Bewaffnung der Kanonenboote "Iltis"-Klasse

Begonnen von Urs Heßling, 06 September 2009, 12:07:46

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Urs Heßling

Hi,

motiviert durch Hastei´s schönes Kartonmodell  :TU:) und als Liebhaber kleiner Kampfschiffe (nicht nur S-Boote) möchte ich hier eine Frage aus konkretem Anlaß einbringen, nachdem schon mehrfach Schlachtschiffentwicklungen diskutiert wurden:
Bei den Kanonenbooten der Iltis-Klasse wurde ab Baunummer 3 die Bewaffnung von vier 8,8-cm-Kanonen auf zwei 10,5-cm-Kanonen geändert. - Wer weiß, warum ? Die Erfahrung des Kampfes "Iltis" bei den Taku-Forts kann eigentlich  :| keine Rolle gespielt haben, da BauNr. 3 "Tiger" schon 1900 in Dienst gestellt wurde.

Eigene Gedanken dazu:
Im Gegensatz zu "normalen" Kampfschiffen kann ich mir für ein Auslandskanonenboot Situationen vorstellen, in denen in beengten Gewässern nach beiden Seiten Waffen eingesetzt werden müssen. Was ist besser an der Bewaffnung mit zwei 10,5 cm ?
Mögliche Vorteile der (zwei) 10, 5 cm
- Größere Reichweite
- Größere Durchschlagskraft
- Größere Sprengwirkung im Ziel
- Weniger Besatzung notwendig
Vorteile (vier) 8,8 cm
- Zwei Waffen nach jeder Seite einsetzbar
- Größerer Bestreichungswinkel an Bb und Stb

Was sagen unsere Geschützexperten dazu ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

#1
@ Urs

Ich bin alles andere als ein Geschützexperte aber bei navyweapons sind beide Geschütze beschrieben.
http://www.navweaps.com/Weapons/WNGER_88mm-30_skc97.htm
http://www.navweaps.com/Weapons/WNGER_41-40_skc00.htm

Dabei schneidet die 10,5 cm um "Welten" besser ab als die 8,8cm.
Das Geschoss der 10,5cm wiegt 17,4kg gegenüber 10,0kg (mehr als 2/3 mehr) und sie hat eine wesentlich höhere Mündungsgeschwindigkeit. (690 zu 590mps)
Darüberhinaus schießt sie auch noch 2km weiter.

Was mir noch aufgefallen ist, dass für die 8,8cm keine AP Granaten auftauchen, kann aber auch an navyweapons liegen.

Sumasumarum ist die 10,5cm im Verhältniss zur 8,8cm sehr viel besser. Wahrscheinlich war das der ausschlaggebende Punkt.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

Hi, Matrose

der internet-Hinweis ist gut  top danke

Die Frage bleibt, ob diese Überlegenheit des 10,5 cm Geschützes eine Verringerung der Rohrzahl auf die Hälfte und die taktischen Einschränkungen rechtfertigte.

Hat jemand schon einmal Erfahrungsberichte der Kommandanten eingesehen können ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

Also ich bin mit Kaisers Kanonenbooten und ihren Aufgaben nicht so vertraut.

Wenn es ausschließlich gegen "weiche" Ziele geht und nicht ebenbürtige oder größere Gegner ist die Verringerung der Rohrzahl auf alle Fälle ein taktischer Nachteil.

Bei ebenbürtigen oder größeren Gegnern eher das Gegenteil! Die 10,5cm hat wesentlich mehr Zerstörungskraft, schießt weiter (schneller Treffer) und dürfte auf Grund ihrer höheren Mündungsgeschwindigkeit auch besser treffen. Das sind dann eher taktische Vorteile.
Viele Grüße

Carsten

Albin

Die Kanonenboote der Iltis-Klasse waren komplett für den Übersee-Einsatz konstruiert, daß bedeutet sie sollten Hochseefähig sein, aber auch auf Flußmündungen operieren können, was es notwendig machte, den Tiefgang nicht zu groß werden zu lassen.

Die Ursprungsbewaffnung mit 4 8,8cm Geschützen fuhren dabei nur die Iltis und die Jaguar. Der Einbau bei den restlichen Schiffen von 2 10.5cm Geschützen führte ebend doch auf die Erfahrungen der Kämpfe bei den Taku-Forts 1900 zurück. Grund war wohl vor allem die erhöhte Reichweite, die es an den 8,8 fehlte.
Zusätzlich ist zu erwähnen, daß sich das Breitseitgewicht durch nur 2 10,5cm Geschütze erhöhte, da die 8,8cm so aufgestellt waren, daß in der Breitseite auch nur jeweils 2 eingesetzt werden konnten.

