 74.

Dem gleichen Werk ist zu entnehmen, dass die genannten Schlachtschiffe sowohl mit so genannten "Basisgeräten" (Entfernungsmessern der Fa. Zeiss, 1906) und so genannten "Abfeuergeräten" (eine Vorrichtung zum Verbessern der Treffaussichten bei starkem Schlingern des Schiffes, Serienreife 1912), nicht aber mit "Richtungsweisern" (Geräte zur Zielerfassung bei großer Gefechtsenternung) ausgerüstet waren. Oder wurden diese vielleicht nachträglich eingebaut?

unwissend!

Wobei sich die Einsatzgrenze ja auf die Sichtverhältnisse in der Nordsee bezieht, optisch also nur selten bessere Bedingungen herrschen. Wozu also das Schießen auf große Entfernungen üben wenn ein angenommenes Gefecht bei etwa 100hm statt findet, also Versuch auf diese Entfernung das beste herauszuholen(15% Trefferaussicht).

Der Richtungsweiser diente ja nur dazu den Geschützen die Richtung zum Ziel vorzugeben, inwieweit soll dies der Zielerfassung auf große Entfernung dienen?

cu Björn

Spee

@Leutnant Werner,

Halpern liegt mit seiner Aussage nicht ganz falsch, allerdings zeitlich versetzt.

Vorweg, das Unternehmen wurde nicht von allen Seiten begrüßt. Albert Hopman beurteilte das Unternemen schon in der Planung als wenig erfolgreich. Nun zum Unternehmen:

Beginn des Minensuchens um 3.45Uhr. Um 6.00Uhr FT, daß "T52" auf Mine gelaufen (später gesunken), 6.28Uhr FT von "Thetis", Minentreffer. 16 russische Zerstörer und Kanonenboot "Chraby" hinter Minensperre gesichtet. 8.50Uhr Minensucher melden Herstellung einer Sperrlücke. 9.10Uhr "S144" auf Mine gelaufen, von "S140" und "S147" unterfangen, unter Sicherung von "S141" nach Libau. "Braunschweig" und "Elsass" beschiessen Zerstörer, "Chrabry" und weiteres Kanonenboot. 11.00Uhr, Minensucher gehen weiter vor. 11.30Uhr, "Slawa" und Zerstörer kommen ONO von "Braunschweig" in Sicht, wird auf 160hm beschossen und dreht ab, ohne Feuererwiderung. 12.45Uhr, Minensucher melden 2.Minensperre. 1.20Uhr "T58" auf Mine gelaufen (später gesunken). Durchbruch damit für diesen Tag nicht mehr möglich (6 T- und M-Boote + 1 Kreuzer durch Minen ausgefallen). 1.37Uhr, Unternehmen per Befehl abgebrochen.

Ekke, kauf dir dazu bitte Albert Hopman "Das ereignisreiche Leben eines Wilhelminers". Da wirst du reichlich Informationen über den Ostseeschauplatz erhalten. Sehr gutes Buch, jeden Cent wert.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

kalli

ZitatEkke, kauf dir dazu bitte Albert Hopman "Das ereignisreiche Leben eines Wilhelminers". Da wirst du reichlich Informationen über den Ostseeschauplatz erhalten. Sehr gutes Buch, jeden Cent wert.

Das kann ich nur bestätigen :MG:

Leutnant Werner

@ #9: Den Richtungsweiser stelle ich mir eher als Vorhalterechner vor. Und ob der  im WK 1 bei diesen Schiffen an Bord war, erscheint mir plausibel, aber belegt ist der Einbau erst ab der NASSAU-Klasse.

@ #10,11: Jungs, alles was mit Albert Hopman zu tun hat, steht bei mir ganz oben auf der Einkaufsliste. Ich habe aber vor zwei Wochen 105 Euronen in einer französischen Militärbuchhandlung lassen und dann konnte ich letzte Woche nicht an Zerstörerfahrers "Der Krieg in der Nordsee"-Bänden vorbeigehen....und ich bin schließlich kein Geldscheißerle  :-D

unwissend!

Zitat von: Leutnant Werner am 08 März 2010, 16:00:54
@ #9: Den Richtungsweiser stelle ich mir eher als Vorhalterechner vor. Und ob der  im WK 1 bei diesen Schiffen an Bord war, erscheint mir plausibel, aber belegt ist der Einbau erst ab der NASSAU-Klasse.

Es ist aber kein Vorhalterechner sondern stellt "nur" sicher das die eigene Artillerie auch mit Sicherheit auf dem vom A.O. ausgewähltem, beobachtetem Ziel zeigt. Durch Übersetzungen wird sichergestellt das der Winkelfehler zwischen Position Beobachter und Geschütze ausgeglichen wird, so etwas "ähnliches" gibt es heute auch noch.
Nach einer Werftphase und dem Einbau der Radar- und Waffenanlagen wird ein Abgleich durchgeführt und kontrolliert das ein Ziel von Radar A und B in der richtigen Peilung gesehen wird und beim Zuweisen der Waffen auf dieses Ziel diese auch zu 100% auf dieses zeigen.

cu Björn

Mark Alt

Hallo,

ich hätte eine Frage zum Thema: hat die Elsass die beiden Treffer auf dem Kanonenboot Grosjaschtschi erzielt? Laut EnWiki traf sie nicht, DeWiki schreibt ihr beide Treffer zu. Dieser Widerspruch gilt für die Artikel SMS Elsass und Battle of the Gulf of Riga / Vorstoß in die Rigaer Bucht. In der englischen Wiki-Artikel SMS Elsass wird nicht einmal erwähnt, das Grosjaschtschi im Gefecht dabei war.

Bestätigen die russischen Quellen die Treffer?

[Laut EnWiki war die SMS Elsass ab den 5. 12. 1914 bis 03. 1915 auf der Elbe, Dewiki schreibt hingegen, sie habe an den Vorstoß Richtung Gotland (26-30. Dezember 1914) und bei der Deckung vorstoßender Panzerkreuzer zum Finnischen Meerbusen (6-9. 01. 1915) in der Zwischenzeit teilgenommen, und erst danach auf die Elbe verlegt. Welche Information ist richtig?]

Danke im Voraus für die Auskunft!

Gruß
Andreas

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