Die Dieselmotoren der Panzerschiffe und ihr Brennstoffverbrauch

Begonnen von Peter K., 16 Oktober 2009, 13:45:45

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Peter K.

#30
Zitat... hat ... eher Deutschland den günstigeren Rumpf um schneller zu laufen, da sie weniger breit ist, aber gleich lang, nach den Zahlen die man nachlesen kann.

Die Schiffsbreite hat im Gegensatz zur Länge überraschend wenig Einfluß auf die Geschwindigkeit und eine größere Breite muß nicht unbedingt einen "schlechteren", weil widerstandsmäßig ungünstigeren Rumpf zur Folge haben.

Beide Schiffe sind in der geschwindigkeitsmässig wichtigen Konstruktionswasserlinie gleich lang, ADMIRAL SCHEER ist allerdings über alles um 5,5 cm länger.
Die Breite ist bei ADMIRAL SCHEER um 0,65 m größer, was gewichtsmäßig durch eine um 5 cm niedrigere Seitenhöhe und bei gleicher Konstruktionstiefe somit auch durch eine um 5 cm geringere Freibordhöhe teilweise ausgeglichen wird.
Neben den positiven Auswirkungen auf die Stabilität verursacht diese Verbreiterung trotz der größeren Verdrängung eine Reduzierung des Blockkoeffizienten von 0,539 auf 0,527 und eine um 7 m² vergrößerte Hauptspantfläche, was nicht nur eine Erhöhung des Völligkeitsgrades der Hauptspantfläche von 0,882 auf 0,912 nach sich zieht, sondern in weitere Folge auch eine geringfügige Verringerung des für die Geschwindigkeit wichtigen Zylinderkoeffizienten von 0,611 auf 0,578. Die größere Verdrängung der ADMIRAL SCHEER sorgt außerdem für eine geringe Verschlechterung des Schlankheitsgrades von 8,004 auf 7,983.
Bis zu diesem Punkt spricht alles außer dem kleineren Blockkoeffizienten dafür, dass ADMIRAL SCHEER bei gleicher Leistung etwas langsamer als das Typschiff sein wird.
Offenbar durch Formänderungen am Rumpf hat man aber trotz der Verbreiterung die Fläche der Konstruktionswasserlinie um 34 m² verringert und gleichzeitig deren Schwerpunkt von 1,16 m vor der Schiffsmitte nach 0,88 m hinter der Schiffsmitte verlegt. Außerdem wurde der Formschwerpunkt 0,87 m nach achtern verschoben.

Dies zusammen werte ich als Indizien für einen geschwindigkeitsmäßig etwas günstigeren Rumpf der ADMIRAL SCHEER gegenüber DEUTSCHLAND.


Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Matrose71

Viele Grüße

Carsten

Thoddy

ich meine irgendwo gelesen zu haben dass (K-Amtsseitige?) Schleppversuche eine Verbesserung der Rumpfform bei der Deutschlandklasse eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 kn ohne Anheben der Maschinenleistung vermuten ließen. die erfordliche Baumaßnahme erfordert eine Verbreiterung des Rumpfes.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Matrose71

Hallo Thoddy,

ganz sicher?

Mir ist eher eine Verlängerung um ~10m in Erinnerung.
Viele Grüße

Carsten

Smutje Peter

hallo zusammen

Ich habe auch eine Verlängerung in Erinnerung. Quelle war Breyer. Dazu eine Verbreiterung durch Hochziehen der Wulste bis zum Oberdeck. Nur Verbreiterung sollte das Seeverhalten und die Geschwindigkeit negativ beeinflussen, in Verbindung mit der Verlängerung beides verbessern.   
Gruß

Peter aus Nürnberg

Thor

Anbei das komplette Besprechungsprotokoll ...