Die Umstellung von 4 auf nur 2, bei einer Kaliberhöhung war m.E. ein richtiger Schritt, da bei der kaiserlichen Marine das sog. Lee-Feuer immer überbewehrtet wurde. So hielt sich die Aufstellungsvariante bei z. B. Kreuzern bis 1914/15. Dabei bietet die Mittelschiffsaufstellung viel größere Möglichkeiten, was die Bestreichungswinkel betrifft, sowie die Gewichtsverteilung.

Urs Heßling

Hallo, Albin,

Zitat von: Albin am 08 September 2009, 06:27:20
Der Einbau bei den restlichen Schiffen von 2 10.5cm Geschützen führte ebend doch auf die Erfahrungen der Kämpfe bei den Taku-Forts 1900 zurück.

Dieses Argument scheint mir unlogisch, da TIGER mit neuer Bewaffnung bereits vor dem Gefecht bei den Taku-Forts in Dienst gestellt wurde.

Zitat von: Albin am 08 September 2009, 06:27:20
Die Umstellung von 4 auf nur 2, bei einer Kaliberhöhung war m.E. ein richtiger Schritt, da bei der kaiserlichen Marine das sog. Lee-Feuer immer überbewertet wurde.

überbewertet : Ohne Zweifel richtig beim Flotteneinsatz, wo der Erwartung entsprechend nur nach einer Seite geschossen wird. Aber hier geht es ja um Situationen, in die die Kanonenboote aufgrund ihres besonderen Einsatzprofils kommen: zwischen vorgelagerten Inseln, auf einem Fluss, usw., z.B. wie die brit. AMETHYST 1949 - und genau das ist ja der Ausgangspunkt meiner Frage: was ist besser ?

Gruss, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Schaarhörn

Zur Frage 8,8 cm zu 10,5 cm kann ich leider nichts beitragen. Ich habe jedoch zur Bewaffnung dieser Schiffsklasse eine weitere Frage die m. M. hierher passt:

Als Bewaffnungsangabe der Kanonenboote der ILTIS-Klasse – hier interessiert mich die TIGER – finde ich u.a. sechs 3,7 cm Kanonen. Diese Anzahl geben alle Quellen an, dich ich finden konnte (Hauptsächlich Internet http://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Panther_(1901), http://www.deutsche-schutzgebiete.de/sms_panther.htm, http://en.wikipedia.org/wiki/SMS_Panther, http://www.german-navy.de/hochseeflotte ... /tech.html)

Warum haben so viele Modelle dieses Schiffes (z.B. der HMV-Kartonbaubogen) acht dieser kleinen Kanonen an Bord? Wurde die Anzahl später erhöht? Oder haben die Internetchronisten die falsche Angabe voneinander abgeschrieben? Auf Fotos kann ich z. B. auf S.M.S. TIGER nur sechs dieser Kanonen erkennen.

SCHAARHÖRN

Alex Shenec

Halllo.

Es ist das Projekt. Man konnte 8 Kanonen feststellen, aber solche Zahl stellten niemals.

Schöne Grüße

Alex

Alex Shenec


Schaarhörn

Hallo Alex,

vielen Dank für das umfangreiche pdf. Ich wußte nicht, dass Dein Artikel so reich und ausführlich ist (Texte, Zeichnungen, Fotos). Ich kannte bisher nur einen Teil der Seiten, das ganze große Ausmaß Deiner Arbeit sehe ich erst jetzt. Kompliment, eine Menge Recherche und Arbeit steckt sicher darin. Leider spreche ich kein Russisch, ich muss mir die Texte übersetzten lassen. In dem Beitrag sind sehr interessante Planzeichnungen und Fotos der Schiffe zu sehen. Der Riss von der PANTHER ist – soweit ich weiß – von Wolfgang Bohlayer (nicht von Lothar Wischmeyer wie angegeben). In dem pdf gibt es noch weitere Zeichnungen die mich interessieren. Der letzte Beitrag handelt über die AURORA?

ZitatEs ist das Projekt. Man konnte 8 Kanonen feststellen, aber solche Zahl stellten niemals.

Das habe ich leider nicht richtig verstanden. Auf den Rissen sind sowohl bei ILTIS als auch bei Panther acht Kanonen eingetragen. In den Tabellen im Text erkenne ich die Zahl sechs bei den Angaben zur Bewaffnung mit 3,7 cm Kanonen. Ein Hervorragendes Modell der ILTIS, gebaut nach den Plänen von Herrn Wischmayer, gibt es hier:

http://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/modell/2002/iltis4.htm

Leider lässt sich die Gesamtansicht nicht vergrößern. Man erkennt aber auf der Brücke vier 3,7 cm Kanonen (nicht sechs wie im Plan). Was ist der Hintergrund?


Viele Grüße,

SCHAARHÖRN

Glasisch

Zitat von: Alex Shenec am 27 Mai 2010, 21:48:52
Mein Artikel über die Kanonenboote "Iltis"-Klasse.

http://depositfiles.com/files/v7yfv24gu
Hallo Alex,
in der Ausgabe Nr. 101 bist Du auch  :-)
Okręty Wojenne Nr 101 – Mai-Juni 2010-05-15
J. Malinowski - Fremde Flotten heute (Überblick)
M. Sobański – Die Katastrophe der südkoreanischen ,,Cheonan"
W. Galynija (Weißrussland) – Die Kanonenboote der ,,Iltis"-Klasse (Teil II)
P. Nykiel – Der türkische gedeckte Kreuzer ,,Hamidije" (Teil II)
M. Kubacki – Die Marine Nationale in den Jahren 1918-1939 (Teil III)
N. Mitiutskow (Russland) – Die sowjetischen Torpedokutter der G5-Klasse im spanischen Bürgerkrieg
K. Lipiński, A. Worona – Die japanischen Unterseeboote der ,,Junsen"-Klasse (Teil II)
M. Franz – Der Minenleger ,,Gryf" der Vorkriegsmarine Polens
H. Ehlers (Deutschland) – Die Marine Paraguays (Teil III)
S. Biela – Der Flußminensucher des Proj. 151 – das erste serienmäßig gebaute  Kriegsboot im Nachkriegspolen
R. Leszczyński – Erinnerungen von Gerard Łukaszewicz Korvettenkapitän a.D. (komandor podporucznik rez.). Diesen Tag in einem August werde ich nie vergassen (Rohrriß auf dem Zerstörer ,,Błyskawica" 1976, 7 Tote)
K. Hanuszek – Die dritte Schlacht in der Bucht von Syrta (März 1968 – Libyen versus USA)
M. Sobański – Die südkoreanischen Korvetten der ,,Pohang"- Klasse
Buchbesprechungen



,,Ruhe in den Telefonen. Denkt daran, daß auch in England auf jeden Mann eine Mutter wartet!" KzS Helmuth Brinkmann Kommandant der ,,Prinz Eugen"  in der Dänemarkstrasse am  24. Mai 1941, nachdem die ,,Hood" kurz davor explodiert worden war.

Dr.No


Zitat Schaarhörn
ZitatAuf den Rissen sind sowohl bei ILTIS als auch bei Panther acht Kanonen eingetragen. In den Tabellen im Text erkenne ich die Zahl sechs bei den Angaben zur Bewaffnung mit 3,7 cm Kanonen.

Es ist schon ein Kreuz mit den Schiffbauern und Anstreichern gewesen.
Halten sich einfach nicht an den Gröner.
Erst streichen sie die UWS der Dampfbeiboote rot statt grau und dann werden nur 6 MK 3,7 statt 8,wie im Gröner angegeben,aufgestellt

MichiK

Gute Frage, Klaus...

Wissen tu ich's auch nicht, aber vorstellen könnte ich mir Folgendes:
Auf den Booten waren tatsächlich acht Aufstellungsorte vorbereitet, zugeteilt wurden ihnen aber nur mit sechs Geschützen die dann je nach Bedarf auf/umgestellt werden mussten. Revolverkanonen kosten ja schließlich auch Geld, das Umsetzen läßt sich noch allein mit Muskelkraft bewältigen und die Boote sind ja nicht für einen Kampf mit einem gleichwertigen Gegner gebaut worden, da wäre so etwas auch taktisch vertretbar gewesen.

Damit erscheinen in den Plänen aber natürlich auch alle acht Positionen. Und weil ein Modellkonstrukteur immer ganz gewissenhaft seinen Plan umsetzt (siehe z.B. die Revolverkanonen auf den Dampfbarkassen bei HMV), haben die Modelle dann natürlich auch acht Geschütze.


Ist aber nur so eine Idee von mir...
Michi

ROMANES EVNT DOMVS!

Dr.No

Wie wär´s denn damit!

Es waren ursprunglich 8 MK 3,7cm geplant

Aber während des Bau´s der ersten Boote kam man zu neuen Erkenntnissen und hat schließlich nur 6 eingebaut.

Jetzt muß nur noch recherchiert werden welche Erkenntisse es waren die dazu geführt haben, nur 6 MK 3,7 cm einzubauen

bodrog

Hallo,

wie wärs in Analogie zu den Torpedobooten, bei denen sich auch um die Jahrhundertwende die Erkenntniß durchsetzte, daß die 3,7-cm einfach zu schwach zur Abwehr gleichwertiger Gegner war. Die haben dann ja auch die TK 5,0-cm L/40 bekommen.

zum Übergang 4x8,8-cm auf 2x10,5-cm möcht ich mal auf den Neubau Kanonenboot "C", die spätere "Meteor" verweißen, die bei geringfügig größeren Abmessungen laut Gröner 4x10,5-cm erhalten sollte. Daraus würde ich jetzt mal den Schluß ziehen, dass die Kaiserliche mit der Bewaffnung von nur 2 Geschützen auch nicht absolut glücklich war und die bisherigen Kanonenboote als unterbewaffnet empfunden wurden.

MfG

Ulli

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