Gruß
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

FAUN

Zu den Betrachtungen von Peter zwei Überlegungen. Zum einem möchte ich den Begriff des Slips einführen und zum anderen einmal die theoretische Leistung angeben.
Der Slip ist das Verhältnis der Schraubengeschwindigkeit zur Geschwindigkeit des Schiffes. Dieses wird in % ausgedrückt und sollte nahe der 100 sein. Neben der Tatsache, daß sich die Schraube nicht in einem festen Medium bewegt, kommen noch andere Faktoren zum Tragen. Auch kann der Slip zeigen, ob z.B. der Trimm des Schiffes i.O. ist.Normalerweise haben z.B. Containerschiffe eine leichte Gattlage, diese variiert aber je nach Tiefgang. Ist sie falsch gewählt, kann dadurch der Wasserwiderstand sich erhöhen.
Der Slip drückt also die theoretische Strecke nach Umdrehungen der HM x Steigung der Schraube, ausgedrückt in kn (Geschw.) oder sm (zurückgelegte Strecke). Rechnen wir nun aus den Daten die Schraubensteigung aus, so sehen wir, daß es sich eigentlich um Verstellpropeller handeln müßte. Die Steigung entsprechend der Schraubendrehzahl und der dazu gehörigen Geschwindigkeit liegt zwischen 3,67 und 3,99m.
Nehmen wir als zweites die Leistung hinzu, so können wir folgenden Bezug herstellen, von einer gegebenen Geschwindigkeit und der dazu gehörenden Leistung kann ich überschlägig die notwendige Leistung einer anderen Geschwindigkeit ermitteln, in dem ich aus den Geschwindigkeiten ein Verhältnis bilde, dieses hoch 3 nehme und den Kubus mit der alten Leistung multipliziere.
Betrachten wir beide Ergebnisreihen, den ersten und letzten Wert würde ich jetzt einmal außen vor lassen, erkennen wir ein Abfallen der theoretischen Leistung parallel zu Verringerung der Schraubensteigung. Die tatsächliche Leistung verhält sich dagegen umgekehrt. Übersetzt heißt es, der Slip nimmt mit steigender Geschwindigkeit zu, es wird mehr Leistung als theoretisch errechnet benötigt.
Vielleicht bringt die vorstehende Diskussion über den Schiffsrumpf hier weitere Erkenntnisse?

kn   UPM   Steigung   PS  indiziert   PS theo
5,38   45   3,69   358   
10,06   79   3,93   1659   2341
13,52   105   3,97   3775   4027
14,69   114   3,98   4590   4842
18,34   142   3,99   9770   8932
18,69   146   3,95   10250   10340
20,68   164   3,89   15130   13885
22,22   176   3,90   19125   18768
23,50   190   3,82   24675   22624
24,87   204   3,76   31015   29247
26,00   213   3,77   36125   35438
28,50   240   3,67   53650   47580

thommy_l

Hallo,

das ist für einen schiffstechnischen Laien wie mich sehr verständlich dargestellt. Hochinteressanter Thread!
Danke an Faun und Peter!

Grüße
Thommy

delcyros

Peter,

mir ist gerade aufgefallen, dass das Kurvenblatt "Gebläseleistung"  die Leistung ohne Verdichter und Pumpen angibt. Ich lasse mal Pumpen außen vor aber Verdichter scheinen mir erheblich Leistung zu schlucken, wenn die Spülluft für zwei Hauptdiesel vorverdichtet werden soll.

lg

FAUN

Zitat von: delcyros am 05 März 2016, 10:33:27
Peter,

mir ist gerade aufgefallen, dass das Kurvenblatt "Gebläseleistung"  die Leistung ohne Verdichter und Pumpen angibt. Ich lasse mal Pumpen außen vor aber Verdichter scheinen mir erheblich Leistung zu schlucken, wenn die Spülluft für zwei Hauptdiesel vorverdichtet werden soll.

lg

Mit den Verdichtern sind die Kompressoren für die Anlaßluft gemeint, das oder die Gebläse sind für die Spül-/Ladluft.
Allerdings, je länger man sich mit den damaligen Motoren beschäftigt, desto interessanter wird es. So ist in dem Startbeitrag von Peter K. meiner Meinung nach eine Annahme, die überdacht werden sollte. Der Hilfsmotor treibt neben dem Gebläse auch die Küllwasser-, die Schmieröl- und die Brennstoffzubringerpumpen an, weiterhin den Kompressor für die Anlaßluft. Letztere mal außen vor gelassen, sind die Pumpen nicht von der Leistung des Hauptmotors abhängig, will heißen, sie haben immer die gleiche Förderleistung und -menge. Deshalb muß der Hilfsmotor mit einer konst. Drehzahl und einer konst. Grundlast laufen. Wo die entsprechende Spülluftmenge bei Teillast der Hauptmotoren bleibt, kann ich momentan nicht sagen, sollte sich aber klären lassen. Deshalb ist die Annahme von 3% der Motorenleistung nicht aufrecht zu erhalten. Vergleichbar sind die Hilfsdiesel zur Stromerzeugung, die ja frequenzbedingt auch mit konst. Drehzahl laufen müssen.

delcyros

Faun,

vielen Dank für deine Ausführungen, heißt das, dass die Spülluft nur ambienten Atmossphärendruck hatte? Über das ganze Lastvolumen?


delcyros

#41
Hier mal eine rein spekulative Frage.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten gäbe es eigentlich noch im M9Z42/48?
Verfügte dieser Motor über einen mechanisch- oder vom Hilfsdiesel M5Z42/58 getriebenen Kompressor für die Aufladung? Er hatte zumindest keinen Abgasturbolader.
Turbolader waren zwar Neuland aber Alfred Büchi der seit 1905 ein Patent auf Abgasturbolader hielt (1905: CH 35 259 A & DRP No. 204630) und die Machbarkeit 1913/4 in Winterthur belegte, -was zu Verbesserungen der Turboaufladung beim Dieselmotor führte (Patent 1915 DRP Nr. 454107)- erarbeitete in den Jahren zuvor die technischen Grundlagen, insbesondere für große Schiffsdiesel. Diese Arbeiten wurden nach dem ersten Weltkrieg von Laudahn beachtet, der im ersten Weltkrieg u.a. bei MAN das Projekt eines großen 12,000 PS(e) Schiffdiesel betreute. Der Chef der Konstruktionsabteilung der Marine Wilhelm Laudahn war inzwischen zum Ministerialrat befördert, der im Verkehrministerium saß. Auf seine Initiative sollten 1923 zwei dieselgetriebene Passagiersschiffe mit Büchis Abgasturbolader ausgerüstet werden, es handelte sich um die PREUßEN und die HANSESTADT DANZIG.
Die beiden zehnzylinder Dieselmotoren mit einer Nennleistung von je 1750 PS(e) waren eine MAN Entwicklung, die von den Vulcan Werften Stettin in Lizenz gebaut wurden. Die Abgasturbolader wurden nach Angaben Büchis gefertigt (lieferung der Verdichter von BBC Mannheim) und seperat von den unaufgeladenen, saugluftbetriebenen Dieseln aufgestellt. Eine ungeteilte Abgasleitung führte die Abgase von den Zylindern zum Turbolader.
Die durch Nachrüstung mit Abgasturbolader erreichte Leistung überschritt in Tests 1926 die geplante 2500 PS(e) erheblich und es wurden kurzzeitig sogar 3200 PS(e) erreicht.
Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse zum Druckgefälle und der Selbstregelung des Abgasturboladers unterstützten ein weiteres Patent in welchem Büchi die Druckwellenaufladung und seperate Abgasleitungen für den Stoßbetrieb erstmals beschrieb (1925: DRP No. 568 855).
Anhand eines vier- und eines sechszylinder Lokomtivendiesel konnte Büchi diese Stoßaufladung 1925 ausführlich testen, wobei kurzzeitig die Leistung um 100% erhöht wurde.
Erst 1929 wurde der erste MAN U-Bootsdiesel mit Abgasturboaufladung ausgerüstet (und an die Sowjetunion geliefert).
Der 1934 geplante MAN Motor für einen mexikanischen Zollkreuzer verfügte statt über Hilfsdiesel entsprechend über einen am Motor angebauten VTy401 Abgasturbolader mit Stoßaufladung.

Im wesentlichen sind damit die technischen Grundlagen für die Abgasturboaufladung bereits Ende der 20´er Jahre gegeben. Zu einem Einsatz in den Panzerschiffsdieselmotoren kam es nicht. Mit dem von Büchi etablierten schweizer Konzern BBC existiert seit Mitte der 20´er Jahre ein Lizenzgeber und Hersteller mit Produktionsstandorten in Baden und Mannheim.
Der Vorteil an der Abgasturboaufladung liegt in meinen Augen auch darin, dass neben einem erheblichen Leistungsgewinn und eine Verbesserung des spezifischen Verbrauchs auch eine Verkleinerung der Maschienenräume zu erwarten wäre, da die Hilfsdiesel entfallen.



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